Grundlegende Erneuerung

Die Kirche im deutschsprachigen Raum ist auf dem Weg zu einem neuen Benediktionale. Warum wurde eine Überarbeitung notwendig? Welche Ziele verfolgt das Projekt? Wie sehen die Planungen aus? – Hintergründe und Informationen.

Das Segnen gehört zu den elementaren Vollzügen kirchlicher Praxis. Im Alltag vieler Gemeinden zeigt sich, wie stark das Bedürfnis nach Segensfeiern ist – sei es in Lebensübergängen, in persönlichen Krisen oder bei gemeinschaftlichen Anlässen. Segnen ist dabei nicht nur eine rituelle Handlung, sondern Ausdruck der Zusage von Gottes Nähe und Zuwendung. Theologisch verweist der Segen auf die grundlegende Beziehung zwischen Gott und Mensch: Er macht erfahrbar, dass das Leben in all seinen Dimensionen unter Gottes Schutz und Verheißung steht. Anthropologisch spiegelt sich darin das tiefe menschliche Bedürfnis wider, in wichtigen Momenten des Lebens Bestärkung, Anerkennung und Orientierung zu erhalten.

Das liturgische Buch für die Segensfeiern ist das Benediktionale, das im deutschen Sprachgebiet eine besondere Geschichte hat. Es steht nun vor einer grundlegenden Erneuerung.

Von der Studienausgabe zur offenen Baustelle

Im Jahr 1978 erschien das bis heute in Gebrauch stehende liturgische Buch Benediktionale. Studienausgabe für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Es war von der „Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Liturgischen Kommissionen im deutschen Sprachgebiet“ (IAG), einem Vorgängergremium der heutigen „Konferenz Liturgie der Kirche im deutschen Sprachgebiet“ (KLD), erarbeitet worden. Ursprünglich war es als provisorische Studienausgabe ad interim gedacht, bis ein römisches Benediktionale vorliegen würde.

Die römische Editio typica De Benedictionibus erschien 1984. Daraufhin wurde 1995 im deutschen Sprachgebiet eine Überarbeitung in Angriff genommen, die Ende 1999 zunächst abgeschlossen war. Doch die Arbeiten gerieten ins Stocken: Die Gottesdienstkongregation stoppte das Projekt, um die damals prioritären Übersetzungsarbeiten am Missale Romanum nicht zu beeinträchtigen.

Neue Dynamik seit 2019

Der liturgische und pastorale Bedarf an einem zeitgemäßen Segnungsbuch wuchs jedoch stetig. Dazu trug ein verändertes Sprachempfinden bei, da die Sprache im Benediktionale von 1978 zunehmend als altmodisch empfunden wird. Ebenso wurde der Wunsch nach einer größeren liturgietheologischen Stringenz im Aufbau von Segensfeiern immer deutlicher. Schließlich führten auch die Erfahrungen von Kontingenz in einer komplexer werdenden Welt zu einem verstärkten Bedürfnis nach der Zusage von Gottes Heil.

2019 nahm die KLD das Thema erneut auf. Nach intensiven Vorgesprächen und thematischen Klärungen kam es im April 2023 in Rom zu einem Spitzengespräch zwischen Vertretern des KLD-Präsidiums und dem Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Das Ergebnis lautete: Das Dikasterium signalisierte konstruktive Offenheit gegenüber einer Neufassung, die sowohl die römische Editio typica als auch die pastoralen Bedürfnisse des deutschen Sprachraums berücksichtigt. Damit war die entscheidende Voraussetzung für eine zielführende Weiterarbeit geschaffen.

Arbeit der AG Benediktionale

Seit 2022 arbeitet eine von der KLD dafür eingesetzte „Arbeitsgruppe Benediktionale“, international besetzt und derzeit elf Personen umfassend, an den Vorbereitungen. Sie hat zunächst die Segensanlässe des bisherigen deutschsprachigen Buches, der römischen Editio typica und zusätzliche pastorale Anlässe zusammengestellt. Diese Liste wurde den Liturgiereferaten in Deutschland und Österreich sowie den diözesanen Kommissionen in der Schweiz zur Rückmeldung vorgelegt und Anfang 2024 von der KLD als Grundlage bestätigt.

Darüber hinaus entwickelte die AG eine Modellvorlage für Aufbau und Elemente einer Segensfeier. Dieses Gerüst soll künftig allen Feiern zugrunde gelegt werden und so für größere Einheitlichkeit und Wiedererkennbarkeit sorgen.

Ziele und Perspektiven

Die Arbeit an der Neuausgabe verfolgt mehrere Zielsetzungen:

  • die Übertragung und Rezeption der römischen Editio typica,
  • die Berücksichtigung der Eigenheiten des deutschen Sprachraums
  • und der gegenwärtigen pastoralen Erfordernisse
  • sowie die Verwendung einer zeitgemäßen liturgischen Sprache.

Als Ergebnis wird ab 2029 ein neues deutschsprachiges Benediktionale angestrebt, dessen Gottesdienstbausteine bei Seelsorgern und Seelsorgerinnen auf Zustimmung stoßen, in der Praxis rezipiert werden und bei Feiernden Resonanz auslösen, d. h. Gotteserfahrung ermöglichen können.

Das Projekt ist langfristig angelegt und in vier Phasen gegliedert:

1. Phase: Konstituierung der Arbeitsgruppe, Projektplan, Liste der Segensanlässe, Entwicklung des Ablaufmodells, Diskussion erster Vorlagen – diese Phase ist erfolgreich abgeschlossen.

2. Phase: Erarbeitung von rund 80 Formularen, Erprobung und redaktionelle Bearbeitung.

3. Phase: Erstellung des Grundmanuskripts, Eingabe bei den Bischofskonferenzen, Einarbeiten der Modi und Endredaktion bis zur Vorlage in Rom.

4. Phase: Layout, Korrekturen, Rechteeinholung und Erstellung der Druckvorlage durch die Redaktion „Liturgische Bücher“ im Deutschen Liturgischen Institut.

Projektorganisation und Vernetzung

Träger des Projektes ist die KLD. Die Projektleitung liegt bei P. Johannes Feierabend OSB (Österreichisches Liturgisches Institut in Salzburg). Fachliche und organisatorische Unterstützung leistet das Deutsche Liturgische Institut (Trier). In enger Zusammenarbeit eingebunden sind neben dem Deutschen Liturgischen Institut auch das Liturgische Institut der deutschsprachigen Schweiz (Fribourg), die Bischofskonferenzen des deutschen Sprachraums, diözesane Kommissionen sowie weitere Fachpersonen.

Evaluation und Einführung

Während der Erarbeitung sind Rückmeldungen aus der Praxis vorgesehen, etwa im Rahmen von Erprobungen und Evaluierungen ausgewählter Segensfeiern in Gemeinden und Gemeinschaften, publiziert über die von den deutschsprachigen Liturgischen Instituten gemeinsam herausgegebene Zeitschrift Gottesdienst – ein erstes Modell (Segnung der Barbarazweige) findet sich auf S. 263–264 in diesem Heft. Nach Erscheinen des Benediktionales ist es angedacht, die Einführung des neuen Buches durch Begleitveranstaltungen zu flankieren.

Nach Jahrzehnten des Provisoriums steht die Erarbeitung eines neuen deutschsprachigen Benediktionales nun auf einem verlässlichen Weg. Wenn alles planmäßig verläuft, wird künftig ein Buch vorliegen, das Neues und Bewährtes verbindet – und damit die liturgische Segenspraxis unserer Zeit nachhaltig prägen kann.

Bitte beachten Sie auch unsere Themenseite zur Revision des Benediktionales, auf der alle Informationen, die in dieser Zeitschrift erscheinen zentral verlinkt sind. Sie ist unter dem Titel Auf dem Weg zu einem neuen Benediktionale (bitte anklicken) sowie zu oberst auf der Startseite dieses Internetauftritts zu finden.

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