25 Jahre nach „Dominus Iesus“Eine Formulierung mit Folgen

Eine Erklärung im Heiligen Jahr 2000 wollte Christus bezeugen – und spaltete die Christenheit. Ein Vierteljahrhundert nach „Dominus Iesus“ braucht die Ökumene frischen Schwung.

Vor 25 Jahren gab es mitten im Sommer einen Kälteeinbruch. Das ökumenische Klima stürzte auf den Gefrierpunkt – und das Blitzeis kam aus dem Vatikan. Es war der August des Jahres 2000, als die Glaubenskongregation die Erklärung Dominus Iesus veröffentlichte. Maßgeblich verfasst und vorangetrieben hatte das Dokument der damalige Glaubenspräfekt Joseph Ratzinger.

Rückblickend muss man festhalten, dass seine Behörde ziemlich arglos, wenn nicht gar naiv an das Thema herangegangen ist. Manche sprachen später sogar von einem kommunikativen „Betriebsunfall“. Kurt Koch, der vatikanische „Ökumeneminister“, beschrieb es im Podcast von Communio soeben so: „Die Hauptintention war es, in der Mitte des Heiligen Jahres ein klares Bekenntnis zu Jesus Christus abzulegen.“

Dieses Anliegen kann man an sich nur begrüßen. Denn selbstverständlich stellt für Christinnen und Christen eben Jesus, der Christus, den Kern ihres Glaubens dar. Solus Christus – nur Jesus ist der Herr! Diesem ur-protestantischen Prinzip stimmen mittlerweile alle Konfessionen zu. Jedoch, so räumt auch Kurt Koch zerknirscht ein: „Diese christologische Dimension der Erklärung ist in der Rezeption eher untergegangen.“

Das kann man wohl sagen! Das Problem von Dominus Iesus war, dass man nach der Christologie nicht einfach einen Punkt gemacht hat. Stattdessen hat die Glaubenskongregation alle möglichen Ableitungen und Schlussfolgerungen durchbuchstabiert. Für einen präzisen Denker wie Ratzinger gehörte das einfach dazu. Und so hakte er systematisch ab: Gibt es bei den Glaubensgeschwistern dasselbe Bischofsamt in sakramentaler Nachfolge der Apostel? Versteht man die Eucharistie als Sakrament, das nur der Bischof oder der Priester spenden kann? Wer das nicht bejaht und auch bewusst nicht bejahen will, ist damit – logischerweise – „nicht Kirche im eigentlichen Sinn“.

Wie gesagt, in der Sache ist das, jedenfalls aus römischer Warte, nicht falsch, sondern nur eine Beschreibung. Doch auch in der Ökumene macht der Ton die Musik. Dass es Menschen verletzen kann, wenn ihnen das Kirchesein abgesprochen wird, lag nicht im vatikanischen Vorstellungshorizont. Und da hilft es auch nicht, wenn Kurt Koch heute, 25 Jahre später, in dem besagten Podcast linguistische Verrenkungen anstellt: „Das Wort ‚eigentlich‘ ist im Deutschen eigentlich ein schwieriges Wort. Manchmal wird es verwendet, um das Gegenteil von dem zu sagen, was man eigentlich meint.“

Es ist tragisch, dass die Ökumene – zumindest die zu den protestantischen Kirchen – seither nicht mehr recht auf die Füße kommt. Ja, es hat das gemeinsame Reformationsgedenken im schwedischen Lund 2016 gegeben. Aber im Gedächtnis bleibt aus der jüngeren Vergangenheit eher die spöttelnde Bemerkung von Papst Franziskus, man brauche nicht noch eine evangelische Kirche ...

Und auch im Kernland der Reformation treiben die Kirchen andere Themen um als die Ökumene. Da mag eine Studie im vergangenen Jahr noch so sehr Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit (so der Titel) anmahnen. Öffentlich nimmt man ein Auseinanderdriften wahr, etwa in ethischen Fragen. Für 2026 ist immerhin ein Nachfolgeformat der „Woche für das Leben“ angekündigt. Es sollte zünden! Denn glaubwürdig ist nur das gemeinsame Zeugnis der Christenheit.

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