Kritik ohne VerliererUnangenehmes ansprechen

Wie kann man Unangenehmes ansprechen? Bitte nicht mit Pseudo-Psychologie ... Die Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan rät, Störendes schnell und professionell anzusprechen – damit die Situation nicht zum Pulverfass wird.

Wo Menschen aufeinandertreffen, kommen sie vor – die drei Ps: Patzer, Pannen und Peinlichkeiten. Ja, diese drei Ps nerven uns. Der ehrenamtliche Mitarbeiter, der beim Mittagessen hilft, kommt leider zu spät. Die Neue nimmt den letzten Rest Kaffee aus der Kanne und sorgt nicht für Nachschub. Der Kollege räumt den Raum, den Sie gleich nutzen wollen, nie richtig auf. Und der Hausmeister hat den Lichtschalter noch immer nicht repariert.
Was tun, wenn Sie die Patzer, Pannen und Peinlichkeiten anderer Leute abkriegen? Oder anders gefragt: Können Sie das Unangenehme – diese drei Ps – genauso locker und leicht ansprechen, wie Sie „Guten Morgen!“ sagen? Nein, das ist keinesfalls so einfach. Obwohl es oft nur um Kleinigkeiten geht, kann das Ansprechen dieser unangenehmen Dinge schnell schiefgehen. Genervtes Stöhnen oder ein gemurmeltes „Das darf nicht wahr sein!“ bringen genauso wenig weiter wie die Das-gehört- sich-aber-nicht-Standpauke. Auch schlimm, den Übeltäter pseudo-psychologisch in die Zange zu nehmen: „Ich spüre bei dir, dass du ein Problem damit hast, Rücksicht zu nehmen.“
Solche Sätze wirken wie ein Tritt vors Schienbein. Egal, wie berechtigt es ist, jemanden auf seine Fehler hinzuweisen, niemand lässt sich verbal treten. Fehlt der Respekt, gehen wir in den Widerstand. Nein, so lasse ich nicht mit mir reden. Nicht in diesem Tonfall. Und schon gar nicht so von oben herab. Null Bock auf Entgegenkommen. Stattdessen wächst die Bereitschaft, sich zu streiten. Wer ist schuld? Wer hat recht? Und überhaupt, du bist auch nicht besser! Statt der gewünschten Veränderung gibt es nur dicke Luft.
Der Tritt vors Schienbein funktioniert nicht, er bringt nicht die erhoffte Verbesserung. Aber wie spricht man diese drei Ps an, ohne dass der Angesprochene sich getreten fühlt? Sie können die richtigen Worte finden, wenn Sie die Situation umdrehen. Stellen Sie sich vor, Sie würden auf etwas angesprochen. Mit welchen Worten möchten Sie auf Pannen, Patzer und Peinlichkeiten hingewiesen werden? Die Worte, die Sie an dieser Stelle gern hören würden, funktionieren auch für Ihre Mitmenschen.
Ein guter Anfang wäre eine einfache Bitte, in einem freundlichen Tonfall. Kein Drama, kein Überlegenheitsgetue – einfach nur um das bitten, was geändert werden soll: „Beim Mittagessen brauchen wir dich von Anfang an. Deshalb sei bitte pünktlich.“ „Kannst du bitte eine neue Kanne Kaffee aufsetzen, nachdem du den Rest ausgetrunken hast?“ „Bevor du den Raum verlässt, kannst du da bitte aufräumen?“ „Könnten Sie bitte den Lichtschalter reparieren?“
Aber auch die Stärken des anderen, sind der Rede wert. Sagen Sie Ihrem Gegenüber genauso, was gut läuft: „Du bist uns bei der Essenausgabe eine große Hilfe.“ „Ich weiß, dass du ansonsten sehr umsichtig bist.“ „Was Sie repariert haben, funktioniert immer sehr gut.“ So zeigen Sie deutlich, dass Sie fair sind. Sie haben nicht nur die drei Ps im Blick. Sie beachten auch das, was funktioniert.
Bei sehr empfindlichen Menschen, die schnell beleidigt sind, empfehle ich zusätzliche Samthandschuhe. Statt zu sagen „Das ist falsch“, wählen Sie eine diplomatischere Ausdrucksweise wie: „Ich hätte da noch eine Idee. Wie wäre es, wenn wir das so machen?“ Oder Sie entschuldigen Ihr Gegenüber, etwa mit den Worten: „Das kann mal vorkommen in der Hektik des Alltags.“ Oder: „Das ist mir auch schon passiert.“
So zeigen Sie, dass Sie mitfühlend sind und keinen Groll hegen. Das macht es dem anderen leichter, Ihnen entgegenzukommen. Und genau darum geht es: Die Patzer, Pannen und Peinlichkeit werden aus der Welt geschafft, ohne dass es dabei einen Verlierer gibt. Ohne dass jemand getreten wird.
Apropos Groll: Solche trittfreien Ansprachen gehen Ihnen leichter über die Lippen, wenn Sie innerlich nicht mehr auf hundertachtzig sind. Nachdem sich Ihr Ärger ein wenig abgekühlt hat, finden Sie die richtigen Worte. Also zuerst runterkommen, dann loslegen.
Freilich ist auch die allerbeste Kommunikation kein Garant dafür, dass Sie von jedem Menschen immer das bekommen, worum Sie ihn bitten. Aber eine gute, respektvolle Kommunikation erhöht die Chancen, dass es klappt. Am Ende ist es wichtig, dass Sie jede kleine Verbesserung und jedes Entgegenkommen beachten. Ja, Sie haben gemerkt, dass dieses P ausgeräumt wurde. Und jetzt gibt es ein Wort, mit dem Sie Ihre Freude darüber ausdrücken: Danke.  

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