Die Lage des aufwendig errichteten Weges weist bereits auf seinen Ursprung im Mittelalter hin. Die Fachleute hoffen nun mit Hilfe von Dendrochronologie das genaue Jahr zu ermitteln, in dem die verwendeten Bohlen gefällt wurden. Schon jetzt zeigt sich, dass die Bohlen direkt auf dem anstehenden Boden verlegt wurden. Ältere Kulturschichten konnten unterhalb des Bohlenweges nicht mehr dokumentiert werden.
Möglicherweise deutet sich mit dem planmäßig angelegten Weg ein weiteres Element der Stadtgründung Rietbergs um oder bald nach der Mitte des 13. Jahrhunderts an. Die Lange Straße bildete in Rietberg wohl schon seit dieser Zeit die Hauptverkehrsachse durch die Rietberger Altstadt.
Frühere Annahmen bestätigt
Bereits im Sommer 2022 konnten Ausgrabungen in der Sennstraße anhand von Dendrodaten eines Brunnens zeigen, dass die Besiedlung Rietbergs auch im äußersten Südteil der Altstadt bereits 1256 einsetzte. In diesem Sommer haben die Untersuchung am Klingenhagen die Erkenntnis bestätigt, dass Rietberg innerhalb weniger Jahre nach ihrer Gründung vollflächig bebaut war. Es war Graf Konrad I. von Rietberg (nach 1203 bis 1284/94), der die Stadt um die Mitte des 13. Jahrhunderts gründete und in diesem Zuge wahrscheinlich nicht nur eine Stadtbefestigung errichten ließ, sondern auch die Lage der Straßen festlegte.
LWL-Archäologe Dr. Sven Spiong hofft hier auf eindeutige Nachweise im Zuge der weiteren Auswertung: "Die Dendrodaten der verlegten Bohlen werden klären, ob die Errichtung des Bohlenweges auf der Nord-Süd-Achse durch die Altstadt, die jeweils zu den Stadttoren führten, auf die Gründung der Stadt zurückzuführen ist."
Im feuchten Boden gut erhalten
Die Anlage eines Bohlenweges war insbesondere im tieferliegenden Südteil der Altstadt notwendig, um einen potentiellen Überschwemmungsbereich der Ems trockenen Fußes passieren zu können. Noch bis heute sorgt der ständig durchfeuchtete Untergrund in 1,50 Meter Tiefe für die guten Erhaltungsbedingungen der Bohlen. Sonst wäre das Holz längst vergangen.
Den Experten der LWL-Archäologie für Westfalen ist aber auch eine bis zu 50 Zentimeter mächtige, fast sterile Schicht direkt über dem Bohlenweg aufgefallen. Dabei handelt es sich nicht - wie häufig in anderen mittelalterlichen Städten - um Abfallschichten, die sich zum Beispiel aus den Überresten von Misthaufen gebildet haben. Sie türmten sich zeitweise vor den Häusern und sind sonst vielversprechende Fundgruben für Archäologen.
Erst weitere Untersuchungen werden ermitteln können, ob diese Schicht aus Ablagerungen in Folge eines Hochwassers oder einer Auffüllung besteht. Um eine eindeutige Aufschüttung handelt es hingegen im Bereich um den obersten Meter bis zum heutigen Straßenniveau, auch wenn diese Schicht durch Straßenbaumaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte im Bereich der Langen Straße "vollständig gestört" ist. Denn anhand der Ausgrabungen in der Sennstraße und im Klingenhagen konnte festgestellt werden, dass der oberste Meter eine Sandaufschüttung im Zuge der neuen Stadtbefestigung im 17. Jahrhundert darstellt. Auf diesem heutigen Straßenniveau liegen auch die Schwellen der barocken Fachwerkhäuer entlang der anschließenden Sennstraße, des Klingenhagen und auch - sofern erhalten - entlang der Langen Straße.
Meldung LWL