Lamm

„Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters, …“, „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser“, „Seht das Lamm Gottes, …“ - allgegenwärtig ist das Lamm in der Sprach- und Bildwelt des christlichen Gottesdienstes. Es begegnet uns als Christussymbol allein in der Messfeier so oft, dass wir uns in der Regel kaum noch etwas dabei denken und uns deshalb auch der Zumutung kaum bewusst sind, die darin steckt.

Der Philosoph und Theologe Josef Pieper versuchte einmal mit einem persischen Studenten, dem er Deutschunterricht gab, einen Zeitungsartikel politischen Inhalts zu lesen, in dem es um „viele Opfer“ ging, die die Bevölkerung zu bringen habe. Pieper tat sich schwer, das Gemeinte klarzumachen. Schließlich griff man zum Wörterbuch. Das Gesicht des Studenten leuchtete auf. „Nun weiß ich endlich, was Sie meinen: ein Lamm schlachten.“

Hier liegt die Zumutung: Das Lamm steht wie eine Abkürzung für die Lebenshingabe Jesu, die ihn zum Kreuz führt. Diese Hingabe als das endgültige Paschaopfer zu deuten ist schon für Paulus Tradition: „Denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden.“ (1 Kor 5,7). Kann man so reden? Ja, weil auch wir davon leben, dass Gott in Jesus seine Liebe selbst im Angesicht seiner Verwerfung nicht zurückgenommen, sondern durchgehalten hat bis in den Tod der Verlorenheit. Aber weil dabei der Tod starb, dürfen wir an Ostern, am Sonntag, ja eigentlich in jeder Eucharistiefeier das Festmahl des Lammes feiern.

Martin Brüske, Freier Mitarbeiter des Liturgischen Instituts in Freiburg/Schweiz

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