Selbst gemacht schmeckt's besserSchülerküche als Bildungsort

In der Erfurter Puschkinschule kochen und backen Schülerinnen und Schüler ihre Lieblingsrezepte – und lernen so nebenbei, wie man sich im Alltag gesund ernähren kann.

Selbst gemacht schmeckt’s besser
© Puschkinschule Erfurt

Was lange währt, wird endlich gut. So könnte man wohl den Prozess bis zur Schulküche in der Puschkinschule Erfurt zusammenfassen. Die Grundschule liegt im Kartäuserviertel im Süden der Altstadt in der Landeshauptstadt Thüringens und feierte im Jahr 2018 ihr 40-jähriges Jubiläum. Bereits 2008 machte sich die Schulleiterin Sabine Klose zusammen mit dem Kollegium auf den Weg zu einem ganzheitlichen inklusiven Lernhauskonzept mit teilweise offenen Unterrichtsformen und jahrgangsübergreifendem Unterricht. Schon damals gab es die Idee einer fächerübergreifend nutzbaren Schulküche, die den Schülerinnen und Schülern Impulse für eine gesundheitsbewusste Ernährung geben sollte. Doch die Realisierung der Küche blieb lange ungewiss. Die finanziellen Mittel fehlten. Erst letztes Jahr konnte sie endlich eröffnen – nicht zuletzt dank engagierter Pädagoginnen und Pädagogen und der Unterstützung des schuleigenen Fördervereins, der örtlichen Sparkasse und des Schulträgers.
Ernährungs- und Verbraucherbildung ist im Lehrplan Thüringens verankert. Der Ansatz der Puschkinschule geht jedoch weit darüber hinaus. „Ich will mit Kindern nicht nur über Lebensmittel und deren Verwendung reden. Die Kinder sollen den Umgang mit Essen selbst erleben und erproben“, sagt Schulleiterin Sabine Klose. Es geht darum, zu erfahren, wieviel Spaß es macht, gemeinsam Mahlzeiten zuzubereiten, dass dabei ein familiäres Gefühl entstehen kann, und dass jeder dazu etwas beitragen kann. Selbstwirksamkeit, Teilhabe, Genuss als Sinneserfahrung, aber auch Wertschätzung von Nahrung oder Vielfalt auf dem Teller – das sind nur einige der Punkte, die in der Erfurter Schulküche eine wichtige Rolle spielen.

KÜCHE ALS BILDUNGSORT

Entsprechend fächerübergreifend und alltagsbezogen ist das Angebot gestaltet. So sind in der Nachmittags-AG „Schulküche“ auch Inhalte aus dem Vormittagsunterricht Thema. „Wer hat in Mathe aufgepasst?“, fragt die Erzieherin, die die AG leitet. Schließlich müssen die Tomaten geviertelt oder geachtelt und die Zutaten abgewogen werden. Aber es werden auch Rezepte aufgeschrieben, gelesen und danach gefragt, welches Gemüse, welches Obst gerade Saison hat.
Die Küche ist hell und auf Kinderhöhe aufgebaut. Es gibt drei Herde, sechs Spülen und zwei Kücheninseln als zusätzliche Arbeitsfläche. Darum haben sich die Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren versammelt. Die Gruppe beginnt mit dem Salat, der nun eifrig geputzt, geschnippelt und verfeinert wird.

„Wie wird der Salat nicht so trocken?“, will die Erzieherin wissen. „Mit Öl!“, rufen die Kinder. „Wie nennt man das?“, fragt die Pädagogin. „Dressing“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

Die Begeisterung ist groß, jeder will etwas tun und jeder möchte berichten, was er bereits gelernt hat. Lola findet es toll, dass sie in der AG Kochen und Backen lernt. „Das mache ich jetzt auch zu Hause.“ Alena hat gelernt, wie man ihr Lieblingsgericht Grießbrei kocht. „Es schmeckt besser, wenn man es selber macht“, gibt die Neunjährige selbstbewusst zu Protokoll. „Außerdem weiß ich jetzt, dass gesundes Essen nicht immer eklig schmeckt.“
Genau darum geht es: dass die Kinder lernen, gesunde Ernährung in ihren Alltag zu übertragen. Ihre Lieblingsgerichte sind die aller anderen Kinder auch: Pizza, Eierkuchen, Nudeln mit Tomatensoße. Dank der AG sind sie nun am Entstehungsprozess dieser Speisen beteiligt und entwickeln ein Bewusstsein für die Zutaten. Mahlzeiten planen und selber zubereiten – das kennen viele Schülerinnen und Schüler von zu Hause nicht.

„Mit der Schulküche verfolgen wir das Ziel, Kindern einen lebenspraktischen Zugang zur Auseinandersetzung mit bewusster, gesunder Ernährung zu schaffen, Geschmackserfahrungen zu sammeln und nicht zuletzt Gemeinschaft zu erleben“, sagt Schulleiterin Sabine Klose. Selbstbestimmung und soziale Zugehörigkeit – es ist eine intensive Bildungserfahrung, die Kinder in diesem Rahmen machen können.
Dabei steckt das Projekt noch in den Kinderschuhen. „Ziel ist erst mal, allen Kindern regelmäßig die Nutzung der Küche zu ermöglichen und daraus einen Arbeitsrhythmus abzuleiten“, sagt Sabine Klose. Das findet derzeit im Rahmen der Lernhausarbeit und in der Nachmittagsgestaltung statt. Förderkinder nutzen die Küche für den Hauswirtschaftsunterricht. Doch an weiterführenden Ideen mangelt es nicht. So sollen künftig mehr Projekte auch in den Ferien laufen und die Küche internationaler werden. Das große Ziel besteht darin, die Schulküche als Begegnungsstätte für alle Nationalitäten, die an der Schule vertreten sind, zu etablieren. Eltern aus Russland, Afghanistan oder auch Japan sollen dann Köstliches aus ihrer Heimat zubereiten und so ihre Kultur erlebbar machen.  

Steckbrief Puschkinschule Erfurt

Schulform: offene Ganztagsschule von der 1. bis zur 4. Klasse

Konzept: Die Kinder werden einem sogenannten Lernhaus zugeteilt und lernen mit anderen Kindern unterschiedlichen Alters gemeinsam. Ihnen stehen mehrere Pädagogen zur Seite, die sie über ihre gesamte Grundschulzeit hinweg begleiten. Es gibt jahrgangsgemischte Gruppen, aber auch jahrgangsbezogene Kurse.

Schülerinnen und Schüler: 317 Kinder, davon 312 im Hort

Schulkindbetreuung: Morgens von 6.30 bis 7.45 Uhr, nachmittags bis 17 Uhr. Montag, Mittwoch und Freitag gibt es Hausaufgabenbetreuung, Dienstag und Freitag ist AG-Zeit. Pädagogische Fachkräfte, Lehrerinnen und Lehrer sowie Ehrenamtliche bieten über 25 AGs an, darunter Tischtennis, Puppenspielen, Theater und Erfurt zu Fuß.

www.puschkinschule-erfurt.de  

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