Ästhetisch gesehen ist der Teufel eine attraktive Figur. In der berühmten Verfilmung von Goethes "Faust" zum Beispiel war der Mephisto des Gustav Gründgens (1960) ungleich wirkungsvoller als der Faust von Will Quadflieg.
Das gilt auch für den kürzlich in die Kinos gekommenen Film "Der Meister und Margarita", wo August Diehl grandios den Teufel Voland spielt. Dieser Teufel stürzt das Moskau der 1930er Jahre in eine mittlere Katastrophe. Unbescholtene Bürger laufen halbnackt über die Straße, das Vereinslokal der Schriftsteller geht in Flammen auf, der Chef einer bedeutenden Zeitschrift gerät unter die Straßenbahn, ein unbeschreibliches Chaos breitet sich aus.
Das Drehbuch des Films hält sich eng an den gleichnamigen Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow, der schon 1940 im Alter von 48 Jahren starb. Das Buch gilt als Höhepunkt der antistalinistischen satirischen Literatur und konnte erst nach Bulgakows Tod vollständig erscheinen.
Hier mischt sich der Teufel ein. Ob sie Atheisten seien? Natürlich, lautet die Antwort. Voland, der als elegant gekleideter Herr geschildert wird, amüsiert sich und sagt: Selbstverständlich gebe es Jesus, er selbst sei ihm ja mehrfach begegnet.
Teuflische Gerechtigkeit
Das vorangestellte, dem "Faust" entnommene Motto lautet: "Nun gut, wer bist du denn? – Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft." So ist auch der Teufel Voland nicht durchweg böse. Indem er die Korruptheit, die Eigensucht, die Geldgier der Menschen aufdeckt und sich zunutze macht, sorgt er unwillentlich für eine ausgleichende Gerechtigkeit. Gleich zu Beginn belauscht Voland das Gespräch zweier Schriftsteller, die auf einer Bank an den Moskauer Patriarchenteichen sitzen. Der jüngere hat ein antireligiöses Poem geschrieben, das dem älteren missfällt. Es gehe nicht darum, ob Jesus ein guter oder ein schlechter Prophet gewesen sei, sondern darum, dass er überhaupt nicht existiert habe.
Hier mischt sich der Teufel ein. Ob sie Atheisten seien? Natürlich, lautet die Antwort. Voland, der als elegant gekleideter Herr geschildert wird, amüsiert sich und sagt: Selbstverständlich gebe es Jesus, er selbst sei ihm ja mehrfach begegnet. Und er fragt: Wer denn nach Ansicht der Atheisten den Lauf der Dinge bewirke? Ganz klar, der Mensch, lautet die Antwort. Da lacht der Teufel und sagt voraus, dass der ältere Schriftsteller keineswegs heute Abend wie geplant eine Sitzung des Schriftstellerverbands leiten werde. In Kürze nämlich werde er wegen eines versehentlich verschütteten Sonnenblumenöls ausrutschen und unter die Straßenbahn fallen, so dass ihm der Kopf abgetrennt werde. So kommt es denn auch.
Berühmte Satire auf den Sozialismus
"Der Meister" ist der Kosename für den Autor, den ihm seine Geliebte, die schöne Margarita, verliehen hat. Er hat einen Roman über Pontius Pilatus geschrieben. Darin wird erzählt, dass dieser mit dem verhafteten Jesus in ein intensives Gespräch gerät. Die Sanftmut und die Menschenfreundlichkeit dieses seltsamen Menschen berühren ihn so sehr, dass er sich geneigt fühlt, ihn vor der Kreuzigung zu retten. Allein, Pilatus fühlt sich unter politischem Druck und stimmt dem von Kaiphas verlangten Todesurteil zu, aus purer Feigheit und Schwäche. Stattdessen lässt er den Verräter Judas von seinem Geheimdienstchef ermorden.
Der Film wurde schnell zum umsatzstärksten Film, der jemals in die russischen Kinos kam. Der Regisseur Michael Lockshin, der sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen hatte, musste das Land verlassen. Wer die Chance hat, den Film zu sehen, sollte sie ergreifen.
Die sowjetische Zensur verhindert die Publikation des Pilatus-Romans, der Meister wird in eine Nervenklinik eingewiesen. Margarita hingegen verwandelt sich in eine Hexe und wird Ballkönigin an der Seite des charmanten Teufels. Das Ende der Geschichte sei jenen verschwiegen, die den berühmten Roman noch nicht kennen. Er war seinerzeit berühmt, weil er das Elend des real existierenden Sozialismus aufs Korn nahm: nicht allein die Versorgungsnöte und den Wohnungsmangel, sondern auch die von oben verordnete Weltanschauung, die alles Religiöse verdammte.
Ist Bulgakow Christ gewesen?
Ist Bulgakow Christ gewesen? Schwer zu sagen. Seine Interpretation der Kreuzigung und der Rolle des Pilatus ist eigenwillig und weicht von der biblischen Überlieferung deutlich ab. Dass es ein Jenseits gibt, wo die Toten in irgendeiner Weise noch existieren, das scheint er geglaubt zu haben. Dass es den Teufel gibt, der das Böse hervorlockt und nach Kräften befördert, davon war er überzeugt, nicht zuletzt aus eigener bitterer Erfahrung.
Der erwähnte Film, eine russische Produktion, zeugt von einer hohen technischen und schauspielerischen Professionalität. Er wurde schnell zum umsatzstärksten Film, der jemals in die russischen Kinos kam und spielte mehr als zwei Milliarden Rubel ein. Der Regisseur Michael Lockshin, der sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen hatte, musste das Land verlassen. Im Westen fiel der Film zunächst den Sanktionen zum Opfer, wurde erst Anfang 2024 gezeigt und kam vor einigen Wochen in eine Handvoll deutscher Kinos. Wer die Chance hat, ihn zu sehen, sollte sie ergreifen.