Heiligsprechung

Heiligsprechung ist ein Verfahren in der römisch-katholischen Kirche, das dafür sorgt, dass eine Person als heilig bezeichnet werden darf - mit dem also rechtsverbindlich erklärt wird, dass die Person als der Gemeinschaft der Heiligen zugehörig anerkannt wird.

Eine andere Bezeichnung für Heiligsprechung sind die Begriffe Kanonisierung und Kanonisation, was auf die besondere Verbindlichkeit (Kanon) des Verfahrens verweist. Der Heiligsprechung muss eine Seligsprechung vorausgehen. Ist eine Person heiliggesprochen, darf sie in der gesamten Weltkirche öffentlich verehrt und in der Fürbitte zu Gott angebetet werden. Im Fall einer Seligsprechung ist das beschränkt auf ein bestimmtes Bistum oder Land.

Mehr als nur der Glaube: Wer heilig gesprochen werden darf

Die Heiligsprechung kann nur nach einer Seligsprechung erfolgen. Normalerweise passiert das frühestens fünf Jahre nach dem Ableben einer Person. Es gibt allerdings Ausnahmen wie etwa im Fall von Papst Johannes Paul II.: Hier begann das Verfahren bereits nach 87 Tagen, die Seligsprechung erfolgte 2011, die Heiligsprechung im Jahr 2014. Voraussetzung für die Seligsprechung ist ein besonders gottgefälliges, tugendhaftes Leben. Außerdem muss die Person entweder eine Form der Märtyrerschaft durchlebt haben oder ein nachweisbares Wunder vollbracht haben. Für die Heiligsprechung ist der Nachweis eines weiteren Wunders erforderlich. Einige Menschen galten schon zu Lebzeiten als heilig. So wurde auch Johannes Paul II. schon vor seinem Tod von vielen Christen als heilig verehrt. Eine offizielle Heiligsprechung zu Lebzeiten ist allerdings nicht möglich. Die Heiligsprechung unterliegt außerdem strengen Abläufen und Überprüfungen durch unterschiedliche Instanzen.

Der Kanonisierungsprozess: Heiligsprechung funktioniert nach festen Regeln

Die Heiligsprechung ist an ein sogenanntes Kanonisierungsverfahren gebunden, das nach genauen Vorgaben geregelt ist. Eine letzte Revision erfolgte 1983, diese gilt bis heute. Das Kanonisierungsverfahren beginnt mit einem Antrag einer Ordensgemeinschaft, eines Bistums oder auch einer privaten Gruppe, eine bestimmte Person heiligzusprechen. Das zuständige Bistum sammelt daraufhin sämtliche verfügbaren Dokumente, Zeugenaussagen und biografischen Details, die diesen Antrag stützen. Bei einem positiven Bescheid werden die Dokumente weitergereicht an die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse in Rom, bestehend aus Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen, die vom Papst berufen werden. Der derzeitige Präfekt der Kongregation ist Marcello Semeraro. Dort wird der Antrag überprüft: Ein sogenannter Postulator bewertet sämtliche Unterlagen und Berichte zu Wundern, sammelt Schriften und Lebenszeugnisse der heilig zu sprechenden Person, vernimmt außerdem die Zeugen noch einmal persönlich. Er leitet in diesem Prozess der Kongregation weitere Informationen zu. Befindet diese, dass eine Person heiliggesprochen werden kann, werden die Dokumente einem Kirchenanwalt vorgelegt, der sie auf sämtliche möglichen Gegenargumente noch einmal überprüft. Die letzte Entscheidung trifft der Papst. Insgesamt dauern Kanonisierungsverfahren oft mehrere Jahrzehnte. Allerdings wurden die Bedingungen 1983 teilweise gelockert. So genügt zur Seligsprechung seitdem der Nachweis eines Wunders – statt vier.

Wie sich Wunder nachweisen lassen

Wunder sind starke, positiv überraschende Ereignisse, die sich wissenschaftlich nicht erklären lassen und deshalb in der katholischen Kirche auf ein, so Papst Franziskus, „klares Eingreifen des Herrn“ und, damit verbunden, auf die Fürsprache des Anwärters zurückführen lassen. Meistens handelt es sich um plötzliche Genesungen scheinbar unheilbar Kranker. Zur Beratung werden Ärzte hinzugezogen. Bestätigt die Ärztekommission die Unerklärbakeit der Heilung, dann gilt das als Nachweis, dass es sich um ein Wunder handeln könnte. Ein Beispiel ist Mutter Teresas Heilung eines Kranken von mehreren Hirntumoren im Jahr 2008, die später als Wunder eingestuft wurde und damit als Argument zur Heiligsprechung dienten.

Von Franz von Assisi bis Charles de Foucauld: Prominente Heilige

Zu den bekanntesten Heiligen gehören neben Mutter Teresa Personen wie Franz von Assisi, Hildegard von Bingen und Dominikus. Franz von Assisi, Begründer der Franziskaner-Bewegung, wurde bereits zwei Jahre nach seinem Tod 1226 heiliggesprochen. Er wurde bekannt als Märtyrer, trug nach einer Begegnung mit dem Gekreuzigten selbst Wundmale und gilt deshalb als einer der ersten Fälle von Stigmatisierung. Hildegard von Bingen wurde bereits zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt und gehört zu den wenigen weiblichen Beispielen von Personen, die ins Register der Kirchenlehrer aufgenommen und heiliggesprochen wurden. Ein Heiligsprechungsverfahren wurde bereits im 13. Jahrhundert eingeleitet, erst Papst Benedikt XVI. sprach sie 2012 aber tatsächlich heilig. Dominikus, Begründer des Dominikanerordens im Jahr, wurde dagegen bereits wenige Jahre nach seinem Tod 1234 heiliggesprochen. Ein neueres Beispiel von Heiligsprechung war die des französischen Mönchs und Priesters Charles de Foucauld, die im Jahr 2022 erfolgte. In den letzten Jahrzehnten nahm die Zahl der Heiligsprechungen zu. Allein Papst Johannes Paul II. vollzog 482 Heiligsprechungen. Rekordhalter ist Papst Franziskus, mit rund 900 Heiligsprechungen (Stand 2022), so viel wie bislang kein anderer Papst.

Isabel Barragán

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