So leben Familien in Deutschland

Die Mehrzahl der Kinder wächst bei Ehepaaren auf, aber alternative Lebensformen gewinnen an Bedeutung. Zahlen und Fakten:

So leben Familien in Deutschland
© Constanze Guhr, Atelier petit4, Berlin

Traditionell mit Trauschein

Nach wie vor werden die meisten Kinder bei verheirateten Eltern groß. Knapp drei Viertel (73 Prozent) aller minderjährigen Kinder lebten 2015 in dieser klassischen Form der Familie. Insgesamt geht die Zahl der Eltern-Ehepaare aber zurück.

Zusammen, aber nicht verheiratet

Auch der Anteil unverheirateter Elternpaare ist angestiegen – von 5 Prozent 1996 auf 11 Prozent im Jahr 2016. Wilde Ehe im Osten: In den alten Bundesländern sind die Eltern mehrheitlich verheiratet. In den neuen Bundesländern hat nur jedes zweite Elternpaar (51 Prozent) den Trauschein.

Single-Mütter (und -Väter)

Dafür gibt es in Deutschland immer mehr Alleinerziehende: Knapp jedes fünfte Kind wächst bei nur einem Elternteil auf. In neun von zehn Fällen ist das die Mutter. Berlin ist die Hauptstadt der Alleinerziehenden. Dort sind knapp ein Drittel (32 Prozent) der Familien Alleinerziehende, während das in Baden-Württemberg nur auf jede sechste Familie zutrifft.

Patchworkfamilie

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (MBFSFJ) geht davon aus, dass in 7 bis 13 Prozent aller Haushalte Stief- oder Patchworkfamilien leben. So nennt man Konstellationen, in denen mindestens ein Partner mindestens ein Kind in die Familie mitbringt. Aus Sicht der Kinder bedeutet das, dass zu den leiblichen Elternteilen ein neuer dazukommt (siehe unten) und sie oft in mehreren Haushalten aufwachsen. Den meisten Stiefeltern ist es wichtig, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Stiefkindern aufzubauen, ohne die Ersatzmama oder der Ersatzpapa zu sein. Der Familientherapeut Jesper Juul hat für dieses neue Selbstverständnis den Begriff „Bonuseltern“ geprägt.

Pflegefamilien

Im Jahr 2014 lebten knapp 70 000 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien. Beinahe die Hälfte hat zu Hause Gewalt und Vernachlässigung erlebt. Auch Alleinstehende, unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare können ein Pflegekind aufnehmen. Viele dieser Heranwachsenden bleiben stark mit ihren leiblichen Eltern verbunden und haben – soweit möglich – regelmäßig Kontakt mit ihrer Ursprungsfamilie.

Mama, Mama, Kind

Wie homosexuelle Eltern ihren Alltag leben, ist unterschiedlich. Manche Kinder aus Regenbogenfamilien stammen aus vorangegangenen heterosexuellen Beziehungen eines Elternteils. Seit einigen Jahren wächst eine nennenswerte und wachsende Zahl Kinder von Geburt an bei gleichgeschlechtlich liebenden Eltern auf. Die Mehrzahl von ihnen bei zwei Müttern. Für Männerpaare ist das weitaus schwieriger, zumal die Vermittlung einer Ersatzmutter in Deutschland nicht zulässig ist. Schwule Paare entscheiden sich daher eher für eine Pflegschaft.

Regenbogenfamilien

Wie viele Kinder mit schwulen, lesbischen oder transgeschlechtlichen Eltern leben, lässt sich schwer abschätzen. „Belastbare Zahlen gibt es kaum“, sagt Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Noch immer sei davon auszugehen, dass Lesben und Schwule sich bei Umfragen für amtliche Statistiken wie dem Mikrozensus nicht ohne weiteres outen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg veröffentlichte im Jahr 2014 Zahlen, wonach von 9 000 Kindern in Regenbogenfamilien ausgegangen werden kann. Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen) spricht von rund 1 Million Regenbogenfamilien in der Bundesrepublik.

Rechtliche Situation

Im Jahr 2017 hat der Bundestag mit der Ehe für alle die völlige Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Paaren beschlossen. Davor gab es ein eheähnliches Konzept für schwule und lesbische Paare, die sogenannte eingetragene Lebenspartnerschaft. Sie wurde 2001 eingeführt und über die Jahre immer stärker an die Ehe angeglichen. So kippte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Laufe der Zeit verschiedene Unterschiede zur Ehe, etwa im Miet-, Erb- und Steuerrecht. Im Jahr 2005 wurde es auch homosexuellen Paaren erlaubt, die leiblichen Kinder ihrer Lebenspartner zu adoptieren. Diese sogenannte Stiefkind-Adoption löste unter lesbischen Pärchen einen wahren Babyboom aus. Mit der Ehe für alle fällt die letzte Benachteiligung: Ab sofort können homosexuelle Paare genauso wie heterosexuelle Paare gemeinsam Kinder adoptieren, wenn sie die nötigen Voraussetzungen erfüllen. Als Pflegeeltern sind sie bei Jugendämtern schon länger gefragt. (Quellen: BMFSFJ, Statistisches Bundesamt, LSVD)

Hintergrund

Ob wir uns zu Männern oder zu Frauen hingezogen fühlen, suchen wir uns nicht aus. Sexuelle Orientierung ist angeboren. Viele realisieren schon in ihrer Kindheit, dass sie nicht heterosexuell sind. Der Begriff Homosexualität gilt als überholt, weil er den sexuellen Aspekt des Begehrens betont. Außerdem assoziiert er häufig ausschließlich schwule Lebensweisen und macht lesbische Frauen damit unsichtbar. Man spricht heute von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Etwa fünf bis zehn Prozent aller Menschen weltweit sind lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intergeschlechtlich (LGBTI). Sie leiden unter Herabsetzung, Ausgrenzung und Mobbing. Die Suizidrate von lesbischen, schwulen und bisexuellen Jugendlichen ist vier- bis sechsmal höher als die von heterosexuellen Jugendlichen.  

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