Kurzpredigt zum 2. Sonntag nach EpiphaniasGottes Segen will erbeten werden. Und gefördert.

2. Sonntag nach Epiphanias: Jeremia 14, 1(2.)3+4.(5+6).7-9

Wir haben einen Traktor-Gottesdienst gemacht letztes Jahr. Keine Traktorsegnung. Aber auf Wunsch der Landwirte die Bitte um den Segen für ihre Arbeit. Für ihre Felder. Und für das, was darauf wachsen soll. Eigentlich lachen wir ja in unserer Zeit über die Vorstellung, man könne zu Gott beten, um die Ernte gut zu machen. Oder um Regen bitten, wenn die Dürre da ist. Das klingt nach Regentanz des Schamanen oder nach alten Fruchtbarkeitsgöttern. In der Bibel begegnen sie uns als die Aschera der Babylonier. In den germanischen Mythen als Freya. Darüber sollten wir doch längst hinaus sein. Aber weit gefehlt. Das Beispiel der Landwirte, die sonst nicht viel mit Gottesdienst am Hut haben, hat mir wieder klar gemacht: Es ist tief in uns Menschen verwurzelt. Auch in der aufgeklärten europäischen Tradition. Erntebittgottesdienste stehen nach wie vor im kirchlichen Jahreslauf. Genauso wie der Erntedankgottesdienst. Auch wenn wir schon lange entfremdet sind von den landwirtschaftlichen Produktionsprozessen. Entweder durch Mechanisierung und Groß-Landwirtschaft. Oder durch unsere Konsumgewohnheiten. Kaum jemand macht sich beim Einkauf Gedanken darüber, wie die Produkte im Supermarktregal hergestellt wurden. Geschweige denn wie ihre Grundzutaten auf den Feldern zum Wachsen gebracht wurden. 
Obwohl. Manche schauen wieder genauer hin. Und wissen, wie weit wir uns von den natürlichen Grundlagen, von Säen, Wachsen und Ernte, entfernt haben. Wissen um Wachstumshelfer, Düngemittel und Schädlingsbekämpfung. Und entwickeln wieder ein Gespür für die Bedeutung der Erntegottesdienste. 
Der Predigttext aus dem Jeremia-Buch führt uns in eine rein agrarische Kultur. Das Wetter bestimmt, was auf den Feldern wächst. Die große Dürre um das Jahr 600 vor Christus scheint extrem gewesen zu sein. Man kann sich lebhaft ausgetrocknete, von Rissen durchzogene Felder vorstellen. Staub weht darüber. Und mit Dürre geht immer Hungersnot einher. Die Menschen erinnern sich in solchen Zeiten gern an Gottes Zusagen: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Und sie entwickeln den Anspruch daraus: Gott muss diese Zusage einhalten. Das ist fest verankert in einer Gesellschaft, die von den Erträgen der Felder lebt. 
Und es zeigt sich, dass uns das doch nicht so fern ist. Und dass auch das Gefühl der Schuld wieder auftaucht in unserer Gesellschaft. Wir wissen, dass wir mitschuldig sind an der Veränderung unseres Klimas. Dass Kiefern plötzlich nicht mehr wachsen können bei uns. Dass die Getreidesorten, die jahrhundertelang bei uns heimisch waren, durch neue, hitzebeständigere Arten ersetzt werden müssen. Auch wenn wir dem Produktionsprozess für unser Essen und Trinken entfremdet sind. Wir merken es doch immer wieder, dass wir den Segen auf Getreide, unser Vieh, unser Gemüse brauchen. Nicht nur, wenn plötzlich Bauern einen Gottesdienst für ihre Berufsgruppe feiern wollen. Wir müssen nur in die Nachrichten schauen. Bilder und Videos von brennenden Wäldern. Von wüstenartigen Gebieten in Spanien, wo vor wenigen Jahrzehnten noch Obst und Gemüse angebaut wurde. Die Schuld, die die Menschen zur Zeit des Jeremias vor Gott empfunden haben, den sie eng mit dem Boden verknüpft haben. Diese Schuld ist heute etwas anders gelagert. Es ist die Schuld von mehreren Generationen, die nicht genug bekommen konnten von Energie, Konsum, Wachstum und Kapital. Die Schuld der Erde gegenüber. Die Schuld unseren Kindern und Enkeln gegenüber. Letzten Endes auch eine Schuld Gott gegenüber. Denn alles, was Leben zerstört, was dem Leben schadet, bezeichnet die Bibel als Sünde dem gegenüber, der das Leben selbst ist: Gott. Und aus Sünde entwächst Schuld.
Zur Zeit des Jeremia musste man es aushalten, dass die Dürre da war. Man wehklagte. War traurig und bedrückt. Man hatte Angst. Und man flehte zu Gott: Warum hilfst du uns nicht. Du hast uns das doch zugesagt. Warum greifst du nicht ein? Wir sind am Ende. Und man kam zu dem Schluss, dass das Volk Gott verärgert haben musste. Und dass er aufgrund seiner Schuld nicht half. Und das zieht sich durch die Menschheitsgeschichte hindurch und mahnt uns. 
Auch bei uns ist noch die Ahnung da, dass die Saat und die Ernte eng mit Gott und seinem Segen verbunden sind. Auch wenn die Landwirte gerne Entschädigungen von der Regierung fordern, wenn der Regen ausfällt. Oder zu viel wird. Oder zur falschen Zeit kommt. Immer noch spüren wir instinktiv, dass es auch auf Gottes Segen ankommt – die Erntebitt- und dankgottesdienste zeigen es. Der Wunsch nach Segen für ihre Arbeit bei unseren Landwirten zeigt es.
Und wir sollten unsere Schuld an der Veränderung des Klimas auch ernst nehmen. Und in der heutigen Zeit nicht traurig und mit hängenden Köpfen stehen bleiben. Sondern auf Gott vertrauen. Und das Unsere dafür tun, dass die Schuld, die wir auf uns laden, gemindert wird: Laut werden, auch als Kirche, angesichts der Ignoranz, mit der die Klimakrise hinter Militärausgaben und Stärkung der Wirtschaft verschwindet. Nicht schweigen, wenn Landwirtschaftsminister zurückfallen in Produktionsverhältnisse wie vor 30 Jahren. Und unsere Landwirte unterstützen. Mit ihnen beten und bitten um Gottes Segen, seinen Beistand. Wie es es seit Jahrtausenden schon gemacht wurde. 
Gottes Segen will erbeten werden, wie bei Jeremia. Und er will gefördert werden. So wie wir es heute könnten

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