Prostration

Das Niederwerfen kennen wir besonders vom Karfreitag. Hier ist es Ausdruck einer völligen Ohnmacht. Was da bei der Kreuzigung geschieht, überfordert unser Begreifen. Ebenso überfordert uns die Tatsache, dass wir Mitschuld daran tragen. Das nimmt uns so sehr mit, dass unser Körper versagt. Er stürzt in einer Ohnmacht zu Boden. So daliegend, können wir nichts anderes tun, als Gott um Hilfe bitten. In diesem Bewusstsein verrichtete das Mönchtum seine Gebete generell in liegender Haltung. Auch Jesus liegt, als er am Ölberg zu Gott betete, er möge ihm die Kreuzigung ersparen (Mt 26,39), die unabwendbar bevorsteht.

Bei ihren Weihen liegen Diakone, Priester und Bischöfe am Boden, weil sie zu dem mit ihrem Amt verbundenen Auftrag eigentlich gar nicht fähig sind. Während sie liegen, werden in der Allerheiligenlitanei die Heiligen angerufen - diese Fürsprecher und Helfer sollen die aus eigenem Antrieb Unfähigen aufrichten und ihnen Beistand geben, damit sie ihren Auftrag erfüllen können. Ähnlich erging es Saulus/Paulus: Als sich Jesus ihm gegenüber im Lichtglanz offenbarte, stürzte er vom Pferd und war erblindet (Apg 9,3-4.8-9). Er bedurfte der Handauflegung, um für den Auftrag Gottes sehend zu werden (Apg 9,10-18). Die Prostration ist aber auch eine Demutsgeste, stärker noch als das Knien, weil das Liegen die menschliche Körpergröße noch mehr verringert. So wirft sich der Beter, der das Haus Gottes betreten darf, aus Ehrfurcht nieder (Ps 5,8) - obwohl das Geschöpf vor seinen Schöpfer treten darf, erachtet es sich als so unebenbürtig gering, dass es nicht einmal mehr knien möchte. In der orthodoxen Tradition heißt das liegende Beten große Metanie.

Christoph Neuert, Hanau

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