Philipp Harnoncourt

Philipp Harnoncourt (1931–2020)
© Gerd Neuhold / Sonntagsblatt / CC BY-SA 3.0 at
Was ist Liturgie?
„In der Liturgie der Kirche wird das Heilswirken Gottes durch Christus im Heiligen Geist memorierend gefeiert und vergegenwärtigt. In ihr handelt zunächst Gott selbst, indem er sich dem Menschen heilend zuwendet, und erst dann – dieser Zuwendung antwortend – wendet sich der Mensch dankend und bittend an Gott. Liturgie ist nicht nur die kultische Antwort des Menschen auf die zuvor ergangene Heilszuwendung Gottes, sondern diese selbst ereignet sich in der Liturgie.“
Philipp Harnoncourt (1931–2020)

Das oben angeführte Zitat markiert den Kern der Theologie des Gottesdienstes, die der am 25. Mai 2020 im 90. Lebensjahr verstorbene Grazer Liturgiewissenschaftler und Ökumeniker Philipp Harnoncourt mit entwickelt, in unterschiedlichste Kontexte hinein entfaltet und aus der er selbst gelebt und gewirkt hat (vgl. auch diesen Online-Artikel aus Gottesdienst 11/2008, S. 81–83).

Geboren wurde Harnoncourt am 9. Februar 1931 in Berlin. Wenige Jahre später übersiedelte die Familie nach Graz in das Palais Meran, das Jahrzehnte später zum Sitz der Musikhochschule bzw. der Universität für Musik und darstellende Kunst werden sollte. Dort gründete Harnoncourt im Jahr 1963 die Abteilung Kirchenmusik, das heutige Institut für Kirchenmusik und Orgel. Hier verfolgte er von Anfang an das Programm eines neuen, integrativen Verhältnisses zwischen Liturgie, Gesang und Musik, wie es vom Zweiten Vatikanischen Konzil grundgelegt wurde.

Die durch das Konzil angestoßene Liturgiereform veranlasste Philipp Harnoncourt zu Forschungen über liturgische Kalenderfragen und über den gottesdienstlichen Gemeindegesang – eine solide Basis für die liturgische und hymnologische Erneuerungsarbeit nach dem Konzil. Harnoncourt war maßgeblich an der Erarbeitung des liturgischen Heiligenkalenders für das deutsche Sprachgebiet sowie des Gebet- und Gesangbuchs „Gotteslob“ (1975) beteiligt.

Von 1972 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1999 war er Professor für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie sowie ab dem Jahr 1973 Vorstand des von ihm gegründeten Instituts für Liturgiewissenschaft, Christliche Kunst und Hymnologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz. Hier prägte er die Liturgiewissenschaft als eine mit den Künsten und der Kirchenmusik engstens verknüpfte theologische Disziplin. Die Integration von zeitgenössischer Kunst in die Liturgie und in die Gestaltung von Kirchenräumen verfolgte er mit großer Sensibilität und Leidenschaft.

Philipp Harnoncourt gehörte zu den international prägenden Liturgiewissenschaftlern. Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanums, die theologische Reflexion des Gottesdienstes der Kirche und die Ökumene der christlichen Kirchen bildeten die Kernpunkte seiner Lehr- und Forschungstätigkeit. In einer unüberschaubaren Anzahl von Publikationen, Vorträgen und öffentlichen Auftritten hat er sein wissenschaftliches, kirchliches und pastorales Wirken entfaltet. Harnoncourt war ein begnadeter Redner, Lehrer und Liturge, der nicht nur Generationen von Studierenden, sondern Menschen unterschiedlichster Herkunft begeistern konnte. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich der Restaurierung der spätgotischen Heiligen-Geist-Kapelle in Bruck an der Mur mit ihrer faszinierenden Trinitäts-Symbolik.

Dieses Baujuwel kann als bleibendes Sinnbild jenes Glaubensgrundes gesehen werden, aus dem Philipp Harnoncourt bis in die Todesstunde hinein geschöpft hat: im Vertrauen auf den Drei-Einen, der unendliche Liebe ist.

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