Credo für junge Generationen?

Das christliche Glaubensbekenntnis ist vielen fremd geworden. Seine Vermittlung an die junge Generation stellt Liturgie und Pastoral vor große Aufgaben. – Einige Möglichkeiten und Hilfestellungen.

In diesem Jahr jährt sich zum 1700. Mal die Formulierung des Bekenntnisses von Nizäa. Die Auseinandersetzung mit diesem Ereignis von kirchengeschichtlicher Tragweite lässt nach dem Ursprung, der Entwicklung und der gegenwärtigen Bedeutung des christlichen Glaubensbekenntnisses fragen. Mit seiner Herkunft aus der frühchristlichen Taufvorbereitung und -praxis als dialogisch formuliertes Bekenntnis wurzelt es tief in der Liturgie. In der Eucharistiefeier setzten sich im Laufe der Jahrhunderte vor allem das Apostolische und das Nizäno-Konstantinopolitanische Credo durch, das heute je nach Region und Konfession unterschiedlich stark verankert ist. Lange Zeit war der Text des Credos (nur) über die lateinischen Texte und Vertonungen zugänglich, ehe es im Rahmen der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch in die Muttersprachen Einzug hielt. Seither kennt die Liturgie gesungene und gesprochene Fassungen wie auch Credo-Lieder, die häufig inhaltlich reduziert, aber musikalisch eingängig gestaltet sind.

Diese Entwicklungen wie auch die mit ihnen verbundenen Debatten zeigen, dass das Credo in seiner Form und Funktion immer wieder neu erschlossen und plausibilisiert werden muss. Besonders stellt sich die Frage, wie das Credo in liturgiepastoraler Art und Weise für junge Menschen zugänglich gemacht werden kann.

Was wissen „die Jungen“ – und was sollen sie lernen?

Wer von der „jungen Generation“ spricht, muss aber zunächst differenzieren, wer damit gemeint ist. Ganz unterschiedliche Gruppen können darunterfallen und machen die pastoralliturgische Vermittlung des Credos zu einer Herausforderung: Kleinkinder im Kita-Alter, Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht, bei der Erstkommunion, Jugendliche in der Firmvorbereitung, Ministranten- und Ministrantinnengruppen oder junge Erwachsene. Darüber hinaus bestehen nicht nur große Unterschiede im Alter und den kognitiven Fähigkeiten, sondern auch im Grad der religiösen Sozialisation. Vertrautheit mit liturgischen Formaten wie auch eine mögliche konfessionelle Durchmischung der Gruppe aus der „jungen Generation“ sind weitere Faktoren.

Eine pastoralliturgische Arbeit mit dem Credo muss sich weiter fragen, welche Ziele sie verfolgt: Soll das Bekenntnis aktiv in liturgischen Feiern mitgesprochen oder gesungen werden – etwa im Rahmen der Erstkommunion? Geht es darum, junge Menschen zur Formulierung einer eigenen Glaubensüberzeugung zu befähigen, etwa in der Firmvorbereitung? Oder steht ein reflexiver Zugang im Vordergrund, bei dem Glaubensaussagen geprüft, hinterfragt und existenziell angeeignet werden? Ist das Credo Bestandteil einer seelsorglichen Begleitung, wo theologische Aussagen im Blick auf die persönliche Glaubensbiografie zur Sprache kommen?

Während ältere Kirchenmitglieder daran gewöhnt sind, in einer Liturgie voller Hymnen und Gebete einen dogmatischen Text zu deklarieren, fehlt jungen Menschen zunächst dieser Erfahrungshintergrund. Die Sprache des spätantiken Credos wirkt auf viele sperrig, und neben der Terminologie können Struktur und Dichte der Aussagen überfordern. Für einige ist das Credo ein ehrwürdiger, gleichwohl fremder Text, für andere hat es keinerlei Relevanz oder mag sogar konträr zu bisherigen religiösen Vorstellungen stehen. Ein sensibles hermeneutisches Vorgehen ist also nötig, das sowohl die Theologie des Textes als auch die Fragen junger Menschen ernst nimmt.

Religionspädagogische Praxishilfen für liturgische Formate nutzen

Arbeitshilfen, die das Credo gezielt für junge Menschen liturgisch erschließen, sind bislang kaum vorhanden. Dafür sollen hier zwei religionspädagogische Zugänge vorgestellt werden:

  • Das Büchlein „Das Glaubensbekenntnis beten und verstehen“ von Julia Knop mit Illustrationen von Betina Gotzen-Beck (Freiburg i. Br. 2015) richtet sich an Kinder im Vorschul- und Grundschulalter. Es entfaltet das Credo mystagogisch, eingebettet in biblische Narrative und begleitet von Illustrationen. Die Darstellung erlaubt eine erste persönliche Annäherung an die Inhalte im Rahmen von Kindergottesdiensten oder in der Familie; das Büchlein eignet sich zum Vorlesen und spontanen Nacherzählen.
  • Ramona Richter entwickelt in ihrer Arbeitshilfe „Glaub ich! Konfession und Bekenntnis“ (Göttingen 2008) eine kompetenzorientierte Perspektive: Kinder und Jugendliche sollen die Vielfalt christlicher Konfessionen kennenlernen, eigene Positionen entwickeln und theologische Grundbegriffe verstehen. Die Impulse lassen sich gut in katechetische Projekte überführen, aber auch in Schul- oder Jugendgottesdienste integrieren, sei es durch kreative Methoden wie Wortfelderweiterung, Rollenspiele, die Reflexion thematisch mit dem Credo verwandter biblischer Bilder, Lieder und Fürbittrufe.

Beiden Arbeitshilfen gemeinsam ist das Verständnis des Credos als konstitutive Grundlage für die Entstehung der Kirche, als ökumenisch verbindliche, komprimierte Zusammenfassung christlicher Kernaussagen und als trinitarische Auslegung des christlichen Gottesbildes, das am Gott der biblischen Offenbarung Maß nimmt (vgl. Mt 28,19).

Themenzentrierte Annäherung über Kirchenjahr und Bibel

Das Credo in seiner Gänze zu vermitteln, dürfte in der Regel einen einzelnen liturgischen Anlass sprengen. Vielmehr empfiehlt sich eine prozessorientierte Auseinandersetzung entlang einzelner thematischer Schwerpunkte:

  • Der Begriff des Glaubens selbst kann Ausgangspunkt sein: als Ausdruck persönlicher Überzeugung, als Vertrauen in eine letzte Wirklichkeit, als Form existenzieller Bindung.
  • Die Anrede Gott Vater eröffnet Räume für individuelle Gottesbilder, eingebettet in biblische Traditionen, wobei eine Verbindung zum „Vaterunser“ naheliegt.
  • Schöpfung wird erfahrbar als allumfassende Nähe Gottes und wirft als Thema Fragen nach Allmacht, Verantwortung und Ökologie auf.
  • Die Person Jesus Christus steht im Zentrum der christlichen Verkündigung – als Mensch gewordener Gott, als Heiland und Bruder, dessen Lebensweg vom Kreuz nicht zu trennen ist.
  • Sein Eingeboren-Sein hat aber nichts mit Einzelkindschaft oder indigener Ureinwohnerschaft zu tun.
  • Die Rede von seiner Geburt durch die Jungfrau Maria, seiner Auferstehung und Himmelfahrt als Mysterium stellt nicht nur dogmatische Aussagen in den Raum, sondern eröffnet Gesprächsmöglichkeiten über Hoffnung, Leid und Erlösung.
  • Das Gericht verweist auf die Verantwortung des Menschen, die letztlich in der göttlichen Gerechtigkeit aufgehoben ist.
  • Der Heilige Geist verbindet alle Getauften zu einer Gemeinschaft, zur Kirche, die nicht nur als Institution, sondern als gelebte Solidarität erfahrbar wird.
  • Themen wie Schuld und Versöhnung, ewiges Leben und Wiederkunft können sich über Vertrauen auf Gottes Nähe behutsam mit der Lebenswirklichkeit junger Menschen verknüpfen lassen.

Das Kirchenjahr, aber auch ein religionspädagogischer Lehrplan bieten entsprechende Anknüpfungspunkte, um einzelne Artikel des Credos näher zu erschließen: Pfingsten lädt zur Reflexion über den Heiligen Geist ein, die Karwoche rückt das Leiden Christi in den Fokus, Ostern thematisiert Auferstehung und Hoffnung. Biblische Texte eröffnen erfahrungsnahe Zugänge zu Kernthemen des Glaubensbekenntnisses – zum Beispiel die sieben Werke der Barmherzigkeit (Mt 25,34–46), das Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11–32) oder der Verrat des Petrus (Mt 26,69–75).

Credo-Alternativen und Feiern der Tauferinnerung

Am Ende einer solchen Erschließung kann eine Rück- und Zusammenschau des ganzen Credos stehen. Ein interessanter Folgeschritt sind Vergleiche mit alternativen Glaubensbekenntnissen für Kinder, wie sie insbesondere in der evangelischen Religionspädagogik zahlreich entwickelt wurden. Diese gemeinsam zu lesen, auf ihre jeweiligen Schwerpunkte und Besonderheiten hin zu besprechen und mit dem 1700 Jahre alten Text des christlichen Credos abzugleichen, kann die Spannung, die stets zwischen der festgelegten Formulierung gemeinsamer verbindlicher Aussagen und persönlicher Überzeugung liegt, kreativ aufnehmen und dann auch in ein vielleicht gemeinsam gestaltetes Taufgedächtnis münden.

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