Der im Bistum Lyon entstandene
Brauch, die drei Tage vor Christi
Himmelfahrt als Bitttage (lat. rogationes)
zur Erhaltung der agrarischen
Lebensgrundlage der Menschen zu begehen,
wurde um das Jahr 800 in Rom übernommen.
Die Kalenderreform nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil behielt ihn
und seine agrarische Grundlage bei: Es
soll um die vielfältigen Anliegen der Menschen,
„besonders für die Früchte der Erde
und für das menschliche Schaffen“ gebetet
werden, aber auch ein öffentlicher Dank ist
möglich (vgl. Grundordnung des Kirchenjahres,
Art. 45-47). Der Messfeier kann eine
Prozession durch Wald oder Flur folgen
(Bittprozession/-gang, Flurprozession oder
Flurumgang). Zur Gestaltung bieten sich
die folgenden Elemente an:
- Einführung:
Leiter/in: „Der uns die Früchte der Erde
geben, segnen und erhalten wolle“: Dieser
Ruf schallt besonders in den Tagen um
Christi Himmelfahrt wieder durch viele
Gegenden. Es ist die Zeit der Flurumgänge
(und Bitttage). Jedes Jahr machen wir uns
wieder auf, ziehen durch Wald und Flur und
bitten Gott um seinen Segen. Besonders das
vergangene Jahr mit seiner langen Trockenperiode
hat uns deutlich gemacht, wie wenig
wir Menschen das Wetter beeinflussen
können. Und es hat uns gezeigt, wie sehr wir
unter Wetterkapriolen leiden: sei es Dürre,
Hochwasser und Orkan oder Schnee. Bei so
vielem sind wir einfach machtlos.
Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenkommen,
um für eine gute Ernte zu beten.
Dass wir Gott bitten, er möge die Früchte
der Erde und unsere menschliche Arbeit
segnen. Wo wir Menschen nichts mehr vermögen,
da dürfen wir uns Gottes Güte und
seiner heilbringenden Nähe anvertrauen.
Gebete auf dem Weg
- Rosenkranzgesätze:
- Bittlitanei:
Kantor/in / Alle: Herr, erbarme dich.
K / A: Christus, erbarme dich.
K / A: Herr, erbarme dich.
K: Christus, höre uns. – A: Christus, erhöre
uns.
K: Gott Vater im Himmel. – A: Erbarme dich
unser.
K: Gott Sohn, Erlöser der Welt. – ...
K: Gott, Heiliger Geist.
K: Heilige Dreifaltigkeit, ein Einiger Gott.
K: Um die Gaben der Schöpfung. – A: Bitten wir dich.
K: Um ausreichend Regen. – ...
K: Um Sonnenschein und Wärme.
K: Um Schutz vor allen Gefahren.
K: Um Segen für die Ernte.
K: Um deine Nähe für alle, die in der Landwirtschaft
tätig sind.
K: Um eine gerechte Verteilung der Güter.
K: Um Segen für unsere Arbeit.
K: Um Gesundheit und Wohlergehen.
K: Um den Schutz der Umwelt.
K: Um die Fruchtbarkeit der Erde.
K: Vor Unwetter und Katastrophen. – A: Bewahre uns.
K: Vor Verkehrsunfällen. – ...
K: Vor allem Unglück und aller Gefahr.
K: Vor Feuer und Hochwasser.
K: Vor Dürre und Unfruchtbarkeit.
K: Vor aller Hoffnungslosigkeit.
K: Vor Arbeitslosigkeit.
K: Vor Krieg und Terror.
K: Vor Hass, Neid und Missgunst.
K: Vor Krankheit und Schmerzen.
K: Vor einem plötzlichen Tod.
K: In allen unseren Anliegen. – A: Rufen wir zu dir.
K: In unseren Sorgen und Nöten. – ...
K: Wenn wir einsam und verlassen sind.
K: Wenn wir nicht mehr weiterwissen.
K: Wenn Trauer unser Herz bedrückt.
K: Wenn wir Lieblosigkeiten erfahren.
K: Wenn wir alle Perspektiven verloren
haben.
K: Wenn wir uns vor Gewalt ängstigen.
K: Wenn uns Schicksalsschläge treffen.
K: Wenn wir Freude erfahren.
K: Wenn wir uns mit Menschen versöhnen.
K: Wenn wir Frieden stiften.
K: Wenn wir uns der Armen in ihrer Not
erbarmen.
K: Wenn wir Obdachlose bei uns aufnehmen.
K: Wenn unsere menschliche Kraft versagt.
L: Lasset uns beten. – Allmächtiger,
ewiger Gott, mit den Anliegen unserer
Zeit kommen wir vor dich und bitten um
deine Nähe. Sei du an unserer Seite, begleite
uns auf unseren Lebenswegen und
führe uns einst zur himmlischen Herrlichkeit.
Darum bitten wir dich durch Christus
im Heiligen Geist, in alle Ewigkeit.
A: Amen.
-
Lobpreis:
Kehrvers: Vom Aufgang der Sonne (GL 415 / KG 676)
L: Gelobt sei Gott, der Vater, er hat sein
Volk aus Ägypten befreit, durch die Wüste
ins Gelobte Land geführt; er hat mit den
Menschen seinen Bund geschlossen und
ihnen seinen Namen offenbart: Ich bin der,
der für euch da ist.
A: Vom Aufgang ...
L: Gelobt sei Gott, der Sohn, er hat sich
der Menschen erbarmt, sich ihrer Schwachheit
angenommen; Sündern hat er vergeben,
Kranke geheilt; dadurch hat er die Menschen
spüren lassen: Gott ist für euch da.
A: Vom Aufgang ...
L: Gelobt sei Gott, der Heilige Geist, er
ist auf die Jünger herabgekommen; er hat
ihr Herz entzündet und sie befähigt, in aller
Welt das Evangelium zu verkünden; er ist
die Zusage an uns: Gott ist mit uns – bis zum
Ende der Welt.
A: Vom Aufgang ...
-
Impulse für eine Betrachtung über das
Lied „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“
(GL 463):
- Das „Wunder der Schöpfung“ nehmen
wir oftmals nur am Rande wahr. Wir meinen,
unsere Lebenswelt zu kennen. Wir
wissen, wie sich die Natur mit dem Lauf der
Jahreszeiten verwandelt. Und meistens ist
vieles selbstverständlich: Schnee und Eis
im Winter, Hitze im Sommer, buntes Laub
im Herbst und die hervorbrechenden Blüten
des Frühlings.
- Doch der Klimawandel scheint sich
auch bei uns einzustellen. Manchmal ist
beim Wetter nichts mehr so, wie wir es
eigentlich gewohnt sind: lange Hitzeperioden,
sehr strenge Winter, Ernteausfälle und
sinkende Wasserpegel in den Flüssen. Die
Schöpfung wandelt sich. Nicht immer zum
Guten, und inwieweit wir Menschen dies
aufhalten können, ist die viel diskutierte
Frage.
- Einen neuen Blick auf das „Wunder
der Schöpfung“ zu erhalten, ist deshalb gar
nicht so schlecht. Es lohnt sich, wieder die
Schönheit der Natur zu erfahren und zu
sehen, dass die Welt voller Leben ist. Dazu
lädt auch das Lied im „Gotteslob“ ein. Der
Text stammt von Christian Fürchtegott Gellert,
er hat ihn in der Mitte des 18. Jahrhunderts
verfasst.
- Im Zentrum des Liedes stehen der
Schöpfer und seine Schöpfung. „Mein Auge
sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner
Werke“, heißt es in der zweiten Strophe. Und
im Folgenden werden einige dieser Schöpfungswerke
ganz konkret benannt: Sonne
und Sterne, Wind und Wolken, Sonnenschein
und Sturm, der Mensch. All dies sind
ganz alltägliche Dinge, denen wir im Leben
immer wieder begegnen. Doch sie alle sind
nicht Menschenwerk. Wir Menschen haben
diese Erde, die wir bewohnen, nicht selbst
gemacht. Sie ist uns geschenkt. Gott hat sie
uns anvertraut, dass wir sie bevölkern und
beleben – und dass wir uns um sie sorgen.
- Das „Wunder der Schöpfung“ steht
nicht für sich isoliert. Es weist uns bleibend
auf den hin, der die Schöpfung gemacht
und das Leben ins Dasein gerufen
hat. Alles, was wir hier auf der Erde sehen
und erfahren, zeugt von Gottes Größe und
Macht. Die Schöpfung selbst ist deshalb als
ein einziger Hinweis auf den Schöpfer zu
verstehen. So heißt es denn auch in der
fünften Liedstrophe: „Der Mensch, der
Schöpfung Ruhm und Preis, ist sich ein täglicher
Beweis von deiner Güt und Größe“.
Blicken wir in die Schöpfung, können wir
also etwas vom Schöpfer erfahren.
- Mit unseren Flurumgängen bitten wir
nicht nur um den Segen für die diesjährige
Ernte. Wenn wir betend und singend durch
Wald und Wiesen ziehen, ehren wir auch
die Schöpfung. Wir nehmen die Dinge in
den Blick, die sonst für uns so selbstverständlich
sind. Wir singen vom Sonnenschein
und vom Sturm, vom Ausbringen
der Saat und vom Einbringen der Ernte.
Dadurch preisen wir den Schöpfer und loben
ihn für seine Größe und Güte, die sich
uns in der Schöpfung offenbart. Das Lied
„Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“ lädt
uns dazu in besonderer Weise ein. Und
so mündet der Text von Gellert schließlich
auch in den Lobpreis des dreifaltigen
Gottes: „Erheb ihn ewig, o mein Geist, erhebe
seinen Namen; Gott unser Vater sei
gepreist, und alle Welt sag Amen“.