KommunionstreitWozu Theologie?

Das Misstrauensvotum Roms gegen die Bischöfe ist auch ein Misstrauensvotum gegen die Theologen, die die Bischöfe beraten und den Text über Kommunion für evangelische Ehepartner mit entworfen haben. Das lässt fragen, ob das, was an ökumenischer Pionierarbeit im 20. Jahrhundert geleistet und an moderner Theologie entwickelt wurde, alles Makulatur ist.

Wieviel ist eine moderne innovative Theologie wert? Zum Beispiel in ökumenischen Fragen. Bisher haben die bedeutenden Pionierleistungen hoch angesehener Gelehrter jedenfalls keinen spürbaren Widerhall im obersten katholischen Lehramt, in Rom, gefunden – und schon gar keinen kirchenrechtsverbindlichen Niederschlag. Die gut begründeten Vorschläge etwa von Karl Rahner und Heinrich Fries über die reale Möglichkeit der Einigung der Kirchen verhallten im Vergessen. Vom 1982 verabschiedeten Lima-Dokument der Weltkirchenrats-Kommission über Glauben und Kirchenverfassung (in dieser ist die katholische Kirche Mitglied) blieb nichts übrig, obwohl da über Taufe, Eucharistie und Amt bahnbrechend Substanz für hoffnungsvolle Verständigung vorgelegt worden war. Was Hans Jorissen über die Gültigkeit der evangelischen Ämter ergründet hatte – verdrängt! Von Hans Küngs wegweisenden Studien über Rechtfertigung im Anschluss an Karl Barth – keine Rede mehr! All das und vieles mehr: engagiert getan für nichts und wieder nichts!

Es ist ein Trauerspiel, ja eine Schande, wie ein konservativ-traditioneller Eklektizismus von Theologie die Oberhand behält und die Macht der Gewohnheit untermauert, während allenthalben das Interesse am Christentum wegbricht. Nun stehen wir erneut vor einem Scherbenhaufen. Die Glaubenskongregation hat in Übereinstimmung mit Papst Franziskus Vorschläge der überwältigenden Mehrheit der deutschen Bischofskonferenz zurückgewiesen, wie in Einzelfällen evangelische Ehepartner mit ihrem sakramental verbundenen katholischen Partner zur Kommunion gehen könnten. Die entsprechende „Pastorale Handreichung“ sei in wesentlichen Teilen nicht reif für eine Veröffentlichung.

Nun sollen Vatikanbehörden an die Arbeit gehen. Und wieder fragt man sich: mit welcher Theologie? Ein diffuses Licht fällt auch auf das Ansehen von Papst Franziskus, der zuvor angeblich den Arbeitsauftrag an die Bischöfe zurückgegeben hatte, einmütig eine Lösung zu finden. Stimmte das gar nicht? Oder ist ihnen das nachträglich entzogen worden? Jedenfalls handelt es sich um ein Misstrauensvotum ohnegleichen. Damit ist drei Vierteln der deutschen Bischöfe samt deren qualifizierten Beratern und Textautoren die theologische Kompetenz abgesprochen, gut gearbeitet zu haben. Bei einer derart massiven Zurechtweisung würden in Wirtschaft und Politik die Protagonisten ihren Rücktritt anbieten. Im Kommunionstreit ist ein neues trauriges Kapitel aufgeschlagen. Ein Abschied von moderner Theologie für immer? Auf jeden Fall eine klare Entmachtung von Theologie wie Bischofskonferenz. Und mit Sicherheit ein schwerer Schaden nicht nur für das katholische Deutschland. Ein Vertrauensverlust unschätzbaren Ausmaßes.

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