Rom ist sehr grün. Ich meine jetzt nicht die Luft – die ist eine der schlechtesten in ganz Europa. Oft hängt eine Staub- und Smogwolke über der Stadt, die Menschen mit Atemproblemen das Leben schwer macht. Aber in Bezug auf Parks und Bäume findet sich sehr viel Grün in der Ewigen Stadt. Dabei denke ich nicht nur an die Vatikanischen Gärten hinter dem Petersdom oder in Castel Gandolfo, deren Pracht beeindruckt. Ich denke nicht nur an die wunderschöne Villa Borghese, in der sich zahlreiche Römer und Nichtrömer Abkühlung verschaffen, und den Park der Villa Doria Pamphilj mit ihren ausschweifenden Wegen und Wiesen.
Ich rede von den unzähligen Palmen und Pinien an den Weges- und Straßenrändern. Den Römern sind sie sehr wichtig, und sie gehören zum Stadtbild wie die Kirchen und Ruinen. Man erkennt das schon daran, dass zum Beispiel alle Palmen und großen Bäume registriert sind. Sie werden wie Monumente behandelt. Man kann nicht einfach hergehen und sie fällen.
Als sich in den letzten Jahren eine Seuche über die Pinien ausbreitete, deren Kronen braun zu werden begannen, investierte die Stadt sofort Millionen, um der Krankheit Herr zu werden. Wie es scheint, mit teilweisem Erfolg. Die Bäume sind so wichtig, dass sie nicht berührt werden, selbst wenn ihr Wurzelwerk den Asphalt der Straßen von unten her aufsprengt. Das passiert sehr oft und ist Ursache für Unfälle von Rollerfahrern oder Fußgängern.
Das grüne Rom ist möglich, weil es genügend Wasser gibt. Als ich 2016 nach Rom kam, war meine erste Frage als Missionsbenediktiner: Wie ist die Wassersituation? Mir wurde versichert, dass sie noch nie ein Problem gewesen sei. Die Stadt werde von den umgebenden Bergen und Seen ausgiebig gespeist. Wie zum Trotz gab es dann 2017 zum ersten Mal eine Dürre und echte Wasserknappheit, und bestimmte Bezirke der Stadt mussten tagsüber sogar zeitweise auf Wasser verzichten. Seitdem wurde im Sommer immer wieder einmal der Wasserdruck auf den Leitungen gedrosselt. Also war die Ewige Stadt doch nicht so unverwundbar, wie es schien, und die Veränderung des Klimas macht auch vor ihr nicht Halt.
Trotzdem war ich in diesem ersten Dürrejahr erstaunt: An vielen Straßenecken stehen die kleinen Brunnen bzw. Wasserspender, an denen Tag und Nacht ununterbrochen das Wasser läuft. Sie werden nasoni genannt, weil sie wie große Nasen aussehen. Sie hätte man zuerst zudrehen müssen: welche Verschwendung! Stattdessen liefen die Wasserspender weiter. Was war die Begründung der Stadt? Zum einen hätte es sonst Probleme mit den Leitungen gegeben. Zum anderen aber hieß es, man wolle den vielen Obdachlosen und Armen in der Stadt, die die Wasserspender nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Waschen nutzen, die Lebensader nicht abschneiden. Immer wenn ich heute an den nasoni vorbeigehe, denke ich daran, dass sich Rom hier von seiner großzügigen Seite zeigt.