Ordnung, Struktur - und Fachpersonal

Ordnung, Struktur - und Fachpersonal
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Herausfordernde Kinder brauchen einen festen Rahmen, der ihnen Sicherheit und Ordnung gibt. Im Hort, aber auch in meinen Therapiestunden als Heilpädagogin arbeite ich daher viel mit Ritualen und immer wiederkehrenden Abläufen. Wir starten mit einer Gefühlsampel, auf der Kinder anzeigen, in welcher Stimmung sie sind, dann folgt das persönliche Gespräch. Im Anschluss kommen die Angebote, etwa Sport, Brettspiele oder etwas Kreatives, dann die Freispielphase, danach die Schlussreflexion. Darin bewerten die Kinder selbst, wie weit sie ihre Wochenziele erreichen konnten. So wissen die Kinder täglich, was auf sie zukommt, und haben gleichzeitig genügend Raum zur Mitgestaltung. Das gibt ihnen Sicherheit. Nur wenn die äußere Struktur steht, können die Kinder eine innere Struktur aufbauen. Verbindlichkeit ist hier das Schlagwort.
Dazu gehört meines Erachtens nach zwingend, feste Gruppen und Betreuungszeiten zu haben. Leider beobachte ich die Tendenz, feste Betreuungszeiten auf Zeit-Module umzustellen. Das heißt: Jeden Mittag gibt es eine andere Gruppenzusammensetzung. Manche Kinder sind nur wenige Stunden da, manche länger, die einen kommen drei Tage, andere die ganze Woche. So kann keine beständige Gruppendynamik entstehen, in der die Kinder ihre sozialen Fähigkeiten kontinuierlich erweitern und ihre Rolle in der Gruppe finden können. Wenn es um Kinder mit auffälligem Sozialverhalten geht, müssen zudem ausgebildete Fachkräfte in die Betreuung. Wie entscheidend das ist, zeigt das Beispiel unserer Einrichtung: Die Ganztagsschule in Baden-Württemberg wird seit einigen Jahren ausgebaut. Dies geschieht oft zulasten der bestehenden Horte, die bisher die Grundschüler nachmittags betreut haben. Auch das Kinderhaus St. Raphael nimmt seit zwei Jahren keine neuen Schülerinnen und Schüler mehr auf. Diese gehen jetzt alle in die neue Ganztagsschule.

QUEREINSTEIGER SIND ÜBERFORDERT

Nur: Die Schule ist personell und räumlich weitaus weniger gut aufgestellt als unser Hort. Dort arbeiten wenige Fachkräfte, dafür viele Quereinsteiger. Auch der Personalschlüssel ist schlechter. Für die gleiche Summe an Kosten können so wesentlich mehr Kinder betreut werden als vorher bei uns im Hort. Das spart Geld, hat aber Folgen: In der auf Ganztagsbetreuung umgestellten Grundschule konnten die Kinder mit herausforderndem Verhalten nicht adäquat betreut werden. Alle Beteiligten waren überfordert – die Betreuer, die Kinder und die Eltern. Das Ergebnis: Die Kinder sind wieder bei uns. Wir haben eine Gruppe für Kinder mit auffälligem Sozialverhalten eröffnet. Das widerspricht zwar dem Inklusionsgedanken, aber die Schülerinnen und Schüler bekommen hier die Struktur und die pädagogischen Angebote, die sie benötigen. Der Ausbau zur Ganztagsbetreuung ist gewünscht und wichtig. Aber dazu müssen auch die entsprechenden Ressourcen vorhanden sein. Qualifizierte Fachkräfte, gute Betreuung – das alles kostet Geld. Nur so können wir den Bedürfnissen aller Kinder gerecht werden – auch denen, die anecken, die im Sozialverhalten schwierig sind und es einem nicht immer leicht machen.  

Herausforderndes Verhalten kompakt

  • Studien belegen, dass Kinder heute nicht auffälliger sind als früher. Herausforderndes Verhalten wird jedoch sensibler registriert.
  • Auffälliges Verhalten ist immer ein Ausdruck innerer Not oder nicht erfüllter Bedürfnisse. Fachkräfte sollten das Verhalten daher keinesfalls als ‚unerzogen‘ wahrnehmen oder als persönlichen Angriff deuten.
  • Stattdessen können sie versuchen, sich in das Kind hineinzuversetzen und nachzuvollziehen, was hinter dem störenden Verhalten steckt. Müdigkeit? Überforderung? Scham? Geringer Selbstwert?
  • Wiederkehrende Abläufe und eine geordnete Struktur geben Kindern mit auffälligem Verhalten Sicherheit und Orientierung. Für die Hortarbeit bedeutet das feste Betreuungszeiten, feste Gruppen und verlässliche Bezugspersonen.
  • Bis sich bei Kindern neues Verhalten verfestigt, dauert es zum Teil sehr lange. Fachkräfte brauchen Geduld und Nachsicht – mit dem Kind und mit sich selbst.
  • Weiterbildung hilft. Es gibt erfolgreiche Ansätze zur Prävention, Deeskalation und zum konstruktiven Umgang mit herausforderndem Verhalten.
  • Wenn Fachkräfte in schwierigen Erziehungssituationen feststecken, hilft die Fallbesprechung oder die kollegiale Beratung im Team.
  • Um mit herausforderndem Verhalten konstruktiv umzugehen, sind multiprofessionelle Teams aus Lehrkräften, Heilpädagogen, Sozialpädagogen und Erziehern besser geeignet.
  • Hort und Ganztag sollten außerschulische Netzwerke etablieren und pflegen – mit Beratungsstellen, Therapeuten, Jugendhilfe.
  • Nicht allen Kindern lässt sich in einer Einrichtung gerecht werden. Manchmal können Fachkräfte auch zu dem Entschluss kommen, Kindern den Hortplatz zu kündigen.

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