Fünf Jahrzehnte nach der Würzburger SynodeVon „Unserer Hoffnung“ lernen

Vor 50 Jahren fand die letzte Sitzungsperiode der Würzburger Synode statt. Auch wenn vieles unvollendet blieb: Allein für den Beschluss „Unsere Hoffnung“ hat sich der Aufwand gelohnt.

Wenn scheinbar nichts mehr hilft, wenn nichts vorangeht in den kirchlichen Reformdebatten, wenn man an den Lagerkämpfen zu verzweifeln droht – dann unbedingt Unsere Hoffnung lesen! Der letzte Beschluss der Würzburger Synode, wesentlich vom großen Johann Baptist Metz (1928–2019) verfasst, hat auch nach fünf Jahrzehnten nichts von seiner Strahlkraft und grundsätzlichen Bedeutung verloren.

Schon der Anfang schlägt einen in seinen Bann: „Eine Kirche, die sich erneuern will, muss wissen, wer sie ist und wohin sie zielt. Nichts fordert so viel Treue wie lebendiger Wandel. Darum muss auch eine Synode, die der Reform dienen will, davon sprechen, wer wir als Christen und Glieder dieser Kirche sind und was allen Bemühungen um eine lebendige Kirche in unserer Zeit zugrundeliegt.“ Da sitzt jedes Wort! Der Text hat bis ins Letzte austariert, wie sich Erneuern und Bewahren die Waage halten müssen – und dass vor allem die Verbindung zum Ursprung zu halten (oder gegebenenfalls wiederzugewinnen!) ist.

Das Dokument geht in fundamentaltheologischer Tradition von 1 Petr 3,15 aus: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ Ja, Hoffnung! Und zwar nicht irgendeine, sondern Hoffnung aus unserem Glauben als Christinnen und Christen heraus. In einem anderen Spitzenabschnitt ist das so formuliert: „‚Die Welt‘ braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. Und was wir ihr schulden, ist dies: das Defizit an anschaulich gelebter Hoffnung auszugleichen.“ Wow!

Kaum ein anderer kirchlicher Text seither hat die theologische und sprachliche Höhe von „Unsere Hoffnung“ erreicht. Woran liegt das eigentlich? Weil vielleicht schon alles gesagt ist? Und alle Neuformulierungen damit zwangsläufig eher blass sein müssen? Möglicherweise hat es aber auch mit der Haltung im Hintergrund zu tun. Johann Baptist Metz hat betont, Unsere Hoffnung wolle „die Glaubensinhalte nicht an den Widerständen der Zeit vorbei formulieren, sondern sie in den Lebenszusammenhang einbeziehen, und zwar gerade jene Wahrheiten, die zur Substanz unseres Credos gehören, heute aber besonders gefährdet oder gemieden erscheinen“. Diese Ausgewogenheit fehlt heute oft. Überspitzt gesagt, wollen die einen nur etwas „machen“, die anderen alles Gott überlassen und nirgends dran rühren. Es braucht aber beides, und dafür hatte „Würzburg“ ein feines Gespür.

Selbstverständlich, auch wenn der Beschluss Unsere Hoffnung bis heute heraussticht: Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (so der offizielle Titel) ist beileibe nicht nur eine Erfolgsgeschichte. Ähnliches gilt auch für die anderen Versammlungen, mit denen die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) in den jeweiligen Ortskirchen aufgegriffen wurden, zunächst in den Niederlanden, dann mit der Pastoralsynode in der DDR (1973–1975) sowie entsprechenden Prozessen in Österreich und der Schweiz. Was dort im Schwung (manche sagen: im Überschwang) formuliert wurde, hat Rom oft abgeschmettert oder einfach ignoriert. Erst in unseren Tagen lernt die Kirche Synodalität – ob sie das ohne die Anstöße von Würzburg und Co. so schaffen würde?

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