Zum Papstschreiben „In unitate fidei“Leben, was wir bekennen

Zum Konzilsjubiläum von Nizäa ermutigt Papst Leo XIV. die Kirche zu „neuem Schwung beim Bekenntnis des Glaubens“ – und stellt damit die Frage nach den eigenen Überzeugungen.

Vor 1700 Jahren formulierte das Konzil von Nizäa das bis heute gültige, allen Christen gemeinsame Bekenntnis: Jesus ist Gottes Sohn. Wenige Tage vor seiner Reise zum Ort des Geschehens in der heutigen Türkei erinnert Papst Leo XIV. mit dem Apostolischen Schreiben In unitate fidei („In der Einheit des Glaubens“) nun an dieses Bekenntnis, das „Herz des christlichen Glaubens“, und betont dessen ökumenisches Potenzial. Um zu einem gemeinsamen Denken und Beten zu finden, brauche es keine „Rückkehrökumene zum Zustand vor den Spaltungen“ und keine „Anerkennung des aktuellen Status quo der Vielheit von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften“, sondern vielmehr eine „Zukunftsökumene der Versöhnung auf dem Weg des Dialogs, des Austauschs unserer Gaben und geistlichen Schätze “.

In leicht verständlichen Worten erläutert Leo die seinerzeitige Problematik: die Position des alexandrinischen Presbyters Arius und seiner Anhänger, der Arianer, die Suchbewegungen und Beschlüsse der Versammlung. „Die Väter von Nizäa wollten dem biblischen Monotheismus und dem Realismus der Menschwerdung ganz treu bleiben“. Mit der Aussage, Jesus sei „wesensgleich“ (gr. homooúsios) mit dem Vater, führte das Konzil einen philosophisch konnotierten Terminus ein, der sich nicht in der Bibel findet und deswegen weitere Kontroversen auslöste. Jesus ist kein Zwitterwesen, sondern „wahrer Gott und wahrer Mensch“, wie später das Konzil von Chalcedon (451 n. Chr.) ergänzend definieren wird.

Das Konzilsjubiläum dürfe aber nicht bei einer historischen Rückschau stehenbleiben, so der Papst. „Was wir mit dem Mund aussprechen, muss aus dem Herzen kommen, damit es im Leben bezeugt wird. Wir müssen uns fragen: Wie steht es heute mit der inneren Rezeption des Credos? Spüren wir, dass es auch unsere heutige Situation trifft? Verstehen wir und leben wir, was wir Sonntag für Sonntag sagen?“

Das Schreiben des Papstes lädt zur „Gewissenserforschung“ ein: Glauben wir wirklich, was das Konzil definierte, oder behaupten wir es nur? Jede Zeit muss ihre Antwort finden; und diese Antwort ist ein Bekenntnis. Insofern muss es erschrecken, wenn Untersuchungen ergeben, dass gerade noch ein Drittel der Kirchenmitglieder in unseren Breitengraden der Aussage zustimmt: „Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat.“ Engel, Marienerscheinungen, Privatoffenbarungen oder positive Energien sind auch für viele Christen wichtiger als das zentrale Bekenntnis zur Göttlichkeit Jesu.

Hier besteht dringend theologischer, liturgischer und katechetischer Nachholbedarf. Denn ein Christentum ohne Christus ist nicht möglich. Es wäre ein amputierter, ein sinnloser Glaube. Der Kölner Theologe Hans-Joachim Höhn bringt das Problem auf den Punkt: „Der Klärungsbedarf altkirchlicher Konzilstexte ist höher als ihr Erklärungspotenzial. Die hinter diesen Texten stehenden christologischen Probleme und theologischen Kontroversen müssen nämlich mit erheblichem Aufwand heute erst wieder erzeugt werden, ehe die Konzilstexte als deren Lösung präsentiert werden können.“

Die bleibende Frage lautet: Wer ist Jesus Christus für mich? Heute? Nicht: Was sagen die Anderen, die Experten, sondern: Was glaube ich?

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