Entschädigungsleistungen für Betroffene von sexuellem MissbrauchWegweisendes Urteil vor dem Landgericht Köln

Euro-Geldscheine
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Das Landgericht Köln hat einem Betroffenen sexualisierter Gewalt eine vergleichsweise hohe Entschädigung zugesprochen. Erstmals in Deutschland hatte ein Betroffener von der katholischen Kirche Schmerzensgeld verlangt, weil sie Missbrauch nicht unterbunden hatte. Der Betroffene wirft konkret der Erzdiözese Köln Amtspflichtverletzung durch Unterlassen vor.

Das Gericht erkennt einen Fall von Institutionenhaftung an. Es hat das Erzbistum Köln nach der mündlichen Verhandlung zu einer Summe von 300.000 Euro verurteilt, auf die die bisher gezahlte Summe von 25.000 Euro in Anerkennung des Leids angerechnet wird. Der 64-Jährige hatte vom Bistum 725.000 Euro plus 80.000 Euro für eventuelle weitere Beeinträchtigungen in der Zukunft gefordert; ein vorgeschlagener Vergleich wurde nicht akzeptiert. Der Betroffene war in den Siebzigerjahren in einer dreistelligen Zahl von Fällen missbraucht worden.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, begrüßte den Richterspruch: „Ich bin froh und dankbar, dass das Gericht mit seiner Entscheidung zur Klarheit in diesem Fall beigetragen hat.“ Das Erzbistum hatte zuvor auf einen Einspruch wegen Verjährung verzichtet. Ausdrücklich wolle man jetzt auch institutionelle Mitverantwortung übernehmen. Der Klägeranwalt ließ unmittelbar danach offen, ob er in Berufung gehen wird.

Das Urteil ist vor allem deshalb von großer Bedeutung, weil es anhaltende Kritik an den Zahlungen der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) gibt. Dabei geht es vor allem um die Höhe der Zahlungen, die 50.000 Euro nur in Ausnahmefällen überschreiten, in der Regel deutlich darunter liegen (vgl. HK, Oktober 2022, 36–39; Dezember 2022, 50–51). Der Sprecher der Betroffenengruppe „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, sieht in dem Urteil ein wichtiges Signal für Tausende ähnlich gelagerte Fälle in Deutschland. Die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, verteidigte das kirchliche Verfahren zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsbetroffenen. Die freiwilligen finanziellen Leistungen seien für jene gedacht, die vor staatlichen Gerichten keine Ansprüche durchsetzen wollten oder könnten. Stefan Orth

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