Weihnachten ist das Fest der Familie, heißt es ganz selbstverständlich. Aber was ist mit denen, die in dieser besonderen Zeit allein sind oder es sich nicht leisten können, ein Fest auszurichten? Die internationale christliche Gemeinschaft Sant'Egidio lädt sie jedes Jahr zu einem feierlichen Weihnachtsmahl ein: mit einem Drei-Gänge-Menü, einem persönlichen Geschenk vom Nikolaus, Musik und Beiträgen.
Die Bewegung, die 1968 in der Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Rom gegründet wurde, hat sich den "drei Ps" verpflichtet, wie es Papst Franziskus einmal ausgedrückt hat: preghiera, poveri, pace (Gebet, arme Menschen, Frieden). Der damals 18-jährige Andrea Riccardi traf sich mit seinen Mitschülern, um im Evangelium zu lesen und nach Wegen zu suchen, es umzusetzen. Den Namen Sant'Egidio verdankt sie dem ehemaligen Karmelitinnenkloster im römischen Stadtviertel Trastevere, in den Anfangszeiten Treffpunkt zum Gebet und zum Bibellesen. In der dortigen Kirche, Santa Maria in Trastevere, begann 1982 auch das Weihnachtsmahl.
Darum findet das Mahl in einer Kirche statt
Matthias Leineweber, Sprecher der Gemeinschaft Sant’Egidio, erzählt, dass es "fast automatisch" entstanden sei. Schließlich kämen die Ehrenamtlichen das ganze Jahr über mit Menschen in Kontakt, denen es nicht so gut geht. Da lag es nahe, sie auch an Weihnachten einzuladen: "Wir sind Familie für die, die keine Familie haben", so der Würzburger Domvikar. Er unterstreicht die spirituelle Dimension: Das Mahl der Eucharistie und das Mahl mit den Armen gehörten zusammen. Aus diesem Grund finde es häufig auch in Kirchenräumen statt. Er selbst organisiert das Weihnachtsmahl in der Würzburger Marienkapelle.
Die 500 bis 600 Essen kocht ein Freund, der ebenfalls überzeugt von der Idee ist: der Chefkoch der Mensa der Universität. Dabei wird er von einem großen Team ehrenamtlicher Helfer unterstützt. Für das Essen werden Spenden gesammelt, wo es sich ergibt. Ist einer der aktuellen Helfer im Fußballverein, wird dort eine Weihnachtsaktion organisiert, um Geld zusammenzubekommen. Für die Geschenke werden zum Beispiel in Kaufhäusern sogenannte Charity-Bäume aufgestellt. Auf den daran hängenden Zetteln stehen Dinge wie ein Schal oder Spielzeug für Kinder in einem bestimmten Alter, die die Leute dann kaufen und zur Verfügung stellen können. Auf diese Weise komme genug zusammen, manchmal sogar mehr als genug, das dann im Lauf des Jahres verschenkt werden kann.
Das Weihnachtsmahl gibt es überall dort, wo sich Gruppen von Sant'Egidio treffen, um zu beten und bedürftige Menschen zu unterstützen. Inzwischen ist die Gemeinschaft in 70 Ländern aktiv. In Deutschland zählen unter anderem die Städte Berlin, München, Köln und Bremen dazu.
Zu den Gästen zählen Senioren und obdachlose Menschen, die in der Weihnachtszeit besonders unter Einsamkeit leiden, aber auch geflüchtete Familien oder Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Manche von ihnen würden schon Ende August nachfragen: "Vergesst mich nicht! Weihnachten bin ich doch wieder bei Euch?!". Unter den zahlreichen Helfern finden sich laut Leineweber erstaunlich viele junge Menschen. Manche Ehrenamtliche kämen nur an Weihnachten – für andere ist diese Gelegenheit der Startschuss für ein regelmäßiges Engagement. In Würzburg hilft eine Familie von der Großmutter bis zur Enkelin mit. Letztere hat Leineweber auch als Religionslehrer in der Schule. Das Mädchen hat ihm schon Bescheid gegeben, dass er wieder auf sie zählen könne.
Das Weihnachtsmahl gibt es überall dort, wo sich Gruppen von Sant'Egidio treffen, um zu beten und bedürftige Menschen zu unterstützen. Inzwischen ist die Gemeinschaft in 70 Ländern aktiv. In Deutschland zählen unter anderem die Städte Berlin, München, Köln und Bremen dazu.
Matthias Leinewerber freut sich, dass die Aktion auch andere inspiriert und inzwischen Nachahmer gefunden hätte. Für ihn drückt das Weihnachtsmahl, bei dem reichere und ärmere Menschen gemeinsam an einem Tisch sitzen, den "Traum des Evangeliums" aus und besitzt Strahlkraft: "Ich glaube, dass das in dieser Zeit mit so vielen Kriegen und auch Konflikten in unserer Gesellschaft noch einmal besonders aktuell ist, dass man sagt: Ja, wir können auch hier schon durch unseren kleinen Einsatz vor Ort, durch die Beziehungen und Freundschaften zu Menschen, denen es ihnen nicht so gut geht, Frieden stiften und das Zusammenleben fördern."
Wer als Helfer mitwirken will, kann sich hier melden und erfragen, wo in der Nähe ein Weihnachtsmahl stattfindet.