Mit der Einführung des Festes reagierte der Papst 1925 auf die Krisen der Nachkriegszeit und setzte ein Zeichen gegen politische Ideologien. Das Fest sollte die universale Herrschaft Christi und den öffentlichen Orientierungsanspruch der Kirche hervorheben. Zugleich erinnert der König mit der Dornenkrone daran, dass die Kirche an der Seite der Erniedrigten stehen soll.

Anders als der profane Kalender, der die Tage des Jahres nach Wochen und Monaten ordnet, wird das Kirchenjahr durch heilsgeschichtliche Perioden rhythmisiert. Die leere und homogene Zeit wird so inhaltlich gefüllt: Der Advent orchestriert das vielstimmige Warten der Propheten Israels auf die Ankunft des Erlösers, Weihnachten feiert die Geburt des Kindes im Stall von Bethlehem, die Passions- und Osterzeit kreist um die Erinnerung von Kreuz und Auferstehung. Das Pfingstfest steht im Zeichen der Feuerzungen, die auf die Jünger herabkamen, das Evangelium in allen Sprachen zu verkünden. Es nimmt die babylonische Sprachverwirrung zurück.

Am Ende des Kirchenjahrs aber wird in eher dunklen Farben die Gerichtspredigt Jesu aufgerufen, bevor es in das leuchtende Finale des Christkönigsfests einmündet. Dieses "Ideenfest" ragt etwas fremd in unser demokratisches Zeitalter hinein, hat doch die Rede vom Himmelsfürsten und König einen royalistischen Beigeschmack. Schaut man allerdings auf die Quellen, stellt man fest, dass das Motiv des Königtums in den biblischen Schriften gut verankert und in der Liturgie des Kirchenjahres stark präsent ist: Schon im Advent werden die Königspsalmen und Propheten rezitiert, die auf das Kommen des "Friedensfürsten" hinweisen; das Fest Epiphanie stellt mit der Huldigung der Weisen aus dem Morgenland das universale Königtum des Erlösers heraus. Sichtbarer Ausdruck dafür ist die Darstellung Christi als "Pantokrator" mit Buch und Segensgestus in den Apsiden der Basiliken und auf den Ikonen der Ostkirche. Auch die Prozessionsliturgie am Palmsonntag inszeniert den Einzug des Friedenskönigs in Jerusalem. Christi Himmelfahrt gedenkt der Inthronisation des Auferstandenen zur Rechten des Vaters.

Nach dem Scheitern der päpstlichen Friedensdiplomatie im Ersten Weltkrieg und dem Untergang der Monarchien wollte der Papst die Rolle der katholischen Kirche als Orientierungsmacht stärken und dazu ein deutlich sichtbares Zeichen setzen.

Wenn das Christkönigsmotiv in Bibel und Liturgie allgegenwärtig ist, stellt sich die Frage, warum Papst Pius XI. 1925 ein zusätzliches Ideenfest Christkönig in den kirchlichen Kalender eingeführt hat. Die Antwort hängt mit den politischen Strömungen nach dem Ersten Weltkrieg zusammen: Nach dem Scheitern der päpstlichen Friedensdiplomatie im Ersten Weltkrieg und dem Untergang der Monarchien wollte der Papst die Rolle der katholischen Kirche als Orientierungsmacht stärken und dazu ein deutlich sichtbares Zeichen setzen. In das Sinnvakuum der europäischen Nachkriegsgesellschaften, in die weltanschaulich und politisch unübersichtliche Lage sollte die Erinnerung an den Friedenskönig für Familien, die Gesellschaft, aber auch die Politik orientierende Kraft entfalten.

Das Datum der Einführung des Festes ist von Pius XI. kalkuliert. Es fällt mit dem 1.600-Jahr-Jubiläum des Ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa zusammen. Dieses Konzil hatte im Jahr 325 die göttliche Würde Jesu Christi betont. Die Enzyklika von Pius XI. schließt daran an und erinnert an das nizänische Glaubensbekenntnis über Christus, in dem es heißt: "Cuius regni non erit finis – seines Reiches wird kein Ende sein."

Den öffentlichen Wahrheitsanspruch untermauern

Die Einführung des Christkönigfestes durch Pius XI. hat den Verdacht provoziert, der Papst habe eine antimoderne Theokratie befördern oder zumindest die Idee des katholischen Staates begünstigen wollen. Tatsächlich ging es ihm nicht nur um die geistliche Herrschaft Christi über die Herzen der Gläubigen, wie sie in der Herz-Jesu-Frömmigkeit seit dem 19. Jahrhundert gepflegt wurde. Es sollte der öffentliche Wahrheits- und Weltgestaltungsanspruch des Glaubens angemeldet werden. Vorbehalte gegenüber der parlamentarischen Demokratie, aber auch eine entschiedene Ablehnung des Bolschewismus verband Pius XI. mit Benito Mussolini. Als päpstlicher Nuntius in Warschau hatte er im Herbst 1919 den Vormarsch der Roten Armee miterlebt – eine traumatische Erfahrung. Mussolini hingegen hatte zwar als Sozialist mit antiklerikalen Überzeugungen begonnen. Als Führer der faschistischen Bewegung, die anfänglich mit Schlägertruppen gegen andersdenkende Politiker vorging, hatte der "Duce" allerdings eine überraschende Wende vollzogen. Schon in seiner ersten Rede im italienischen Parlament kündigte er an, die Privilegien der Katholischen Kirche wiederherstellen zu wollen.

Dies war ein Schachzug, den Papst zu bewegen, zur italienischen Volkspartei, die im politischen Spektrum bislang kirchliche Interessen vertreten hatte, auf Distanz zu gehen und den Aufstieg der faschistischen Bewegung in Italien nicht zu blockieren. Die Charme-Offensive Mussolinis vermochte die Vorbehalte des Heiligen Stuhls gegenüber der faschistischen Bewegung auszuräumen und führte zu einer engen, aber keineswegs immer konfliktfreien Kooperation. Die sichtbarste Frucht dieser unheiligen Allianz waren die Lateran-Verträge vom Februar 1929. Die Katholische Kirche erhielt den Status einer Staatsreligion. Mussolini erwartete im Gegenzug, dass sich die Kirche aus Fragen der Politik heraushalte – eine Erwartung, die Pius XI. in den 1930er Jahren nicht mehr erfüllen konnte und wollte.

Wider die "Pest des Laizismus"

Auch im deutschen Kontext sympathisierten kirchliche Würdenträger und Theologen offen mit einem katholischen Staat und redeten abschätzig über das "dekadente Parteiengezänk" in der Weimarer Republik. Krisendiagnosen beschworen die Gefahren des Liberalismus, des Individualismus und des Zerfalls der Werte. Die Glaubensgemeinschaft der Kirche, ihre hierarchische Ordnung sowie ihre am Gemeinwohl orientierte Soziallehre wurden dagegen in Stellung gebracht. Pius XI. warnt in seiner Enzyklika zur Einführung des Christkönigsfests vor der "Pest des Laizismus" und betrachtet die Kirche als belagerte Zitadelle. Er äußert den provozierenden Gedanken, "dass ‚Untergebene‘ erst dann ihren Staatslenkern Gehorsam schuldig seien, wenn diese das Wohl aller und die menschliche Würde des Einzelnen beachteten". Im liturgischen Formular des Christkönigsfestes heißt es, dass "alle Familien der Völker" sich dem Reich Christi beugen mögen. Die Bitte wurde durch die postkonziliare Liturgiereform geändert, die Absage an jede Form von Rassismus, die im Motiv der einen völkerübergreifenden Menschheitsfamilie liegt, ist indes nach wie vor aktuell.

Bemerkenswert ist, dass das Fest ab den 1930er Jahren eine andere, noch stärker theologiepolitische Wirkung entfaltete. Denn zwischen den beiden Weltkriegen reiften die politischen Ideologien heran. In der Weimarer Republik, aber auch in Italien, Portugal und Spanien bildeten sich unterschiedliche Formen des Faschismus aus. Auf den Trümmern des russischen Zarenreichs hatte ab 1917 bereits der Sowjetkommunismus ein totalitäres Regime errichten können. Gegen diese politischen Versuche, ein Reich Gottes ohne Gott zu installieren, setzte der öffentliche Kult der Kirche einen Kontrapunkt und rückte Christus, den König der Völker und Herrscher über alle Herrscher, ins Zentrum. Die Frömmigkeit wurde zur Quelle des Widerstandes gegen den totalen Staat.

Erst durch die Veröffentlichung der Enzyklika Mit brennender Sorge gab Pius XI. seine Zurückhaltung auf und prangerte öffentlich die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus an, ohne indes die Judenverfolgung ausdrücklich zu erwähnen.

Diese Verschiebung schlug sich auch in pontifikalen Stellungnahmen nieder. Pius XI. kritisierte bereits 1931 die faschistische Staatsauffassung in Italien als "heidnische Staatsvergottung" und wandte sich gegen die politische Unterwanderung der Katholischen Aktion, die er als wichtigstes Instrument für die Christianisierung Italiens betrachtete. Nach der Machtergreifung Hitlers wahrte der Papst zunächst diplomatische Zurückhaltung, auch weil im Juli 1933 das Konkordat mit dem Deutschen Reich unterzeichnet werden konnte, das der katholischen Kirche weitreichende Bestandsgarantien zusicherte. Romano Guardini hingegen publizierte 1933 einen Aufsatz mit dem Titel "Christus, unser Führer" und stellte den totalitären Herrschaftsanspruch Hitlers infrage. Der Heilige Stuhl reagierte zurückhaltender, besonders Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli suchte offene Kritik am NS-Regime zurückzuhalten. Erst durch die Veröffentlichung der Enzyklika Mit brennender Sorge am Passionssonntag 1937 gab Pius XI. seine Zurückhaltung auf und prangerte öffentlich die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus an, ohne indes die Judenverfolgung ausdrücklich zu erwähnen, wie es Edith Stein in einem Brief an den Papst gefordert hatte:

Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat, oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt. (Mit brennender Sorge, Art. 12)

Neben der Kritik an Formen der politischen Idolatrie äußert sich Pius XI. ausdrücklich gegen den Nationalismus und Rassismus:

Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, von einem nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen, können den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer aller Welt, den König und Gesetzgeber aller Völker, vor dessen Größe die Nationen klein sind wie Tropfen am Wassereimer, in die Grenze eines einzelnen Volkes, in die blutmäßige Enge einer einzelnen Rasse einkerkern zu wollen. (Mit brennender Sorge, Art. 15)

Kirchlicher Triumphalismus?

Die deutlichen Vorbehalte der Enzyklika gegenüber dem Nationssozialismus fanden im Kirchenvolk partiell Resonanz. Katholische Jugendverbände setzten am Christkönigssonntag öffentliche Zeichen gegen den Führerkult im Dritten Reich. Auch nach dem so genannten Anschluss Österreichs an das Dritte Reich demonstrierte die Katholische Jugend ihre Absage an Hitler, indem sie im Oktober 1938 nach einer Andacht im Wiener Stephansdom "Christus ist unser Führer!" skandierte. Als Mussolini für Italien im November ebenfalls judenfeindliche Rassengesetze erließ, protestierte Pius XI. in der Weihnachtansprache von 1938 – einen Protest, den er in einer geplanten, aber nicht mehr veröffentlichten Enzyklika Humani generis unitas konkretisieren wollte. Schon vorher hatte er "die jüngste Apotheose eines Kreuzes in Rom, das nicht das Kreuz Christi ist" öffentlich beklagt.

Die Liturgie des Christkönigsfests memoriert aus der Johannes-Passion, wie der römische Statthalter Pilatus den durch die Tempel-Aristokratie angeklagten Jesus befragt: "Bist du der König der Juden?" Dieser bejaht – und verneint zugleich.

Pius XI. stellte vor 100 Jahren die universale Königsherrschaft Jesu Christi heraus und relativierte dadurch Formen politischer Autokratie. Das Christkönigsfest steht bis heute unter Verdacht, kirchlichen Triumphalismus zu befördern und die Niedrigkeit des Gekreuzigten zu vergessen. Mit elitärem Dünkel hatte schon Carl Schmitt in seiner Verfassungslehre von 1928 geschrieben, dass in der Öffentlichkeit "Worte wie Größe, Hoheit, Majestät, Ruhm, Würde und Ehre" Platz haben, "etwas Totes, etwas Minderwertiges oder Wertloses, etwas Niedriges" aber nicht repräsentiert werden könne. Gegen eine solche Glorifizierung von Macht und Majestät steht nicht nur der Einspruch Walter Benjamins, die Siegergeschichtsschreibung gegen den Strich zu bürsten und die "Tradition der Unterdrückten" zu stärken. Schon biblisch ist die subversive Erhöhung des Erniedrigten ein fester Topos. Im Magnificat heißt es: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen" (Lk 1,52). Die klassischen Kategorien des Königtums – Macht, Hoheit und Glanz – werden hier durchkreuzt und mit der Wirklichkeit von Ohnmacht, Niedrigkeit und Armut semantisch zusammengebunden.

Die Liturgie des Christkönigsfests memoriert aus der Johannes-Passion, wie der römische Statthalter Pilatus den durch die Tempel-Aristokratie angeklagten Jesus befragt: "Bist du der König der Juden?" Dieser bejaht – und verneint zugleich. Er ist König, aber nicht in dem Sinne, wie Pilatus den Titel versteht. Einerseits macht Jesus sich durch die Beanspruchung eines von Rom nicht legitimierten Königtums des Todes schuldig. Andererseits fügt er einen Vorbehalt an: "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier." (Joh 18,36)

Erinnerung an die Erniedrigten und Entrechteten

Dennoch bestätigt Jesus, dass er ein König sei und in die Welt gekommen sei, um für die Wahrheit als Zeuge aufzutreten (vgl. Joh 18,17). Diese Aussage, die der Macht der Starken den Maßstab der Wahrheit entgegensetzt, provoziert die berühmte Rückfrage des Pilatus: "Was ist Wahrheit?" – eine rhetorische Strategie, dem Wahrheitszeugnis Jesu auszuweichen. Gleichwohl hält Pilatus Jesus für unschuldig – und versucht, den "König der Juden" freizugeben. Vergeblich. Was folgt, ist bekannt. Die Soldaten flechten eine Dornenkrone und legen Jesus einen Purpurmantel um – eine gezielte Persiflage der königlichen Insignien. Sie spotten: "Heil dir, König der Juden!" (Joh 19,3).

Die Kirche, die am Christkönigsfest der Erhöhung des Gekreuzigten gedenkt und den Triumph des verfolgten Wahrheitszeugen feiert, steht in der Pflicht, sich selbst an die Seite der Erniedrigten zu stellen. 

Darauf stellt Pilatus den entstellten König dem Volk vor und spricht: "Ecce homo – seht, was für ein Mensch!" (Joh 19,5) Er setzt auf das Mitleid mit dem Geschlagenen, vergeblich. Am Ende lässt er über dem Kreuz auf Hebräisch, Griechisch und Lateinisch die Anschrift anbringen: "Jesus von Nazareth, der König der Juden." (Joh 19,19) Die drei Sprachen der Epoche zeigen den universalen Anspruch des Königtums Christi an.

Der König mit Dornenkrone wird zum Emblem, in dem sich die Opfer von Gewalt wiedererkennen können. Er steht für die Würde der Entwürdigten. Die Kirche, die am Christkönigsfest der Erhöhung des Gekreuzigten gedenkt und den Triumph des verfolgten Wahrheitszeugen feiert, steht in der Pflicht, sich selbst an die Seite der Erniedrigten zu stellen. Im Antlitz der Entrechteten leuchtet die königliche Würde Christi. Auch heute.

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