Erste Keramikfragmente konnten in dem unscheinbaren Waldstück südlich des Steffelensbergs bereits vor 17 Jahren durch einen ehrenamtlich Beauftragten des LAD geborgen werden. Die Funde – darunter Teile von sogenannten Wackelbodentöpfen, Henkeln und Ausgusstüllen sowie zahlreiche Fehlbrände – deuteten damals bereits auf einen im Hochmittelalter wirtschaftenden Töpfereibetrieb hin. Die Frage, wie genau dieser Betrieb ausgesehen hat, ist Gegenstand der aktuellen Grabungen des LAD. Naturwissenschaftliche Voruntersuchungen haben ergeben, dass an dieser Stelle einst mehrere Keramikbrennöfen in Betrieb waren – ob zeitgleich oder zeitlich versetzt, ist derzeit noch unklar.
Fehlbrände hochmittelalterlicher Töpfe und Kannen der älteren grauen Drehscheibenware, teilweise durch den Brand deformiert oder unzureichend hart gebrannt.
© Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/M. Loew
Unterschiedliche Untersuchungsmethoden auf dem Prüfstand
Im Zuge der aktuellen Grabungskampagne wurde einer dieser Öfen von April bis Juli 2025 komplett ausgegraben und dokumentiert. Ziel dieser Untersuchungen war es zum einen, eine innovative geophysikalische Methode – die Messung der magnetischen Suszeptibilität – zu testen.
„Mit dieser Methode können wir die Größe des Töpferofens bereits vor der Ausgrabung ermitteln. Man misst dabei, wie stark ein Material auf Magnetfelder reagiert, wobei erhitzte Materialien eine stärkere Reaktion zeigen. Gezielte Messungen können so Bereiche identifizieren, die durch Hitze beeinflusst worden sind, woraus sich wiederum die Ausdehnung der Töpferöfen ableiten lässt“, erklärt die Fachreferentin für Geophysikalische Prospektion am LAD, Dr. Natalie Pickartz.
Zum anderen sollte erstmals ein Töpfereistandort für ältere graue Drehscheibenware mittels einer archäologischen Ausgrabung genauer untersucht und historisch eingeordnet werden. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der exemplarischen Untersuchung der Töpferöfen zur Klärung ihrer Konstruktions- und Funktionsweise. Neben aussagekräftigem Fundmaterial für die Bestimmung des vor Ort produzierten Formenspektrums wurden auch Proben für naturwissenschaftliche Untersuchungen entnommen. Außer der etablierten Radiokarbon- oder 14C-Methode kommt hierbei die sogenannte Thermolumineszenzdatierung (kurz „TL-Datierung“) zum Einsatz, mit der sich das Alter von zum Beispiel Keramik näherungsweise bestimmen lässt.
Olaf Goldstein, für Pfaffenhofen zuständiger Fachreferent der Mittelter- und Neuzeitarchäologie am LAD, sagt hierzu: „Man macht sich bei dieser Methode zunutze, dass sich in Kristallen wie Quarz oder Feldspat im Laufe der Zeit winzige Mengen an Energie aus der natürlichen Radioaktivität sammeln. Wenn man das Material im Labor stark erhitzt, wird diese gespeicherte Energie in Form von Licht frei. Aus der Menge des freigesetzten Lichts lässt sich dann der Zeitpunkt berechnen, zu dem das Material zuletzt erhitzt wurde – zum Beispiel beim Brennen von Keramik.“
Erste Ergebnisse
Auch wenn die Befunde und Funde noch eingehend aufgearbeitet und ausgewertet werden müsse, zeichnen sich vor allem zur Konstruktions- und Funktionsweise der Brennöfen bereits spannende Ergebnisse ab. „Bei dem untersuchten Exemplar handelt es sich um einen sogenannten stehenden Ofen mit vorgelagerter Arbeits- beziehungsweise Bediengrube. Die ebenfalls zur Konstruktion gehörende Schlitztenne, welche Feuerungs- und Brennraum trennte, dürfte wohl aus beweglichen Steinen, Tonobjekten oder sogar Gefäßen (Fehlbränden) bestanden haben. Bei dem aus dem Brennraum geborgenen, umfangreichen Fundmaterial handelt es sich um teils stark deformierte Töpfe und Kannen der älteren grauen Drehscheibenware, die sich zeitlich in das 11. und 12. Jahrhundert einordnen lässt“, erläutert Dr. Robin Dürr, Referent für Mittelalterarchäologie am LAD.
„Stehende Öfen prägen in Baden-Württemberg vom 5. bis 13. Jahrhundert das Bild. Für die Phase des 10. und 11. Jahrhunderts wurden jedoch, wie in den benachbarten Regionen, bislang nur wenige Beispiele bekannt oder unter modernen wissenschaftlichen Gesichtspunkten erforscht“, so Dürr.
Die nun folgende Auswertung soll dazu beitragen, eine ausgeprägte Forschungslücke in Ansätzen zu schließen und außerdem helfen, die Ofenentwicklung in Südwestdeutschland besser nachvollziehen zu können. Darüber hinaus lassen sich auf Grundlage der Töpferei von Pfaffenhofen weitere Fragestellungen zur Struktur und Gliederung hochmittelalterlicher Töpfereien im ländlichen Raum entwickeln und durch weitere Ausgrabungen untersuchen. „Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen des Fundmaterials werden zudem dabei helfen, den spezifischen Fingerabdruck der hier produzierten Waren zu identifizieren und so Absatzgebiete und Verkaufswege der Töpferei nachzuzeichnen“, so Dürr.
Meldung Denkmalpflege in Baden-Württemberg