Vorstellung des Missbrauchsberichts für die Erzdiözese FreiburgMassive Vorwürfe gegen die Erzbischöfe Saier und Zollitsch

Die ehemaligen Freiburger Erzbischöfe Oskar Saier und Robert Zollitsch haben sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen nachhaltig vertuscht. Erst mit Stephan Burger, der seit 2014 im Amt ist, werde Missbrauch konsequent verfolgt und auch gemeldet. Das ist das Ergebnis des Missbrauchsberichts der Unabhängigen Kommission für die Erzdiözese Freiburg. Er wurde nach Verzögerungen Mitte April der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der 2008 verstorbene Saier habe auf „seine Priester nichts kommen lassen“ wollen, so eine seiner eigenen Formulierungen. Deshalb habe er unter anderem die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft verweigert. Dabei habe Zollitsch bereits als einflussreicher Personalreferent wesentlich Verantwortung für das Vorgehen getragen, weil Saier die Fälle an ihn delegiert und das Thema ansonsten weitgehend gemieden habe, so die Autoren bei der Vorstellung des Berichts. Es habe ein „einvernehmliches Zusammenwirken“ gegeben. Als Erzbischof habe Zollitsch den bisherigen Kurs ab 2003 fortgeführt. Bis 2013 habe es dabei eine vollständige Ignoranz auch des kanonischen Rechts gegeben, obwohl Zollitsch alle Normen kannte. Er sei auch keinesfalls der Teamplayer gewesen, als der er sich Anfang Oktober 2022 in einem Video präsentiert hatte.

Nur relativ kurz äußerten sich die Gutachter zur bisherigen Amtszeit von Burger. Hier habe es bei der Dokumentation zwar noch Nachlässigkeiten gegeben. Neben der Beachtung sämtlicher Vorschriften wurde aber die umfassende Unterstützung, die Offenheit für die Arbeit und die Einsicht in noch vorhandene Schwächen gelobt. Burger selbst zeigte sich in einer ersten Stellungnahme fassungslos darüber, wie seine Vorgänger geltendes kirchliches Recht aufgrund eines falsch verstandenen Korpsgeistes ignorierten, sodass die Frohbotschaft „pervertiert“ wurde. Er ermutigte weitere Betroffene, sich zu melden. Die Causa Zollitsch sei bereits in Rom angezeigt.

Im Unterschied zu anderen Berichten geht es in der Freiburger Untersuchung darum, anhand von zwei Dutzend Fällen Tiefenbohrungen vorzunehmen und die Wege der Vertuschung nachzuzeichnen. Verfasst hat den Bericht die Arbeitsgruppe „Machtstrukturen und Aktenanalyse“ der Unabhängigen Kommission für das Erzbistum Freiburg. Zur Arbeitsgruppe gehörten Kriminalbeamte, ein Staatsanwalt und ein Richter im Ruhestand.

Zu den Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe gehört der Hinweis auf die problematische Ballung von Macht aufgrund der hierarchisch hohen Stellung des Bischofs innerhalb der katholischen Kirche. Sie macht aber auch darauf aufmerksam, wie Widerstände bis in die Gemeinden hinein gegen die Realität des Missbrauchs und ein entsprechendes „Bagatellisierungsverhalten“ verantwortlich dafür sind, dass Betroffene lange Zeit nicht gehört wurden. Der Vorsitzende der Unabhängigen Kommission, der Freiburger Theologe Magnus Striet, betonte, dass der Bericht kein Endpunkt, sondern der Ausgangspunkt für weitere Arbeit sei. Stefan Orth

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