Eine besondere Kommunikationsform

Fürbitten und Gebete zu sprechen erschöpft sich nicht allein im Vorlesen. Vielmehr müssen sie so vorgetragen oder vorgebetet werden, dass die Hörenden im Hören der Texte ihren Sinn erfassen und in das Gebet mit hineinsteigen können. – Einige Hilfen und Empfehlungen.

Vortrag der Fürbittena us der Gemeinde heraus
Eine Frau liest die Fürbitten aus der Gemeinde heraus in Richtung des Altares.© 2021, KNA GmbH, www.kna.de, All Rights Reserved

In der gottesdienstlichen Praxis stehen Gläubige manchmal vor der Aufgabe „vorzubeten“. Sie sprechen Gebete oder Teile davon laut und stellvertretend für die anwesende Gemeinde. Auch die Fürbitten zählen dazu, das sogenannte Allgemeine Gebet. Anders als biblische Texte wirken Fürbitten und Gebete in ihrer Form meist überschaubarer. In zeitgenössischer Sprache formuliert, scheinen die einzelnen Gedanken weniger komplex, leicht zugänglich und daher leicht zu sprechen. Worauf kann die Person, die das Gebet spricht, achten, um den Hörenden das Ohr zu öffnen und das Mitbeten zu ermöglichen?

Strukturieren und betonen

Fürbitten und andere Gebete sind nicht immer so verfasst, wie man sie selbst, im eigenen Stil, ausdrücken würde. Und doch bringen sie in wenigen Sätzen, manchmal nur in einem Satz, auf den Punkt, für wen und um was gebetet wird. Um das Sinnverstehen zu gewährleisten, ist es daher wichtig, dass die Stimme sinnvoll geführt wird und der Sprechrhythmus den Sinn nachvollziehbar macht. So einfach die sprachliche Form scheint, sollte sie zuvor umso genauer betrachtet werden, um Sicherheit beim Vorlesen zu zeigen. Das bedeutet nicht, die Gedanken auswendig beherrschen zu müssen.

  • Manche Fürbitten beschränken sich in einem einfachen Satz darauf, die Gruppe von Menschen zu benennen, für die gebetet wird, oder sie benennen nur das Anliegen. Sie lassen sich leicht sprechen, indem die Stimme in einem Bogen zum Ende hin geführt wird:
    • Für alle Kinder und Jugendlichen.
    • Um Trost für alle Trauernden.
  • Häufiger werden Bitten formuliert, in denen die Menschen oder die Anliegen näher beschrieben werden. Das Komma verbindet zwei Satzteile, und doch ist es ein Zusammenhang, der ohne Pause in einem Bogen gesprochen wird:
    • Für alle, die einsam sind.
    • Für Menschen, die Unrecht erfahren.
  • In anderen Bitten wird die Personengruppe benannt, für die gebetet wird, und daran schließt sich das Anliegen an. Um das Sinnverstehen zu gewährleisten, können zwei Bogen gesprochen werden; der erste überspannt den Gedanken bis zum Doppelpunkt, der zweite nimmt das Anliegen in den Blick:
    • Für alle, die an einer schweren Krankheit leiden: Stehe ihnen bei.
    • Für junge Menschen in der Ausbildung: Schenke ihnen gute Begleiter.
  • Viele Bitten formulieren das Anliegen und die Personengruppe zwar in einem Satz, jedoch mit einem Einschub. Weil der Gedanke erst am Ende abgeschlossen ist, sollte auch die Stimme in einem Bogen ohne Pause geführt werden:
    • Schenke allen, die sich nach Geborgenheit sehnen, deine Nähe.
    • Für alle, die sich dafür einsetzen, den Glauben zu verkünden.

Die Satzstruktur spiegelt sich beim Sprechen in der richtigen Phrasierung. Was bedeutet das? Es ist wichtig, zu erkennen, ob es eine einzige Aussage ist, oder ob eine Pause den Sinn gliedern sollte. Um das Sinnverstehen bei den Hörenden zu leiten, ist die Betonung wichtig. Wenn man als Sprecher oder Sprecherin das Anliegen einer Bitte in eigenen Worten benennen kann, wird das entsprechende Wort mit großer Wahrscheinlichkeit auch betont. Folgende Beispiele können zeigen, wie sich ein betontes Wort herausfinden lässt:

  • Stehe allen bei, die sich nach Frieden und Gerechtigkeit sehnen.
    Wenn man sagen kann, dass es um „Frieden und Gerechtigkeit“ geht, kommt man der Betonung auf die Spur.
  • Stärke alle, die sich dafür einsetzen, die Schöpfung zu bewahren.
    Wenn man davon ausgeht, dass es um die (bedrohte) Schöpfung geht, erhält man den Hinweis darauf, eben dieses Wort zu betonen. Das Wort „bewahren“ würde man nur betonen, wenn die „Schöpfung“ bereits genannt wurde.

Sätze dieser Art enthalten nicht mehrere betonte Wörter, auch wenn man das Gefühl hat, es sei vieles wichtig. Wenn im Fürbittgebet die einzelnen Bitten in ähnlicher Form verfasst sind, ist es umso wichtiger, auf die Betonung zu achten, weil man sonst leicht in ein gleichförmiges Muster verfällt und jeden Satz gleich betont.

  • Manchmal sind Fürbitten so formuliert, dass wiederholt der Adressat mit dem Wort „du“ angesprochen wird. Es ist nicht notwendig, das Pronomen („du“, „dir“, „dein“ etc.) durch eine Betonung hervorzuheben, zumal dieses inhaltlich nicht erforderlich ist, weil der Adressat gleich bleibt:
    • Hilf du ihnen mit deiner Kraft.
    • Zeige du ihnen Wege aus ihrer Not. Deshalb rufen wir zu dir.

Gebete sprechen

Gebete sind so individuell und vielfältig wie die Anliegen der Menschen. In ihrer Form können sie bekannt oder überliefert, persönlich, alltagssprachlich formuliert, spontan ausgesprochen oder literarischpoetisch verfasst sein. Werden sie innerhalb einer Gemeinde oder Gemeinschaft laut gesprochen, laden sie ebenfalls dazu ein, mitzubeten.

Gerade weil Gebete in ihrer Form und Struktur so vielfältig sind, ist es wichtig, dies in den Blick zu nehmen, um sinnfassend zu sprechen. Folgende Fragen können hilfreich sein:

  • Handelt es sich um einen Prosatext und wird ein thematischer Zusammenhang erzählt?
  • Werden einzelne Gedanken aufgezählt?
  • Sind es grammatisch vollständige Sätze?
  • Hat das Gebet eine bestimmte äußere Form in der Anordnung der Sätze?
  • Sind es Wörter oder Wortgruppen, die als gedankliche Impulse ausgesprochen werden?
  • Steht das Gebet in Form eines Gedichts? Hat es Strophen? Ist es gereimt?

Jedes Gebet hat einen Charakter und transportiert eine Stimmung. Es kann nachdenklich und meditativ sein, es kann klagend und traurig, feierlich oder fröhlich sein, es kann Bitte oder Dank ausdrücken, und anderes. Diese Stimmung weckt nicht nur bildliche Vorstellungen, sondern auch Emotionen – bei einem selbst und bei den Hörenden. Durch den Tonfall lässt sich unterstreichen, wie man das Gebet meint. Dabei sollte die Modulation in der Stimme das Gebet nicht überladen, um den Raum für eigene Gedanken und Gefühle bei den Hörenden nicht einzuschränken. Vielmehr sollte über die Satzstruktur und Betonung die Aussage deutlich werden, um ein Mitdenken und Mitbeten zu gewährleisten.

Vor allem bei vertrauten und häufig gesprochenen Gebeten läuft man Gefahr, sie stets in gleicher Weise zu sprechen, so dass es eintönig klingt. Man muss jedoch immer unterscheiden, um welche Gebetsform es sich handelt. Der meditative Charakter des Rosenkranzgebetes erlaubt wenig Variation in der Wiederholung der Gedanken. Das Vaterunser beten alle laut mit; dadurch wird es zum chorischen Sprechen. Ein Gebet, das man vorbetet, das Sinnverstehen ermöglicht und zum Mitvollziehen einlädt, darf einen persönlichen Ausdruck erhalten. Es gilt jedoch, nicht alle möglichen gestalterischen Mittel einzusetzen, nur um ein Leiern zu vermeiden.

Fazit

Wer vorbetet, sollte sich der eigenen Rolle bewusst sein. Man spricht als Stimme der Gemeinde und drückt damit Verbundenheit mit Gott, Jesus Christus oder dem Heiligen Geist und untereinander aus. Wie man bei jeder Form der Kommunikation zu einem Gegenüber spricht, gibt es beim „Vorbeten“ gewissermaßen ein Doppel-Gegenüber, denn beide sollen hören, verstehen und das Gebet annehmen.

Auch wenn Fürbitten und Gebete sich durch ihre übersichtliche Form leicht sprechen lassen, brauchen sie Vorbereitung, um ausdrucksstark, aber dem Inhalt angemessen zu klingen. Im Vortrag von Bitten und Gebeten liegt eine Mitteilungsabsicht, die nicht „verschenkt“ werden darf.

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