Neue Perspektiven und Bestätigung für die ArbeitQualifizierungskurse

Die Stadt Freiburg schickt alle Seiteneinsteiger der Schulkindbetreuung in zweijährige Qualifizierungskurse. Teilnehmer profitieren von neuem Wissen und gestärktem Selbstbewusstsein.

Neue Perspektiven und Bestätigung für die Arbeit
© Michael Bamberger, Freiburg

"Es war eine großartige Chance, um in die Schulkindbetreuung richtig reinzukommen“, lautet das Fazit von Karin Kirschvink. Zwei Jahre lang hat die gelernte Ergotherapeutin sich parallel zu ihrer Arbeit an insgesamt 40 Tagen gemeinsam mit anderen Seiteneinsteigern zur Fachkraft in der Schulkindbetreuung qualifizieren lassen. Seit 2017 arbeitet sie im Betreuungsbereich einer Freiburger Grundschule. Die Verwaltung der Stadt im Breisgau verpflichtet alle Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung zur Teilnahme an diesem Qualifizierungsprogramm. „Sehr kompakt, anstrengend und interessant“, sagt Karin Kirschvink, seien die Tage gewesen. Sie hat 20 Jahre lang in einem Krankenhaus gearbeitet und dabei viel mit geriatrischen Patienten und Demenzkranken zu tun gehabt. „Ich konnte da erstaunlich viele Parallelen ziehen“, berichtet sie.
Im Umgang mit Kindern fühlte sich Kirschvink eigentlich schon vorher kompetent. Ihre ersten Erfahrungen in der Grundschule, in der sie seit 2017 arbeitet, sind positiv. Sie bekommt viel Unterstützung von der Leitung und dem gesamten Team. Dennoch habe ihr die Weiterbildung viel gebracht, sagt sie. „Ich fühle mich bestärkt in dem, was ich tue, und habe den Austausch mit Kolleginnen sehr genossen. Da hat jede ganz andere Erfahrungen aus ihrem jeweiligen Bereich eingebracht.“

HERAUSFORDERUNG FÜR DOZENTEN

Dieses breite Feld ist einerseits bereichernd für die Teilnehmerinnen – andererseits aber eine enorme Herausforderung für die Dozenten. „Wegen der großen fachlichen Diversität war der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen eine enorm wichtige Aufgabe“, sagt Ulrike Glöckner von der impulse- Akademie, die die Grundlagenqualifikation im Auftrag des Amtes für Schule und Bildung der Stadt Freiburg entwickelt und durchgeführt hat. „Wir wertschätzen das, was jede bisher in ihrem Leben geleistet hat, und versuchen alle mit den behandelten Themen dort abzuholen, wo sie stehen, ohne dabei zu über- oder zu unterfordern.“
Es gilt eine Menge an Theorie- und Praxiskenntnissen zur mittleren Kindheit und zur Schulkindbetreuung zu vermitteln. Die Dozenten orientieren sich an aktuellen Forschungsergebnissen aus der Neurobiologie und der Entwicklungspsychologie. „Besonders wichtig ist es uns, ein pädagogisches Selbstverständnis zu erarbeiten. Jede Teilnehmerin muss auch bereit sein, sich selbst und ihre Arbeit zu hinterfragen“, erklärt Glöckner. Gerade hat die dritte Gruppe mit der Qualifizierung begonnen. Glöckner und ihr Team haben aus den ersten beiden Runden gelernt, hier und da ein wenig nachjustiert. „Das Feedback der bisherigen Teilnehmerinnen war enorm wertvoll“, sagt Glöckner, „so entwickeln wir jetzt langsam so etwas wie Routine.“

GLEICHE BILDUNGSCHANCEN FÜR ALLE

Die positiven Rückmeldungen der Seiteneinsteiger seien beachtlich, lobt Hermann Maier, Leiter des Amtes für Schule und Bildung. Das Erfolgsrezept beruht seiner Meinung nach auf zweierlei: Die Teilnehmer fühlen sich bestärkt, dass die eigene Arbeit gut und richtig ist. Aber die Kurse vermitteln auch neue Perspektiven und Ideen. „Den Austausch in der Gruppe sehen alle als sehr gewinnbringend an“, berichtet Maier. Auch für die Stadt ist die Trägerschaft der Schulkindbetreuung eine recht neue Aufgabe. „Wir wollen ein pädagogisch reflektiertes Angebot, das die Stärken eines Kindes sieht und es voranbringt“, beschreibt Maier die Herausforderung. Weder sollen die Kinder nach dem Unterricht „nur betreut“ werden, noch soll der Schulvormittag einfach fortgesetzt werden. Das Spiel ist ein wichtiges Element des Nachmittags, das aber mit Bildungsangeboten angereichert werde – eine Herausforderung für die entsprechenden Teams. „Zumal es diesbezüglich bisher wenige Forschungsergebnisse gibt zu Kindern zwischen sechs und zehn Jahren“, sagt Maier. Die Stadt Freiburg habe den Anspruch, unabhängig von der Herkunft jedem Kind gute Bildungschancen zu bieten. Dabei spielt das außerschulische, also das nonformale Lernen eine große Rolle. „Ich hoffe, dass es uns mittelfristig gelingt, ein ganztägiges Bildungsangebot mit integrierter Betreuung zu schaffen“, sagt Maier.
Gabriele Leitner* verfügt dafür mittlerweile über viel theoretisches Wissen. Die gelernte Sozialwissenschaftlerin schätzt an den gerade abgeschlossenen zwei Jahren der Qualifikation vor allem die praktischen Inhalte. „Welche Möglichkeiten habe ich mit Musik, Tanz und Bewegung? Mit welchen Materialien kann ich arbeiten? Welche Experimente bieten sich an? Hier habe ich Antworten auf all diese Fragen gefunden, weil hier so viele Menschen mit ganz verschiedenen Lebensund Praxiserfahrungen zusammengekommen sind“, lautet ihr Fazit.
Dass die Qualifikation inspirierend wirkt, hat auch Edith Gärtner erlebt: „Es ist einfach toll, wenn Leute aus dem Kurs kommen und vor Ideen nur so sprudeln“, sagt die Sozialpädagogin und Leiterin des Erzieherteams an der Freiburger Tullaschule. Sie sieht das Weiterbildungsprogramm nicht nur als Hort kreativer Ideen, sondern auch als Bestätigung für die Betreuer. „Es gibt vielen noch einmal mehr Selbstbewusstsein, wenn sie merken, dass ihre Arbeit mit den Kindern Hand und Fuß hat.“ Gärtner freut sich über jeden, der mit neuen Anregungen zurück in die Schule kommt: „Wir greifen eine Menge auf, bei uns versickert nichts.“

* Name auf Wunsch der Teilnehmerin geändert  

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