„Wenn das Christentum in seinem Wachstum durch eine tödliche Krankheit aufgehalten worden wäre, wäre die Welt mithrasgläubig geworden“ schrieb im Jahre 1882 der französische Gelehrte Ernest Renan (1823 – 1893).
Diese Auffassung übersieht jedoch, dass die Zielvorstellungen und das soziale Umfeld beider Religionen keineswegs identisch waren. Auch würde der missionarische Eifer des Mysterienkultes Mithras überschätzt, der keine Frauen aufnahm und im Gegensatz zum Christentum weitaus weniger in den unteren Gesellschaftsschichten verbreitet war. Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten gehen auf gemeinsame Ursprünge im hellenistisch-östlichen Umfeld zurück. Im Hinblick auf den Vollzug des Kultes, namentlich der Kultmahlzeit (Kommunion) wurden diese bereits von antiken Autoren thematisiert.
Christus und Mithras waren Licht- und Sonnengottheiten: Mithras der unbesiegte Sonnengott, Christus das Licht der Welt – Christus die wahre Sonne – Christus die Sonne der Gerechtigkeit. Das Fest der Wintersonnenwende zur „Geburt des Unbesiegten (natalis invicti)“, der 25. Dezember, war das Fest des Sol Invictus, des „unbesiegten Sonnengottes“, den Kaiser Aurelian 274 zum höchsten Gott des Reiches erhoben hatte. Damit war keineswegs ausschließlich Mithras gemeint.
Von den christlichen Kirchenvätern wurde dieses Fest der Sonne im späten 4. Jahrhundert durch das Weihnachtsfest der Geburt Christi ersetzt. In Städten wurden verlassene Gebäude als christliche Kultstätten wiederverwendet, nicht zuletzt weil der Baugrund knapp war. Das gilt insbesondere für Rom, wo beispielsweise die Basiliken Santa Prisca und San Clemente über Mithras-Heiligtümern errichtet wurden.
Der Text ist im Zusammenhang mit der Ausstellung MITHRAS. Annäherungen an einen römischen Kult entstanden.
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Mithras
Zum Ende einer Reise mit den Stationen Mariemont (Belgien) und Toulouse (France) zeigt das Archäologische Museum Frankfurt vom 25.11.2022 bis zum 10.4.2023 die in internationaler Kooperation entstandene Ausstellung »MITHRAS. Annäherungen an einen römischen Kult«. Wir nehmen dies zum Anlass die aktuellen Forschungen zum geheimnisvollen Mithraskult vorzustellen. Zahlreiche Projekte haben hier große Fortschritte im Sinne einer Annäherung erbracht. Internationale Expertinnen und Experten informieren uns zu den östlichen Ursprüngen des Mithras, führen uns in das Herz der ihm geweihten Heiligtümer sowie zu seinen Anhängern und beleuchten die Bedingungen, unter denen der Kult verschwand.
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