Im rund 4.000 Quadratmeter großen Areal in der Albertstraße/Habsburgerstraße nördlich der Freiburger Altstadt soll ein Neubau der Oberfinanzschule mit Tiefgarage errichtet werden. Das Areal liegt in der so genannten „Neuburg“, der ersten mittelalterlichen Stadterweiterung Freiburgs, die ab 1240 angelegt wurde und im Rahmen des Festungsbaus ab 1677 niedergelegt wurde. Da mit archäologischen Funden zu rechnen ist, werden seit Ende März 2025 sogenannte Rettungsgrabungen durchgeführt – fachlich begleitet vom Landesamt für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart.
Der zuständige Archäologe des LAD, Dr. Bertram Jenisch, berichtete: „Trotz der Überbauung durch das im 2. Weltkrieg zerstörte Universitätsklinikum haben sich die Laufhorizonte des frühen 13. Jahrhunderts weitgehend erhalten. Die Ausgrabung ermöglicht somit einen großflächigen Einblick in die im Mittelalter planmäßig angelegte Vorstadt Freiburgs“. Unter einem Laufhorizont, auch Gehhorizont genannt, wird in der Archäologie eine Grabungsschicht von Überresten einer Kultur verstanden, die als Laufoberfläche den früher lebenden Menschen diente.
Ziegelgasse entdeckt
Dr. Jenisch zufolge sei eine kleine Sensation schon die Lokalisierung des Straßenkörpers der Ziegelgasse: „Mittelalterliche Straßen sind in der Regel ortskonstant und daher durch moderne Straßenkörper sowie Versorgungsleitungen nachhaltig gestört. Aufgrund des veränderten Parzellenzuschnitts hat sich diese Straße jedoch erhalten“, so Jenisch. Zu beiden Seiten reihen sich die unterkellerten Steinbauten der hier einst wohnhaften Handwerker. Die bisher untersuchten Häuser unterscheiden sich deutlich von den Hausformen in der Innenstadt: „Sie sind weit weniger repräsentativ, haben keine zweigeschossigen Keller und sind für die Bedürfnisse ihrer Bewohner ausgerichtet“, erläuterte der Archäologe.
Laut Jenisch belegen die archäologischen Befunde, dass man im Zuge der Gründung der Neuburg unter Graf Konrad von Freiburg kurz nach 1240 sehr planmäßig vorgegangen ist. Zunächst wurde offenbar das Straßennetz festgelegt. Parallel dazu wurde mittels einer durchlaufenden Parzellenmauer ein „Gewerbegebiet“ abgegrenzt, die sogenannte „Allmend“. Der Raum zwischen Straße und Parzellenmauer wurde untergliedert und von den neuen Bewohnerinnen und Bewohnern bebaut. Die Gewerbeeinrichtungen und Öfen erstellte man – vermutlich aus Gründen des Brandschutzes – in der 42 Meter (130 Schuh) breiten Allmend.
Erstmals wurden im Zuge der Rettungsgrabung in Freiburg Töpferöfen zur Produktion der vor Ort verwendeten Keramik des 13. und 14. Jahrhunderts erfasst. „Einer der hier tätigen Handwerker hat sich im frühen 14. Jahrhundert offenbar auf die Produktion von Spielzeug aus Ton spezialisiert“, berichtete Dr. Jenisch. In einem Ofen fanden sich demnach zahlreiche Bruchstücke von kleinen Tonfigürchen: Frauen mit Kopfputz, Männer mit Hut und Tierfiguren.
Meldung Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart