Da schon zur Planung der neuen Leitungen mit einem Eingriff in den Friedhof zu rechnen war, begannen bereits frühzeitig Gespräche zwischen der Stadt als Denkmalschutzbehörde, der Außenstelle Darmstadt der hessenARCHÄOLOGIE und dem Netzbetreiber E-Netz, wie Stadtrat Michael Kolmer erklärte. Gemeinsam mit der Stadt und den Bauherren stellte die hessenARCHÄOLOGIE im Landesamt für Denkmalpflege Hessen am 04. Juli die Ergebnisse der Ausgrabungen vor. Neben den Bestattungen und baulichen Spuren am Rande des Friedhofs reichten die Funde dabei bis in die Bronzezeit zurück.
Der Friedhof Darmundestats
Insgesamt 13 Bestattungen entdeckte das Team der ausführenden Grabungsfirma SPAU GmbH um Grabungsleiterin Regine Müller in den gut einen Meter breiten Kanalgräben. Die gefundenen Bestattungen zeichneten dabei das typische Bild eines städtischen Friedhofs des Mittelalters, erläuterte der zuständige Bezirksarchäologe Dr. des. Thomas Becker. Die vollständigen Bestattungen wiesen zum Teil spuren hochwertiger Särge, deren verzierte Griffe und Spuren des Sargholzes noch erfasst werden konnten. Durch den engen Raum wurden jedoch viele der früheren Gräber bereits zu Zeiten des Friedhofes wieder geöffnet. Es fand sich umfangreiches umgelagertes Knochenmaterial von älteren Bestattungen. Eine Schicht aus Knochen südwestlich der Kirche gibt dabei Hinweise auf ein sogenanntes Beinhaus, in welchem diese älteren Bestattungen gesammelt erneut beigesetzt wurden.
Die genaue Datierung des Friedhofs und der Vorgängerkirche der heutigen evangelischen Stadtkirche lässt sich ob der vielen Umbaumaßnahmen nur schwer greifen. Während schriftliche Erwähnungen Darmstatds – zuerst als Darmundestat – bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, datiert die erste offizielle Erwähnung der Kirche erst in das Jahr 1369. Damit fanden die archäologischen Untersuchungen in einem der Kernbereiche der mittelalterlichen Besiedlung der Stadt statt. Die mittelalterlichen Funde des nun erforschten Friedhofs datieren die Expertinnen und Experten bis in die Zeit der ersten Erwähnung Darmstadts zurück. Einzelne Keramikfragmente datieren bis ins 12. Jahrhundert zurück. Eine bronzezeitliche Scherbe zeigte jedoch auch, dass das Gebiet des heutigen Darmstadts bereits vor vielen Jahrtausenden besiedelt wurde.
Ein Gruß aus der Vergangenheit
Einen Teil der kirchlichen Baugeschichte konnte das Grabungsteam ebenfalls entdecken, wie Becker berichtete. Es handelt sich dabei um zwei Schieferplatten, die einst das Kirchendach deckte und auf welchen sich „Johan Valentin Granel 1704“ verewigte. Wer Granel gewesen sein könnte, konnte gemeinsam mit dem Stadtarchiv herausgefunden werden. Es handelte sich wahrscheinlich um einen der Handwerker, welcher an der Sanierung der Stadtkirche im frühen 18. Jahrhundert beteiligt war. Abrechnungen der Neueindeckung des Daches aus dem Jahre 1704 liegen noch heute im Stadtarchiv. Damit sind die Schieferfunde direkte Einblicke in die Darmstädter Stadtgeschichte.
Untersuchungen wie die vorgestellte, aber auch am Saladin-Ecke und im Residenzschloss ergänzen unsere Kenntnis vom mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Darmstadt. Man dürfe daher auch gespannt auf die kommende archäologische Begleitung der Sanierung des Ernst-Ludwigs-Platzes schauen, ergänzte Becker abschließend.
Meldung Landesamt für Denkmalpflege Hessen