Nationalhymnen, Geheimdienste und ein berüchtigter RotweinBotschafter Bruno Kahl feiert Einstand in Rom

Eine Feier zum Tag der Deutschen Einheit: Der neue Botschafter der Bundesrepublik beim Heiligen Stuhl strahlt positiven Enthusiasmus aus.

Rom
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Die deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl ist einer dieser Orte, an denen sich das deutsche Rom gerne trifft: Das Haus – 1980 bis 1984 erbaut durch Alexander von Branca – liegt in einem prächtigen Garten unweit der Villa Borghese. Das großartige Ensemble zeichnet sich durch gepflegte Gastlichkeit aus und ermöglicht vertrauliche Tête-à-Têtes genauso wie große Empfänge.

Gerade eben wurde dort der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Das war einer der ersten öffentlichen Auftritte des neuen Botschafters Bruno Kahl, der mehrere hundert Eingeladene bewirtete, "mit bayerischem Bier, deutschem Riesling und auch deutschem Rotwein", wie feierlich verkündet wurde. Ein erfahrener Botschaftsgast raunte: "Der ist gefürchtet" – gemeint war der Rotwein. Davon abgesehen klingt das sehr nach Dolce Vita, und man muss tatsächlich wieder einmal sagen: in Rom zu leben ist kein Opfer. Aber diese Zusammenkünfte sind auch Gelegenheit für viele Gespräche – wer seinen Auftrag ernst nimmt, kommt kaum zum Genießen. Da ein paar Minuten unter den Zypressen, und hier noch ein Vieraugengespräch in einem Nebenzimmer der Botschaft …

Unter den klerikalen Gästen ragten zwei Kardinäle heraus, Walter Kasper und Gerhard Ludwig Müller, beide schon eine ganze Weile emeritiert. Viele jüngere Monsignori aus dem Mittelbau der Kurie waren anzutreffen, aber oben ist es in den letzten Jahren etwas dünn geworden. Es gab etliche Ordensoberinnen und Professoren kirchlicher Hochschulen, dazu Diplomaten vieler befreundeter Nationen, einschließlich der Malteser, bei denen der Botschafter ebenfalls akkreditiert ist. Und dann das kulturelle Deutsch-Rom: Deutsche Schule, Historisches Institut, Goethe-Institut und so weiter. Und viele Journalisten!

Der neue Botschafter Bruno strahlt positiven Enthusiasmus aus. Man nimmt ihm ab, dass er diese Aufgabe gerne übernommen hat. Sein Vorgänger Bernhard Kotsch hatte vor seiner römischen Zeit ja die Geheimdienste im Bundeskanzleramt koordiniert, und der neue Mann in Rom war zuvor BND-Präsident. Man fragt sich schon, warum der römische Posten in besonderer Weise für Menschen mit Geheimdiensterfahrung zu passen scheint.

Die meisten Deutschrömer sind ja irgendwie Gesandte und nicht nur Zaungäste. Es schadet nicht, sich der Sendung bewusst zu bleiben.

Nach den Ansprachen und vor Eröffnung des Buffets gab es noch Gesang: Die Nationalhymnen Deutschlands und des Vatikans sowie die Europahymne wurden gespielt. Bei "Einigkeit und Recht und Freiheit" war der Gesang eher verhalten, auch wenn sich der Botschafter wacker mühte. Die anderen Hymnen werden nicht gesungen. Vermisst wurde die Hymne der Malteser. Der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl ist nämlich zugleich Botschafter beim Souveränen Malteserorden. Der musikalisch ignorierte Vertreter der Ritter trug das aber gefasst und meinte, die sei auch sehr lang.

Vor etlichen Jahren, zur Zeit von Papst Benedikt XVI., rüttelte der damalige Vertreter der Bundesrepublik bei einem Empfang für Benediktineräbte diese moralisch auf: Er erzählte sehr unbefangen, dass er es auch für seine Aufgabe halte, dem deutschen Pontifikat zum Erfolg zu verhelfen. Das war eine Botschaft für die Anwesenden, von denen sich manch einer doch eher als unbeteiligter Zuschauer verstand. Die meisten Deutschrömer sind ja irgendwie Gesandte und nicht nur Zaungäste. Es schadet nicht, sich der Sendung bewusst zu bleiben.

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