Es geht um größere Strukturen. Kirchenkreise und Propsteien werden aufgelöst, Gesamtkirchengemeinden gebildet. Eine ganze Reihe von Evangelischen Landeskirchen berät derzeit über ihre Zukunft. Und das ist auch gut und richtig so. Denn klar ist: Die Kirchensteuereinnahmen werden im Takt mit den sinkenden Mitgliederzahlen in den nächsten Jahren massiv zurückgehen. Und schon heute überfordern der Verwaltungsaufwand und der Unterhalt der Gebäude die meisten Kirchengemeinden. Die Handlungsspielräume sind massiv eingeengt.
Deswegen ist es vernünftig, über den Wegfall der mittleren Ebene zu diskutieren, wie es Anhalt tut, oder die Bildung von Gesamtkirchengemeinden in Angriff zu nehmen, wie es in Braunschweig geschieht und in der Nordkirche perspektivisch möglich werden soll. Wo es nicht mehr möglich ist, eine Gemeindeleitung zu finden, wo Ehrenamtliche erschöpft sind und die Tätigkeit eines Gemeindekirchenrats eher der eines Bauausschusses entspricht, ist das der richtige Weg. Allerdings: Auch auf einem solchen Weg lauern Fallstricke und Gefahren. Und vor allem vor einer Fallgrube sollten sich die Landeskirchen, die sich auf den Weg der größeren Einheiten begeben, sehr deutlich in Acht nehmen: Dem Verlust der Ehrenamtlichen in den diversen kirchlichen Leitungsgremien. Denn desto mehr Kompetenzen nach oben abgegeben werden, desto mehr wird auch die Kirche aus Kirchenämtern und Sprengelverwaltungen heraus regiert. Es besteht die latente Gefahr einer Kirche aus Hauptamtlichen, die sich – finanziert aus der am Ende immer noch solide fließenden Kirchensteuer – im eigenen Interesse selbst verwalten. Bedenkt man, dass schon heute ein großer Teil der Mitglieder von Synoden aller Art in irgendeiner Form bei der Kirche oder ihren Werken und Einrichtungen beschäftigt ist, wird deutlich, worauf bei den anstehenden Strukturreformen besonders geachtet werden muss: Die Rolle der Ehrenamtlichen in der Kirche darf durch die Bildung größerer Einheiten nicht geschwächt werden.
Im Gegenteil: Es wäre wohl ein guter Weg, würde der Einfluss hauptamtlicher Kirchenmitarbeiter in den verbleibenden synodalen Gremien im Takt mit der Stärkung der hauptamtlichen Strukturen in den Ämtern und Verwaltungen weiter zurückgedrängt. Schließlich sorgen die Strukturreformen auch dafür, dass eine ganze Menge engagierter Kirchenmitglieder künftig wieder deutlich mehr zeitliche Kapazitäten zur Verfügung haben werden. Und auf diese menschliche und fachliche Kompetenz werden auch größere Strukturen nicht verzichten können.