Mittelalter unterm Schweinestall: Ausgrabungen auf der Vorburg von Burg Hülshoff

Unter der Vorburg der Burg Hülshoff in Havixbeck (Kreis Coesfeld), dem Geburtshaus der Dichterin Annette von Droste Hülshoff (1797-1848), haben Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) Überreste eines Kellers aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert gefunden. Einziger Fund war der Fuß eines dreibeinigen Bronze-Topfes.

Luftaufnahme der Burg Hülshoff. Zwei durch einen mit Wasser gefüllten Burggraben getrennte Gebäudeteile umgeben von Wald
Blick von Osten auf Burg Hülshoff. Auf der linken Bildseite weisen Gerüste und Abstützungen auf die aktuellen Arbeiten auf der Vorburg hin. Die archäologischen Untersuchungen fokussieren sich derzeit dort auf Bodeneingriffe im Gebäudeinneren.© LWL/Rudolf Klostermann

Der ehemalige Keller wurde nach einem Brand im 13. Jahrhundert verfüllt, also in einer Zeit, bevor Schriftquellen detaillierte Informationen über die Entstehungsgeschichte der Burg Hülshoff geben. "Hier sind die archäologischen Quellen und deren sorgfältige Dokumentation wichtig, da nur sie uns weitere wichtige Informationen zur Entwicklung dieses überregional bedeutenden Ortes liefern können", so LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, gleichzeitig Vorstandsvorsitzende der Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung.

Zum Zustand der Wasserburg vor 1540 ist über die Schriftquellen kaum etwas bekannt. 2019 konnten auf dem Areal der Vorburg Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen eine Gräfte des 11./12. Jahrhunderts als frühe Befestigung dokumentieren.

Aktuelle Untersuchungen - Keller, Fundamente und ein Topf

Bauarbeiten auf der Vorburg von Burg Hülshoff machen aktuell archäologische Untersuchungen nötig. Denn das im 20. Jahrhundert landwirtschaftlich genutzte Gebäude will jetzt das Center for Literature (CfL) bespielen. Der Umbau zum Schweinestall führte seinerzeit zu tiefgreifenden Bodeneingriffen, im Rahmen der archäologischen Begleitarbeiten zeigten sich zahlreiche Spuren aus der Frühzeit der Anlage.

Neben weiteren Informationen zur ehemaligen Gestalt der Vorburginsel und des Gräftenverlaufs konnte das Grabungsteam Spuren von Pfosten ausmachen, die einst eventuell als Umwehrung gedient haben.

Der ehemalige Keller hatte vermutlich Wände aus Holzbohlen. Sein Ende fand der Keller nach einem Brand, wie mächtige Holzkohleschichten und gebrannter Lehm deutlich zeigen: Nachdem das ehemalige Gebäude über dem Keller abgebrannt war, wurden dessen Überreste offenbar teilweise in der nun unbrauchbar gewordenen Kellergrube entsorgt oder stürzten im Zuge des Brandereignisses hinein. "Das keramische Fundmaterial aus dem Befund weist auf eine Verfüllung im 13. Jahrhundert hin", erläutert Grabungstechniker Rudolf Klostermann die Datierung.

Auf den Brandschichten lag der Fuß eines Grapens (dreibeiniger Topf) aus Bronze. Defekte an diesen wertvollen Gefäßen wurden früher eigentlich repariert oder alles wieder eingeschmolzen. Vielleicht führten die Umstände des Brandes dazu, dass das Objekt verloren ging und dort liegen blieb.

Fragment aus Bronze mit Maßstab
Verloren gegangen und geblieben: Dieser abgebrochene Fuß war im Mittelalter Bestandteil eines Bronzegrapens. Aktuell befindet er sich zur Bearbeitung in der Restaurierung der LWL-Archäologie. © LWL/Sebastian Pechtold


Die Forscher fanden auch mehrere Fundamente, Bau- und Ausbruchgruben von Vorgängerbauten. Sie zeugen von der wechselhaften Geschichte der Burg Hülshoff mit ihren vielen Um-, Neu- und Ausbauten über mehrere Jahrhunderte hinweg. Im Gegensatz zum Keller können diese Spuren allerdings im Rahmen des Neubauvorhabens erhalten bleiben. Prof. Dr. Michael Rind, Chefarchäologe des LWL: "Künftige Generationen erhalten so die Möglichkeit - mit noch besseren Methoden - mehr über die Vergangenheit dieser für das Münsterland und darüber hinaus so wichtigen Anlage zu erforschen."

Archäologische Ausgrabung mit zwei rechteckigen Grabungsschnitten im Boden, in denen sich Steinfundamente befinden
Für einen möglichst großen Erkenntnisgewinn wird der ehemalige Keller im Kreuzschnittverfahren dokumentiert. Die Stratigraphie zeigt, dass die Fundamente auf der linken Bildseite den Keller schneiden und somit jünger sein müssen. Das Beton-/Backsteinfundament auf der rechten Bildseite ist mit einer Bebauung im 20. Jahrhundert in Verbindung zu bringen. © LWL/Birgit Grundmann

Hintergrund: Vom Haus "tor Kulen" zum "Center for Literature"

Burg Hülshoff gilt als identisch mit dem Haus "tor Kulen", das bereits vor 1349 im Besitz der Herren von Schonebeck war. 1417 wurde der Besitzkomplex von der Familie von Deckenbrock erworben. Dieses Geschlecht war seit 1266 im Besitz des domkapitularischen Drostenamtes und nannte sich in der Folgezeit von Droste-Hülshoff.

Unter Heinrich I. von Droste-Hülshoff wurde der Kernbestand der heute noch bestehenden Hauptburg errichtet. Deren zentraler Bestandteil ist das Herrenhaus, welches zwischen 1540 und 1545 erbaut und 1789 tiefgreifend umgestaltet wurde. Die Hauptburg ist im Süden über eine Brücke mit der Vorburg verbunden.

Die Wirtschaftsgebäude der Vorburg wurden in den 1580er Jahren um den sogenannten Hundeturm im Südwesten ergänzt und mit hohen Mauern umgeben. Aufgrund von Belagerungen und Plünderungen im Spanisch-Niederländischen Krieg und im Dreißigjährigen Krieg wurde die Befestigung verstärkt. 1627/28 und auch um das 19./20. Jahrhundert folgten Sanierungen und Neubebauungen, unter anderem um die Wirtschaftsgebäude auf der Vorburg dem jeweiligen Zweck anzupassen. Die Burg Hülshoff ist seit 1989 in die Denkmalliste der Gemeinde Havixbeck eingetragenes Baudenkmal, seit 2010 eingetragenes Bodendenkmal.

Die 2012 gegründete, gemeinnützige Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung ist die Trägerin unter anderem von Burg Hülshoff (Geburtsstätte der Dichterin im Jahr 1797) und damit auch des Center for Literature (CfL). Seit vielen Jahren wird der Ausbau der Burg Hülshoff zu einem Literatur- und Kulturzentrum vorangetrieben. In diesem Zuge ist auch eine bauliche Neugestaltung der Vorburg und der Ökonomiegebäude vorgesehen, archäologische Untersuchungen gibt es seit 2016.

Meldung LWL

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