Tischgebet

Das christliche Tischgebet hat seinen Ursprung im jüdischem Brauch, vor und nach einem Mahl einen Dank oder Lobpreis (hebr. beraka) auf Gott als Schöpfer aller Erdengaben zu sprechen (vgl. dazu Jesu Handeln beim Letzten Abendmahl: „...nahm er das Brot und sagte Dank, brach es und reichte es seinen Jüngern...“).

Die Christen übernahmen das Tischritual aus dem Judentum. Allerdings ging der Charakter des Dankes nach und nach verloren. Einen zentralen Stellenwert erhielt stattdessen die Bitte an Gott, die Gaben zu segnen. Auch die Form des Gebets veränderte sich: Man glich das Tischgebet immer mehr durch Psalmverse, Kyrie-Rufe und Orationen dem Stundengebet an. Schließlich wurde diese komplexe Form des Tischgebetes (benedictio mensae) selbst zu einem Bestandteil des vorkonziliaren Stundenbuchs. Von dort aus fand es Eingang in private und diözesane Gebet- und Gesangbücher und letztlich auch in das heutige deutschsprachige Benediktionale (Nr. 57). Im Familienleben konnte sich dieser komplizierte Gebetsritus nie durchsetzen.

Stattdessen beschränkte man sich am häuslichen Tisch auf das Vaterunser oder andere bekannte Volksgebete. Heute findet man im Buchhandel ein breites Angebot an Büchern mit bewährten und neuen Formen des Tischgebetes. Daneben erfreuen sich Holzwürfel, Kerzenständer, Karteikärtchen oder Kalenderblätter mit Gebetstexten einer bleibenden Beliebtheit. Insbesondere im Rahmen von kirchlichen Gruppentreffen ist das Anstimmen von Tischgesängen bzw. -kanons üblich. Übrigens: Das Zentrum jeder Eucharistiefeier bildet ein Tischgebet - das eucharistische Hochgebet.

Manuel Uder, Trier

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