CHRIST IN DER GEGENWART: Liebe Stefanie, als Liedermacherin singst du von „Gott und der Welt“, von Höhen und Tiefen, Freuden und Krisen. Aber es war nicht immer klar, dass du professionell Musik machen willst, oder?
Stefanie Schwab: Früher wollte ich eigentlich Ärztin werden. Tatsächlich sagen die Menschen heute manchmal zu mir, meine Musik sei „wie Medizin“ für sie. Ich wollte kürzlich eine Bekannte besuchen, die eine Chemotherapie durchstehen muss. Da schrieb sie mir, ich sei ohnehin schon die ganze Zeit bei ihr präsent, weil sie meine Lieder hört und sich dadurch begleitet fühlt. Meine Lieder sind ja auch keine Theorie, sondern sie speisen sich aus meinem Glauben und meiner persönlichen Erfahrung. Alles, wovon ich singe, habe ich selbst erlebt und manchmal auch durchlitten – und deshalb nehmen mir das meine Zuhörerinnen und Zuhörer auch ab.
All deine Lieder atmen förmlich das Evangelium und immer wieder geht es um das Reich Gottes, das ja auch ein bisschen in deinen Auftritten aufleuchtet.
Ja, das hoffe ich. Dass die Menschen auf diese Weise wieder Lust darauf bekommen, sich Gott zu öffnen, und darin etwas Tröstendes entdecken. Am meisten freut es mich, wenn „Kirchenferne“ zu mir sagen: „Meine Frau hat mich auf Ihr Konzert mitgenommen. Ich wollte eigentlich erst nicht, aber mit dem, was Sie sagen, kann ich wirklich etwas anfangen.“
Wir Frauen dürfen in der katholischen Kirche ja nach wie vor keine Diakoninnen oder Priesterinnen werden. Aber im Grunde hast du mit deiner Musik eine eigene Verkündigungsform gefunden …
Das stimmt. Manchmal kommen die Leute nach den Konzerten tatsächlich zu mir und sagen: „Das, was Sie da machen, ist Verkündigung!“ Ich denke, meine Botschaft kommt auch deshalb gut an, weil sie durch die Musik einen besseren emotionalen Zugang ermöglicht. Und das Schöne ist: Ich stehe als Frau im Altarraum, verkündige die Frohe Botschaft auf meine Art und niemand hindert mich daran. Das ist schon ein Privileg.
Was sind deine wichtigsten Inspirationen für deine Lieder?
Meine Hauptquelle ist – natürlich – die Bibel. Sie ist eine unerschöpfliche Quelle. Ende 2024 habe ich zusammen mit ein paar anderen Menschen aus meiner Pfarrei einen Bibelkreis gegründet und aus diesem Austausch sind schon Lieder entstanden. Meine andere Quelle ist mein Alltag: meine Freude, mein Schmerz, mein Ringen, was mich berührt und beschäftigt – ganz unterschiedliche Dinge.
In deinem Lied „Plan B“ geht es darum, dass es im Leben oft anders kommt als gedacht.
Ja, das ist das Stück, auf das ich am meisten angesprochen werde, weil viele eine Biografie mit sich tragen, in der nicht alles so gelaufen ist, wie sie es vielleicht geplant oder sich gewünscht hätten.
Du sprichst darin auch über das Thema Kinderlosigkeit …
Tatsächlich konnte ich darüber erst nach 20 Jahren schreiben. Es war lange ein großer Schmerz, aber irgendwann konnte ich es aus einer anderen Perspektive betrachten. Nicht, dass die Kinderlosigkeit gut war, aber dadurch hatte ich bessere Bedingungen und mehr Freiheit für mein Musikerinnendasein. Ein großer Teil meiner Kreativität und schöpferischen Kraft resultiert aus dieser Freiheit und dem Mehr an Zeit und Stille. Und es gibt ja auch noch viele andere Formen von Fruchtbarkeit. Ich hätte es selbst so nicht gewählt, aber es ist mir zugefallen und ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so glücklich sein würde.
In deinen Liedern nimmst du auch immer wieder Bezug auf starke Frauen der Bibel, wie zum Beispiel die gekrümmte Frau – und die mit ihr verbundene aufrichtende Botschaft.
Das war eines meiner ersten Lieder. Es ist schon über 30 Jahre alt und ich spiele es immer noch voller Überzeugung. Manche Lieder schlafen ein, manche wachen auch wieder auf, aber dieses Lied und seine Botschaft sind nach wie vor sehr aktuell.
Deine Texte vermitteln das Bild eines vertrauenswürdigen und liebevollen Gottes.
Ja, so habe ich ihn erlebt. Gott trägt mich durchs Leben, auch wenn der Weg manchmal schwer ist. Hinter ihm gehe ich her, bleibe bei ihm, denn das ist meine einzige Chance, auch durch dunkle Täler zu kommen. Das habe ich oft genug erfahren. Eines meiner neuen Lieder heißt: „Ich bleibe treu an deiner Seite, wohin sollte ich auch gehen.“
Wie ist dieses Gottesbild in dir gewachsen?
Ich habe ihn so kennengelernt – durch alle möglichen Fragen und Krisen hindurch. Ich habe mich als junge Frau auch eine Weile der fernöstlichen Spiritualität zugewandt, bin aber immer wieder zurückgekommen, hatte Bekehrungserlebnisse, durch die ich mich immer wieder neu entschieden habe. Ich glaube, man muss sich in verschiedenen Phasen des Lebens immer wieder neu entscheiden: Worauf setze ich im Leben? Worauf vertraue ich? Exerzitien sind dabei ein wichtiges Fundament für mich. Seit vielen Jahren nehme ich mir regelmäßig bewusst Zeit dafür und lasse mich so immer wieder auf Gottes Spur setzen.
Eins deiner Lieder handelt von unserer gemeinsamen Großmutter. Welche Rolle hat sie auf deinem Glaubensweg gespielt?
Sie war ein Vorbild in der Treue, auch im Gebet. Während meiner Schulzeit habe ich sie bei anstehenden Tests regelmäßig gefragt, ob sie für mich beten kann – und das hat sie immer gemacht. Es tut so gut, sich „umbetet“ zu wissen! Meine andere Großmutter war auch gläubig. Ich hatte also das Glück, zwischen zwei betenden Frauen und mit gläubigen Eltern aufzuwachsen. Später kam dann noch die kirchliche Jugendarbeit, die Studentengemeinde dazu. So war mein Weg eigentlich von klein auf vorgezeichnet, aber ich war gleichzeitig stets neugierig auf Neues. Auch heute bewege ich mich ja in den verschiedensten konfessionellen Kontexten. Ich habe zum Beispiel schon zu Erntedank in einer evangelischen Ostseegemeinde vor Landwirten gespielt, in einer Herrnhuter Gemeinde in Thüringen, bei den Frauen vom katholischen Frauenbund im fränkischen Umland – das ist alles gelebtes Evangelium in unterschiedlichen Ausformungen.
Das bringt mich direkt zu deinen Plänen für den Katholikentag in Würzburg im nächsten Jahr. Was hast du vor?
Meine Vision ist es, aus der Erfahrung dieses bunten Reichtums heraus die unterschiedlichsten musikalischen Richtungen und geistlichen Gruppierungen zu einem großen Chor zusammenzubringen: die Kirchenchöre, afrikanische Gospelchöre, Popularmusik, Lobpreis, Klassik … Sie alle will ich auf einem großen Platz in Würzburg zum gemeinsamen Gesang versammeln. Und zwischendurch geben einzelne Interpreten Liebeslieder zum Besten. Denn genau darum geht es: um die Liebe, die uns alle verbindet. Ich glaube, dass es Gottes Anliegen ist, uns Christen und Christinnen zusammenzubringen, und zwar unabhängig von verschiedenen Konfessionen, Theologien und Schwerpunkten. Wir müssen uns viel mehr zusammentun und Musik ist da eine besonders gute Brückenbauerin.