Nach dem Vatikan-Veto gegen Moraltheologen LintnerDas letzte Wort scheint noch nicht gesprochen

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Nach der Entscheidung der vatikanischen Bildungsbehörde, dem Südtiroler Moraltheologen Martin M. Lintner das Nihil obstat für seine Aufgabe als Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen zu verweigern, scheint es Bewegung zu geben. Das geht aus einer Mitteilung des Brixener Bischofs Ivo Muser hervor. Es müsse noch eine weitere Abstimmung unter den zuständigen Behörden im Vatikan geben, bis die entsprechende Zulassung Lintners endgültig geklärt sei. Der Vatikan hatte die Verweigerung der Zulassung mit Verweis auf die Veröffentlichungen des Moraltheologen zu Sexualmoral und Beziehungsethik begründet. Seine kirchliche Lehrbefugnis ist davon nicht betroffen.

Das römische Veto hatte für heftige Kritik gesorgt. Die Europäische Gesellschaft für Katholische Theologie, deren Präsident Lintner von 2013 bis 2015 war, sprach ihm ihre Solidarität aus. Er habe in „seinen wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Feld der Moraltheologie in der biblischen und theologisch-philosophischen Tradition fundierte und aus einem ernsthaften Gespräch mit interdisziplinären Ansätzen erwachsende Grundlagen einer Beziehungsethik erarbeitet“.

Die Internationale Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik, die Arbeitsgemeinschaft Moraltheologie und die Arbeitsgemeinschaft Christliche Sozialethik äußerten ebenfalls Kritik an der Verweigerung. Lintner sei ein weltweit anerkannter Kollege. „Seine Positionen spiegeln einen breiten Konsens innerhalb der deutschsprachigen Moraltheologie und weit darüber hinaus.“ Das kuriale Vorgehen missachte die Freiheit der theologischen Wissenschaft und beschädige einmal mehr das Ansehen der Theologie im Konzert der Wissenschaften massiv.

Auch der deutsche Katholisch-Theologische Fakultätentag solidarisierte sich mit Lintner und sieht einen Ausdruck von Misstrauen und Kontrolle. „Das weithin intransparente Nihil-obstat-Verfahren widerspricht dem von Papst Franziskus beschworenen synodalen Geist“, heißt es in der Erklärung.

Lintner selbst zeigte sich angesichts des Zuspruchs und der Wertschätzung „überwältigt“. „Sie tun mir menschlich wohl, da die vatikanische Entscheidung auch mich überrascht und betroffen gemacht hat.“ Diese habe bei vielen Gläubigen nicht nur Unverständnis, sondern auch Irritationen ausgelöst, so der Wissenschaftler in einer Erklärung. „Sie weckt Zweifel am Gelingen von Synodalität.“

Bis Ende August 2024 soll nach Aussagen von Muser nun die Amtszeit des derzeitigen Dekans der Hochschule, Alexander Notdurfter, verlängert werden. „Diese Zeit wird die nötige Ruhe gewährleisten, um gemeinsam die aufgetretenen Fragen zu reflektieren, die auch andere Dikasterien betreffen.“

Dana Kim Hansen-Strosche

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