Trauer bei Kindern pädagogisch begleiten

Kinder gehen anders mit dem Tod um als Erwachsene. Aber was zeichnet kindliche Trauer aus? Und wie können pädagogische Fachkräfte ein sicheres Umfeld für trauernde Kinder schaffen? Die wichtigsten Antworten auf existenzielle Fragen.

Kindern in Trauer Sicherheit geben

Nachdem wir einen geliebten Menschen verloren haben, scheint nichts mehr wie zuvor. Das erleben auch Kinder, die trauern. In einer vormals sicheren Familie klafft plötzlich eine Lücke. Je nach Alter und Entwicklungsstand ist der Verlust bedeutsamer Menschen für Kinder darum eine existenzielle Erfahrung. Wie sie diese verarbeiten, kann ihre gesamte Persönlichkeit prägen.

„Jeder Mensch, also auch das Kind, ist auf der Suche nach der Beantwortung seiner existentiellen Fragen und auf der Suche nach Orientierung. Jedes Kind braucht dazu Angebote, Anregungen und die Ermutigung, selber nachzudenken und selber Antworten zu geben.“1

Pädagogische Fachkräfte haben die Aufgabe, Kinder in ihrer Trauer zu begleiten. Das bedeutet, ihre Fragen zu hören und sie bei ihren eigenen Antworten zu unterstützen. Denn Kita und Grundschule bieten durch den strukturierten Alltag und ihre Verlässlichkeit eine immense Ressource. Sie können Kindern den sicheren Raum geben, den sie in ihrer Trauer so nötig brauchen.

Mit trauernden Kindern in Beziehung treten

Mit einer respektvollen Haltung sowie dem Angebot einer reflektierten und kindgerechten Beziehung können pädagogische Fachkräfte Kinder in ihrer Trauer professionell unterstützen. Ihr pädagogisches Handeln speist sich dabei aus dem Wissen um entwicklungsbedingte Bedürfnisse und Glaubenssätze von Kindern wie z.B. „Das muss ich alleine schaffen!“ oder „Ich muss stark sein!“.
Eine professionelle Begleitung fördert die Selbstheilungskräfte im Trauerprozess, die jedem Kind innewohnen. Helfen pädagogische Fachkräfte trauernden Kindern dabei, diese existenzielle Erfahrung selbstwirksam zu verarbeiten, können diese sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Die eigene Haltung zu Trauer reflektieren

Nicht nur für Kinder kann der Umgang mit dem Tod herausfordernd sein. Auch für Erwachsene ist Trauer eine schmerzhafte Erfahrung. Um trauernde Kind professionell begleiten zu können, müssen wir uns unsere persönliche Haltung zum Tod bewusst machen. Denn Erziehung geschieht immer in Beziehung. Folgende Fragen helfen beim Reflektieren:

  • Was verbinde ich persönlich mit dem Tod?
  • Welche Gefühle und Erfahrungen kommen bei mir an die Oberfläche, wenn ich ein trauerndes Kind begleite?
  • Kann ich offen und unbefangen über Verlust sprechen?
  • Welche Trauerarbeit habe ich selbst noch zu leisten?

Nur wenn wir uns selbst reflektieren, können wir mit trauernden Kindern authentisch kommunizieren.

Kinderfragen zum Tod professionell beantworten

Wo kommen die Babys her? Warum ist der Himmel blau? Gibt es Monster wirklich? Viele Kinderfragen können wir als Erwachsene beantworten. Doch bei Fragen um Tod und Verlust kommen wir an unsere Grenzen:

  • Warum ist unser Wellensittich Fips weggegangen?
  • Ist mein Opa jetzt im Himmel?
  • Wie kann ich meine Mama trösten, wenn sie bald nicht mehr da ist?

„Kinder stellen existentielle Fragen. Sie sind auf ihre Weise Philosophen und Theologen, sie sind von
sich aus aktiv und bestrebt, ihrer Welt einen Sinn zu geben, Antworten zu finden auf besondere Ereignisse, die sie beschäftigen. Woher komme ich? Wozu bin ich da? Wo gehe ich hin? Das sind Fragen, die etwa beim Tod naher Angehöriger oder der Geburt eines Geschwisterkindes entstehen.“ 
1

Um mit schmerzhaften Fragen über den Tod umzugehen, müssen wir anerkennen, dass wir auch als pädagogische Fachkräfte nicht alle Antworten haben. Allerdings belegen Studien, dass die Angst vor dem Tod in demselben Maße abnimmt, in dem Kinder Informationen über die biologischen Aspekte des Sterbens erhalten. Für uns als pädagogische Fachkräfte bedeutet das, uns auch Grundwissen darüber anzueignen. Wir können dies bei unserer Trauerbegleitung in geeignete Projekte und Angebote einfließen lassen.

Die wichtigsten Antworten zu kindlicher Trauer

Um trauernde Kinder professionell zu begleiten, brauchen pädagogische Fachkräfte entwicklungspsychologisches Fachwissen. Hier kommen die 7 wichtigsten Antworten darauf, was kindliche Trauer auszeichnet und wie Fachkräfte damit umgehen können:

1. Was zeichnet kindliche Trauer aus?

Trauer ist ein Prozess. Er zielt darauf, die Verlusterfahrung gesund zu verarbeiten und in die Persönlichkeit zu integrieren. Viel mehr Gemeinsamkeiten haben kindliche und erwachsene Trauer jedoch nicht. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! Entsprechend trauern Kinder anders als Erwachsene. 

2. Welches Todesverständnis haben Kinder?

Je jünger ein Kind ist, desto weniger ausgereift ist sein Todesverständnis. Kinder verstehen den Tod zunächst rein intuitiv: als schmerzhaften Verlust einer bedeutsamen Bindungsperson. Mit zunehmendem Alter fühlen sie dann auch einen Schmerz über den Verlust von Objekten wie dem Schnuller oder einem Tier. Den Tod kognitiv zu erfassen, gelingt Kindern erst am Ende ihrer Grundschulzeit. Im Alter von etwa 9 Jahren können sie begreifen, dass der Tod endgültig und unumkehrbar ist.

3. Haben Kinder Angst vor dem Tod?

Alle Kinder erfahren während der ersten 4 Lebenswochen Todesangst. Wie stark diese Todesangst die kindliche Psyche dominiert, hängt davon ab, als wie zuverlässig sie ihre Umgebung erleben. Kinder, deren Bedürfnisse regelmäßig und zuverlässig befriedigt werden, verfügen über ein höheres Maß an Resilienz als etwa Kinder aus einem Umfeld, das sie vernachlässigt.

4. Was bedeutet es für Kinder, einen Elternteil zu verlieren?

Der Verlust eines Elternteils stellt die wohl größtmögliche Katastrophe im Leben eines Kindes dar. Die Erfahrung erfüllt alle Eigenschaften eines Traumas, weil sie:

  • Kinder plötzlich überfällt
  • für Kinder unbegreiflich ist 
  • Kinder überfordert und sie mit der Hilflosigkeit früher Lebenstage konfrontiert

5. Wie können Fachkräfte ein nachhaltiges Trauma verhindern?

Ob der Tod eines geliebten Menschen für Kinder ein Entwicklungstrauma bedeutet, hängt maßgeblich von der pädagogischen Begleitung ab. Damit ein Kind nicht nachhaltig traumatisiert wird, braucht es in dieser Krise einen sicheren Ort. Kita und Schule sollten trotz der einschneidenden Veränderung darum vor allem auf Verlässlichkeit achten. Verständnisvolle und authentische Erwachsene sind für die subjektive Erfahrung von Sicherheit von unschätzbarem Wert.
Respektieren wir die Trauer des Kindes und vertrauen darauf, dass das Kind mit seinen Fragen, seinen Erfahrungen und seinen Ängsten zu uns kommt, bilden wir die Basis, um Schicksalsschläge zu verarbeiten.

6. Welche Rolle spielt eine bedürfnisorientierte Kommunikation?

Als pädagogische Fachkräfte haben wir die Aufgabe, auf die Signale des trauernden Kindes zu achten. Diese Signale verlaufen bei jungen Kindern oft non-verbal. Beispielsweise kann ein Kind nach dem Verlust eines Haustiers oder eines Menschen verstärkt körperliche Nähe suchen. Dabei dürfen wir auf seine Selbstheilungskräfte und auf die Qualität unseres pädagogischen Handelns vertrauen. Im besten Falle signalisieren wir,

  • dass wir das trauernde Kind sehen,
  • dass wir da sind, um es zu trösten,
  • dass wir für seine Fragen offen sind.

So kann das trauernde Kind auch in dieser sensibles Angelegenheit seine Selbstwirksamkeit erfahren, indem es auf uns zukommt. Es kann sich sicher fühlen.

7. Wie nah darf ich Kindern bei ihrer Trauer sein?

Alle bisher beschriebenen Punkte ergeben zusammen die professionelle Nähe, die trauernden Kindern gerecht wird. Sie ermöglicht es pädagogischen Fachkräften in Kita oder Schule, sie zugewandt und empathisch vor dem Hintergrund ihres Fachwissens zu verstehen und zu begleiten.

Mehr über Trauer bei Kindern

Der entwicklungspsychologische Ansatz des Buches Trauer bei Kindern pädagogisch begleiten geht von den Bedürfnissen des Kindes und den Erfordernissen einer pädagogischen Beziehung aus. Verinnerlichen Fachkräfte dieses Grundwissen, bekommen sie das Rüstzeug an die Hand, um Kinder in Kita und Grundschule in ihrer Trauer professionell zu begleiten.

Ute Steffens ist Erziehungswissenschaftlerin und Autorin. Schon während ihres Studiums galt ihr Interesse den Bedingungen einer gesunden kindlichen Entwicklung und den kindlichen Bedürfnissen in Krisen. Sie war jahrelang in der Erziehungsberatung tätig, bevor sie unter dem Eindruck des Lockdowns ihren Blog www.trennungskinder.blog ins Leben rief. Darauf folgten erste Veröffentlichungen, u. a. ein Bilderbuch „Jakob kann zaubern“ zum Thema Elterntrennung und das Fachbuch „Trauer bei Kindern pädagogisch begleiten“. Sie arbeitet freiberuflich in der Erziehungsberatung, hält Vorträge und bietet Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte an. Sie gilt als Expertin für die entwicklungspsychologische Sicht auf die gesunde Verarbeitung einschneidender Veränderungen im Leben von Kindern.

Ihr Buch Trauer bei Kindern pädagogisch begleiten ist hier im Shop erhältlich.

1 Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.) (2018): Orientierungsplan für Bildung und Erziehung. Gesamtausgabe, S. 30. Hannover.

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