Das "Jubiläum der Jugend" in Rom zeigte eindrucksvoll, wie die Kirche junge Menschen zu mobilisieren vermag. Die Jugendlichen, die in Rom dabei waren, werden die Zukunft der Kirche mitgestalten. Grund genug, genauer hinzuschauen, was sie bewegt.

Rom erlebte in den letzten Tagen einen Ansturm junger Menschen aus 146 Ländern, die im Heiligen Jahr 2025 zum "Jubiläum der Jugend" in die Ewige Stadt gekommen waren. Mit Rucksack und Fahnen ihrer Herkunftsländer, lauten Sprechchören und Liedern prägten sie das Stadtbild bei verhältnismäßig milden Temperaturen. 270 Pfarrgemeinden und 400 Schulen haben für sie ihre Türen geöffnet, die letzte Nacht verbrachten sie auf freiem Feld auf dem Gelände Tor Vergata. Dort feierte Papst Leo mit über 1 Million Pilgern die Abschlussmesse, am Vorabend gab es eine stimmungsvolle Vigil. Wesentlich zur gelungenen Atmosphäre dieser beiden Feiern trugen Chor und Orchester unter der Leitung des römischen Priesters und Komponisten Marco Frisina bei, der schon für den Weltjugendtag 2000 in Rom das Lied "Jesus Christ, you are my life" komponiert hatte.

Die 50 jungen Menschen der Pilgergruppe meiner Abtei bezogen Studentenzimmer in Sant’Anselmo auf dem Aventin, dem Hauptsitz der weltweiten Benediktinerkonföderation. Ich war beeindruckt, wie aufmerksam die jungen Menschen das klösterliche Ambiente wahrnahmen und etwa dem Schweigen beim Frühstück viel abgewinnen konnten. In Sant'Anselmo fand auch das Treffen der insgesamt circa 500 österreichischen Pilger statt. Als wir zum Mittagsgebet einluden, benutzte ein großer Teil wie selbstverständlich die App des Stundengebets auf ihrem Handy. In der "Anima" trafen sich über die Tage deutschsprachige Pilger zu Katechesen und Messfeiern mit Bischöfen, und an einem Abend gab es dort ein "Nightfever".

Weltkirche erleben

Bei der Eröffnungsmesse war erstmals die weltweite Dimension erlebbar. Junge Pilger aus allen Erdteilen standen dicht gedrängt auf dem Petersplatz und der Via della Conciliazione bis hin zur Engelsburg. Erzbischof Rino Fisichella vom Dikasterium für die Evangelisierung begrüßte die große Menge in verschiedenen Sprachen (auch deutsch), die Predigt hielt er frei auf Italienisch. Mehrere aus meiner Gruppe riefen spontan aus: "Wow, so toll, die weltweite Kirche zu erleben!"

Am Ende der Eröffnungsmesse brandete lauter Jubel auf, als Papst Leo überraschend mit dem Papamobil durch die Reihen fuhr. Auf dem Sagrato vor dem Petersdom angekommen, redete er in Englisch, Spanisch und Italienisch zu den jungen Menschen, frei, ohne Vorlage. Diese drei Sprachen verwendete er abwechselnd dann auch bei den anderen Anlässen, spielerisch ineinanderfließend und wesentliche Worte in den anderen Sprachen wiederholend. Ich dachte: "Endlich!" Denn ich hatte nie verstanden, dass die Päpste bei solchen internationalen Veranstaltungen hauptsächlich oder ausschließlich Italienisch verwendet hatten.

Konzentration auf Christus

Papst Leo bringt seine oft an Augustinus angelehnten Worte in großer Ruhe und Konzentration vor. Er setzt ganz auf die Begegnung, ja die Freundschaft mit Christus. In Tor Vergata rief er der Menge zu: "Unsere Hoffnung ist Christus, der etwas Großes aus euch macht!" Bei seinem ersten Erscheinen am Petersplatz forderte er die Jugend auf, ihm nachzusprechen: "Wir wollen Frieden auf der Welt!" Sichtlich macht es ihm Freude, durch die Menschenmenge zu fahren, den jubelnden Massen zuzuwinken und auch hinaus zu den Rändern zu kommen.

Der Papst steht für uns und unseren Glauben. Wir sind nicht allein in der Nachfolge Christi.  Er ist einer von uns, einer für uns, einer, der für die ganze Kirche steht und kraftvoll symbolisiert, dass Gott eine große Bedeutung hat.

Ich fragte mich: Warum sind die jungen Leute derart begeistert, wenn der Papst an ihnen vorbeifährt? Die Erfahrungen dieser Tage legen mir folgende Antwort nahe: Für junge Menschen ist es cool, eine derart bekannte Person einmal persönlich zu erleben und sogar aus der Nähe zu sehen, wenn auch nur für Sekunden. Aber ohne den Glauben können wir nicht erfassen, warum viele so berührt waren: Der Papst steht für uns und unseren Glauben. Wir sind nicht allein in der Nachfolge Christi.  Er ist einer von uns, einer für uns, einer, der für die ganze Kirche steht und kraftvoll symbolisiert, dass Gott eine große Bedeutung hat.

Junge, die ihren Weg gehen

Es ist klar, dass die jungen Pilger der letzten Tage nicht für "die Jugend" stehen. Sie würden das auch nicht behaupten, sagten doch mehrere in Interviews, wie schwer es ihnen fällt, den Glauben in ihrem Umfeld zu leben und wie wichtig deshalb ein solcher Event für sie sei. Wir sollten uns hüten, in ihnen die einzige Zukunft der Kirche zu sehen und sie damit an Erwartungen zu überfrachten. Kirche bleibt vielgestaltig, hoffentlich. Aber diese bestimmte Art, heute in der Kirche jung zu sein, darf bei einem solchen Anlass beobachtet werden.

Ein Journalist hat denn auch in einer ORF-Dokumentation über das Treffen in Rom herausgestellt, nachdem er selbst tagelang Gruppen begleitet und viele junge Leute interviewt hatte: "Gespannt darf man (…) sein, was man von Jugendlichen des Jubiläums der Jugend noch hören wird. Sie wirken stiller als die Generation davor, haben keine Scheu, sich mit alten Traditionen und kirchlichen Ritualen zu konfrontieren und sind wenig an [innerkirchlichen] Konfliktthemen (…) der vergangenen Jahrzehnte interessiert. Im Zentrum, so scheint es, steht bei ihnen die persönliche Begegnung mit Gott und die Suche nach dem eignen Weg, ohne dabei die Rückbesinnung auf die Gemeinschaft zu vergessen."

Diese jungen Menschen und viele andere, für die sie stehen, werden die Kirche mitprägen. Von den 50 Teilnehmern meiner Pilgergruppe sind sieben Studierende der Theologie, drei weitere Theologen hatten die Leitung inne. Mich würde es nicht wundern, wenn nicht wenige der jungen Pilger dieser Tage sich in der Kirche hauptamtlich einbringen werden, mitunter auch als Priester und Ordensleute.

Diese Konsequenz und Hingabe junger Menschen in der Kirche von heute, die "mehr" wollen und entsprechende Angebote suchen, sollten wir, sollten die Ortskirchen ernst nehmen – ohne jedes Elite-Bewusstsein oder übergebührliche Überhöhung bestimmter Personen oder Gruppen. Diese jungen Menschen und viele andere, für die sie stehen, werden die Kirche mitprägen. Von den 50 Teilnehmern meiner Pilgergruppe sind sieben Studierende der Theologie, drei weitere Theologen hatten die Leitung inne. Mich würde es nicht wundern, wenn nicht wenige der jungen Pilger dieser Tage sich in der Kirche hauptamtlich einbringen werden, mitunter auch als Priester und Ordensleute. Auch das kann uns mit Hoffnung erfüllen.

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