Mechaniker im Morgenkreis: Quereinstieg als Herausforderung und Chance

Der Fachkräftemangel in den Kindertagesstätten ist nicht mehr wegzudiskutieren und die Folgen der Problemlage, die sich für Kinder und Fachpersonal ergeben, sind vielerorts dramatisch. Die Antwort der meisten Bundesländern heißt „Erweiterung des Fachkräftekatalogs“, was konkret bedeutet, dass Personen ohne einschlägige Berufsausbildung in Kindertagesstätten im Gruppendienst arbeiten dürfen. Will man verhindern, dass die Qualität der pädagogischen Arbeit darunter leidet, muss insbesondere der Einstieg von Quereinsteigenden, also der nicht einschlägig ausgebildeten Mitarbeitenden, durch Leitungskräfte gut vorbereitet und begleitet werden.

Für Leitungskräfte und Teams ergeben sich dadurch eine ganze Reihe von Fragen, auf die nicht immer schnelle Antworten zu finden sind:

  • Welchen Wert hat die Expertise des pädagogischen Fachpersonals und wodurch kann sie sichtbar werden?
  • In welchen Bereichen und Situationen ist Fachexpertise unersetzlich?
  • Wie lässt sich die Arbeit angesichts der unterschiedlichen Ausbildungsniveaus innerhalb der Teams aufteilen? Muss tatsächlich jede Situation, an der Kinder beteiligt sind, pädagogisch gedeutet und begleitet werden?
  • Wie kann man sicherstellen, dass Quereinsteigende Erziehungsziele verfolgen, die sich an abgesicherten pädagogischen Grundsätzen orientieren?
  • Was unterscheidet die Einarbeitung von Quereinsteigenden von einer Praktikumsanleitung – und wer ist für die Einarbeitung zuständig?
  • Wie können die Kompetenzen und beruflichen Vorerfahrungen der Quereinsteigenden möglichst umfassend genutzt werden, sodass sich das Team zu einem multikompetenten Team entwickelt?

Leitungskräfte müssen die Veränderungsprozesse, die mit der Ankunft von Quereinsteigenden verbunden sind, behutsam und zugleich transparent steuern. Soll der Prozess gelingen, lohnt es sich, das Team bereits vorab einzubeziehen, um bestehende Vorbehalte auszuräumen und Einarbeitung sowie mögliche Einsatzorte zu planen.

Allen im Team sollte klar sein, dass sich Quereinsteigende – auch bei guter Einarbeitung – nicht einfach zu vollwertigen pädagogischen Fachkräften entwickeln. Mit einer solchen Erwartungshaltung wären einerseits Quereinsteigende überfordert und verlöre andererseits die Fachexpertise an Bedeutung und Wert. Insofern ergeben sich bedeutsame Team- und Organisationsentwicklungsaufgaben. Das Professionsverständnis von Erzieherinnen und Erziehern, von Kindheitspädagoginnen und -pädagogen sowie von sozialpädagogischen Assistentinnen und Assistenten wird sich verändern müssen. Die vielerorts anzutreffende Teamkultur, in der Ausbildungsunterschiede ignoriert werden und alle Mitarbeitenden dasselbe Maß an Verantwortung übernehmen, lässt sich angesichts der Flexibilisierung des Fachkräftekatalogs so nicht mehr aufrechterhalten.

Es lohnt sich, gemeinsam mit den Mitarbeitenden entsprechende Aufgabenprofile für alle im Kita-Betrieb vorhandenen Rollen zu entwickeln und Verantwortungsbereiche festzulegen. Um Quereinsteigenden den Einstieg zu erleichtern und sie dabei zu unterstützen, den Kindern gegenüber eine tragfähige Haltung zu entwickeln, sollten Leitungskräfte Mentorinnen und Mentoren einsetzen. Diese begleiten kollegial den Einarbeitungsprozess, stehen für Fragen zur Verfügung und geben Feedback. Mentorinnen und Mentoren haben keinen Ausbildungsauftrag, sondern unterstützen Quereinsteigende darin, sich in einer für sie fremden Berufskultur zu orientieren und ihre Rolle zu finden.

„Neben allen Herausforderungen, die die Veränderung des Qualifikationsgefüges in den Einrichtungen mit sich bringt, dürfen die Chancen nicht unterschätzt werden. Die unterschiedlichen fachlichen Perspektiven, die Menschen aus ihren beruflichen Vorerfahrungen mitbringen, gilt es, zielführend einzusetzen.“ (Thurmann, B.  (2024): Quereinstieg in die Kita. Herder , S. 38). Kinder sind heute oft einige Jahre und eine lange Zeit der täglichen Wachphase in den Kindertagesstätten. Wenn sie dort hautnah erleben, dass unterschiedliche Personen aufgrund ihrer beruflichen Vorerfahrungen Situationen unterschiedlich bewerten und einschätzen, können sie von dieser Vielfalt unmittelbar profitieren. Denn halten Quereinsteigende in der Kita Einzug, wird das Team vielfältiger. Bei guter Einarbeitung können also Quereinsteigende zu einem echten Gewinn für Kinder und Fachkräfte werden. Es muss aber allen Beteiligten klar sein, dass Quereinsteigende keine pädagogischen Fachkräfte sind und auch keine werden. Insofern sollte für diese neue Berufsgruppe der Kitas auch eine entsprechende Berufsbezeichnung gefunden werden.

Die Diplom-Pädagogin Birgit Thurmann ist Oberstudienrätin an der Fachschule für Sozial- und Heilpädagogik. Darüber hinaus ist sie im Aufbaubildungsgang Sozialmanagement an der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Neumünster tätig. In der kindergarten heute leiten kompakt-Ausgabe „Quereinstieg in die Kita. Herausforderungen und Chancen für Leitung und Kita“  schreibt sie über dieses wichtige Thema.

 
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