Heft 2/2023: Theologie als Stil

Nachdem die Theologie sich lange Zeit mit inhaltlichen (materialen) Fragen des Glaubens beschäftigt hat, haben insbesondere auch die Impulse der Befreiungstheologie dazu beigetragen, neben der Fokussierung auf die Orthodoxie spätestens seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ein Bewusstsein für die Relevanz der Orthopraxie zu wecken. Noch zu wenig reflektiert wird aber bis heute die Bedeutung des Orthopathos und damit die Stil-Frage der Theologie.

Zwar haben die Reflexionen zu den gesellschaftlichen Milieus eine Sensibilität für ästhetische, kulturelle bzw. milieubedingte Stile gefördert. Doch werden diese meist im unmittelbaren Kontext eines zu betrachtenden Objekts reflektiert und kaum mit Blick auf die Betrachter selbst bzw. deren Relation zum Objekt ihrer Betrachtung bzw. Reflexion. Dabei hilft der Begriff des Orthopathos, die Pastoraltheologie auf bislang blinde Flecken pastoralen Handelns und Reflektierens hinzuweisen und darüber hinaus auch die (Pastoral-)Theologie selbst mit Blick auf Stilfragen neu als wissenschaftliche Disziplin zu reflektieren. Diese Reflexionen sind pastoraltheologisch hilfreich. Sie weiten den Blick und zeigen auf, warum theologische Reflexion kaum mehr rezipiert und gesellschaftlich als irrelevant eingestuft wird.

Die Autoren der Beiträge in dieser Ausgabe der Diakonia laden auch dazu ein, das westlich geprägte akademische Wissenschaftsverständnis kritisch zu betrachten, den Orthopathos als wesentliche Dimension der pastoraltheologischen Reflexion zu bedenken und die Interdependenz von materialer, modaler und performativer Ebene der Theologie neu zu denken. Dies geschieht in den in diesem Heft veröffentlichten Beiträgen: In einem gewollten Zueinander einerseits von ortskirchlichen und weltkirchlichen Perspektiven sowie andererseits von abstrakten Reflexionen und praktischen Erfahrung – in deren Wechselspiel Theologie lebendig wird.