Die Fundstelle wurde 1934 entdeckt und erstmals ausgegraben. Weitere umfangreiche Grabungen fanden in den 1980er Jahren statt. Die Ergebnisse der älteren Grabungen waren von Martin Mainberger im Rahmen seiner Dissertation ausgewertet und 1998 publiziert worden. Bei der Pfahlbausiedlung handelt es sich um ein „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ nach § 12 des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg sowie eine assoziierte Fundstelle des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“.
Im Zentrum der neuen Grabungen steht vor allem die Frage nach dem Erhaltungszustand der Pfahlbausiedlung. Schon in den 1980er-Jahren waren einige Bereiche der Fundstelle trockengefallen, wodurch die prähistorischen Hölzer nicht mehr überall erhalten waren. Der Klimawandel mit seinen trockenen Sommern dürfte die Situation weiter verschlechtert haben. 2024 wurden neue Pegel gesetzt, um den Wasserhaushalt besser zu verstehen. Weitere offene Fragen der Grabung betreffen die Ausdehnung und die Befestigung der Siedlung.
Umfangreiches Fundmaterial
Die Siedlung wurde 3738 vor Christus gegründet und bestand – wie viele Pfahlbauten – nur wenige Jahre, wie durch die Jahrringmessungen der gefundenen Hölzer nachgewiesen wurde. Sie bestand aus zwei Dutzend Häusern, deren Fußböden teilweise im feuchten Untergrund noch gut erhalten waren. Umfangreiche Abfallschichten, besonders am Nordrand der Siedlung, lieferten sehr viel Fundmaterial, darunter auch besondere Stücke wie einen der ältesten Kupferdolche aus Baden-Württemberg, Textilreste oder gut erhaltene Holzgefäße.
Kupferdolch-Klinge aus Reute-Schorrenried mit Rekonstruktion
LAD, Monika Erne
Die Bewohnerinnen und Bewohner waren gut vernetzt, sie hatten zum Beispiel Zugang zu Kupfer, zu bayerischem Plattenhornstein (270 Kilometer entfernt), und sogar zu italienischem Silex aus der Gardasee-Region. Ihre Keramik gehört zum Pfyn-Altheimer-Stil, der in Oberschwaben in dieser Zeit weit verbreitet war. Weitere Pfyn-Altheimer Pfahlbauten finden sich etwa im Steeger See (Gemeinde Aulendorf), auf der Halbinsel im Schreckensee (Gemeinde Wolpertswende), im Blinden See (Gemeinde Fronreute), im Königseggsee (Gemeinde Hoßkirch) und an einigen weiteren Orten bis ins westliche Allgäu.
Die Grabungen beginnen am 4. August und werden bis Ende September 2025 fortgeführt. Bei den Vorbereitungen wurde das LAD durch Institutionen, die Gemeinde und Privatpersonen unterstützt. „Wir danken allen für die gute und unkomplizierte Zusammenarbeit. Unser besonderer Dank geht an das Franziskanerinnen-Kloster Reute, das uns Unterkunftsmöglichkeiten und Infrastruktur angeboten hat, sowie an die Parzellenbesitzer und Pächter, die die Nutzung ihrer Grundstücke erlaubt haben“ sagt die Projektleiterin Dr. Renate Ebersbach vom LAD.
Führungen und offene Grabung
Anmeldungen für Führungen von Gruppen sind jederzeit möglich. Anfragen können per E-Mail an renate.ebersbach@rps.bwl.de und paul.scherrer@rps.bwl.de unter Angabe des gewünschten Termins (bevorzugt Montag bis Mittwoch vor 16 Uhr) und der ungefähren Teilnehmerzahl gerichtet werden.
Außerdem ist die Grabung am Dienstag, 19. August, und am Dienstag, 2. September 2025, jeweils von 15 bis 17 Uhr für alle Interessierten offen. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Die Grabung findet auf Privatgrund statt. Der Zugang ist nur bei Anwesenheit des Grabungsteams gestattet.
Meldung Regierungspräsidium Stuttgart