Ohne Musik wären wir ärmer, auch im Gottesdienst und im geistlichen Leben. Als Seelsorger erfahre ich von der Säuglingstaufe bis zum Sterbebett, dass ein angestimmtes Lied jede Lippe und jedes Herz sich regen lässt. Wie wohltuend, mit diesem Kirchenjahresbegleiter alle Saiten in uns zum Klingen zu bringen!
Der Freiburger Theologe und Musikwissenschaftler Meinrad Walter zeigt auf, welche Texte aus der Heiligen Schrift einen Widerhall in musikalischen Werken finden, die uns das neue Kirchenjahr hindurch spirituell begleiten können. Der Reigen der in diesem hinreißenden Buch ausgewählten Komponisten reicht von Bach und Händel über Mendelssohn und Bruckner bis hin zu Jacques Berthier, dem Schöpfer so vieler Taizé-Lieder. Walter lässt für jeden Sonn- und Feiertag des Lesejahres A einen dieser „musikalischen Schriftsteller“ die Lesungen, den Antwortpsalm oder das jeweilige Evangelium in Chorälen und Kantaten, Oratorien und Orgelwerken auslegen. Seine eigenen geistreichen Auslegungen werden durch QR-Codes ergänzt, die den Lesern und Zuhörerinnen herausragende Einspielungen im Internet bescheren.
„Vielleicht sind sich ja die Evangelisten und die Komponisten so nahe, dass Musik so etwas wie ein ‚Fünftes Evangelium‘ ist?“, fragt der Autor zu Beginn. In der Tat reibt sich der erstaunte Empfänger dieser Musikpredigten die Augen, welche Schätze Meinrad Walter hier gehoben hat. Nur ein Beispiel: Gleich an diesem dritten Adventssonntag der Vorfreude, an dem ich die rosafarbene Gaudete-Kerze auf dem Adventskranz entzünde, präsentiert er das Bild einer endzeitlichen Vision Jesajas, das die Erste Lesung in hellen Farben malt, und wählt dazu ein Lied des niederländischen Theologen Huub Oosterhuis (1933–2023) aus – inmitten aller Hiobsbotschaften wirklich ein Klangmoment der Hoffnung.