Außerordentliche Messe im PetersdomNicht gut gemacht

Kürzlich zelebrierte Kardinal Raymond Leo Burke einen Gottesdienst in der „außerordentlichen Form des römischen Ritus“ im Petersdom. Es geht im Hintergrund um ekklesiologische Auseinandersetzungen, angesichts derer sich Papst Leo XIV. positionieren muss.

Porträt Fabian Brand
Fabian Brand© Florian Nütten

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht, heißt es landläufig. Dass es gut gemeint war, als Papst Leo XIV. dem Kardinal Raymond Leo Burke erlaubte, im Petersdom die Eucharistie in der „außerordentlichen Form des römischen Ritus“ zu feiern, daran besteht kein Zweifel. Denn seit Beginn seines Pontifikats ist es dem Prevost-Papst ein Anliegen, Brücken zu bauen und die Hand auszustrecken. Und so hat er das auch gegenüber den sogenannten „Traditionalisten“ getan, die vor allem damit leben mussten, dass Papst Franziskus die Feier im außerordentlichen Ritus wieder massiv einschränkte. Als Friedensangebot des neuen Papstes ist der Gottesdienst im Petersdom sicher zu deuten.

Doch Fotos, die zahlreich in den Sozialen Medien kursieren, irritieren. Spitzenrochetts, Birette, ein Kardinal mit überdimensionierter Mitra und Pontifikalschuhen: Unweigerlich fühlt man sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt. Doch die Rückkehr der „Baßgeige“ in den Petersdom zieht vor allem jene an, die mit den sehr traditionellen liturgischen Formen schon lange sympathisieren. In der ersten Reihe finden sich daher auch die Kardinäle Walter Brandmüller und Ernest Simoni Troshani. Letzterer sprach am Ende der Messe gar noch ein Exorzismusgebet.

Längst geht es hier nicht mehr nur um unterschiedliche Formen für die Feier der Eucharistie. Es geht auch um verschiedene ekklesiologische Konzepte. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte mit großem Nachdruck das dreifache Amt betont, das alle Getauften ausüben. Folglich wurden die Gläubigen auch aktiv an der Feier der Eucharistie beteiligt: Sie sollten zentrale Texte des Gottesdienstes mitbeten und mitsprechen, um dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass die Eucharistie Feier des ganzen Gottesvolkes ist, an dem alle Glieder des Leibes Christi partizipieren. Denn aus der Eucharistie baut sich die Einheit der Kirche auf.

Die „außerordentliche Form des römischen Ritus“ hingegen verschleiert diese Dimension. Hier ist alles auf den Priester zugespitzt. Hier feiert der Priester die Messe, während die Gläubigen parallel ihren Rosenkranz beten oder ihre Messandacht abhalten. Diese Form war Spiegel einer Ekklesiologie, die ganz auf die Hierarchie orientiert war und in der die Gläubigen nur Objekte und Empfänger waren.

Die Feier der Eucharistie in der „außerordentlichen Form“ ist stets auch ein Schielen auf eine Ekklesiologie, die längst vergangenen Tagen angehört. Es ist jedenfalls kein gutes Zeichen, wenn an dem Ort, an dem vor sechzig Jahren die Kirchenkonstitutionen „Lumen Gentium“ und „Gaudium et Spes“ promulgiert wurden, nun ein Kirchenbild reproduziert wird, welches das Amt der Getauften übergeht und sich ganz in der Hierarchie erschöpft. Papst Leo XIV. wird es gut gemeint haben. Aber man fragt sich einmal mehr, ob man überhaupt das wirkliche Problem erkannt hat, das hinter dem andauernden Streben nach der „Messe aller Zeiten“ liegt. Es wäre an der Zeit, dass der Papst verdeutlicht, dass es hinter die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils kein Zurück gibt. Franziskus hatte das anfanghaft deutlich gemacht – ob es ihm sein Nachfolger gleichtut, ist offen.
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