Es ist der dritte Flügel der Reformation. Und jener Teil der Kirchengeschichte, der in Deutschland oft in Vergessenheit gerät: Am Sonntag werden Mennoniten und Baptisten in Hamburg an das 500. Jubiläum der ersten Glaubenstaufe, die 1525 in Zürich stattfand, erinnern. Damals taufte der Züricher Bürger Konrad Grebel mit einer Schöpfkelle den ehemaligen Priester Jörg Blaurock. Und weil dieser, wie die allermeisten Menschen seiner Zeit, schon als Kind getauft worden war, war schnell von den „Wiedertäufern“ die Rede. Parallel zur Verbreitung ihrer Lehre begann eine blutige Verfolgungswelle.
Es ist deswegen richtig und wichtig, dass im Reigen des Reformationsgedenkens nicht nur Martin Luther, Huldrych Zwingli oder Johannes Calvin im Zentrum stehen. Denn gerade von der Leidenschaft für den christlichen Glauben, die die Mitglieder der Täuferbewegung beseelte, lässt sich auch heute noch lernen: Sie steht im scharfen Kontrast zu den leeren Kirchenbänken und müden Sonntagspredigten unserer Tage. Sie stellt die Frage danach, wie weit man als Einzelner für seine Überzeugung zu gehen bereit ist – Blaurock selbst endete übrigens in Klausen in Südtirol auf dem Scheiterhaufen. Und vielen anderen wurde dasselbe Schicksal zu teil.
Vor allem aber ist es das Zeugnis der Täufer für Gewaltlosigkeit, das auch heute noch beeindruckt. Man mag es unter heutigen Bedingungen für naiv halten, den Militärdienst zu verweigern. Aber schon die ersten Täufer rund um Konrad Grebel waren dem Töten „gar abgetan“. Auch wenn es nicht immer gelang – in beiden Weltkriegen kämpften auf beiden Seiten auch Angehörige täuferischer Kirchen –, steht dieses Zeugnis doch im scharfen Kontrast zum russischen Überfall auf die Ukraine oder zum Angriff der Hamas auf Israel und den daraus erwachsenen Reaktionen. Inmitten der propagierten Zeitenwende und den Rufen nach Wiederbewaffnung und einer neuen Wehrpflicht bleibt das Zeugnis der täuferischen Kirchen ein Stachel im Fleisch der Gesellschaft – auch wenn unzählige Mitglieder täuferischer Kirchen am Ende dafür ihr Leben lassen mussten, und sie den Lauf der Geschichte am Ende nicht wirklich beeinflussen konnten.