Leserbriefe

Überall Knoten

Mit Maria schauen wir in die wahrhaft verknotete, dramatische wie wunderbare Geschichte des Gottesvolkes, zu dem wir – die Kirche – uns ebenfalls zählen dürfen (vgl. „Die Knotenlöserin wird nicht arbeitslos“, CIG Nr. 20, S. 5). Beim Betrachten des Magnifikat denken wir auch an die Mächtigen, die gestürzt sind – und wie viele, die an der Macht kleben, noch gestürzt werden müssten – kirchlich wie politisch. Das sind echte Knoten. Aber Maria löst sie eigentlich nicht selbst. Sie sagt uns heute – wie damals den Dienern bei der Hochzeit zu Kana: „Was ER euch sagt, das tut!“ Dann platzt der Knoten.

Wolfgang Schneller, Ulm

Krieg und Frieden

Mir hilft das Lied „Herr, dich loben die Geschöpfe“, um das Dilemma der Waffenlieferungen an die Ukraine auszuhalten (vgl. „Christ im Dilemma“, CIG Nr. 20, S. 2). Schon lange kenne und schätze ich diese Nachdichtung des Sonnengesangs. Aber jetzt spricht die Aussage der 5. Strophe mich besonders an. Diese beginnt so: „Lob dir (Gott) von den Friedenstiftern, die ertragen Schimpf und Not…“

Dr. Bernd Brenk, Gernsheim

Es ist nicht nur Papst Franziskus, der in der Fortsetzung der NATO-Erweiterung seit Ende des Kalten Krieges eine Gefahr für den Frieden in Europa sieht. Selbstverständlich wird mit dem Hinweis auf die Vorgeschichte des Konflikts die alleinige Verantwortung Putins für den Beginn eines verbrecherischen Angriffskriegs auf die Ukraine weder in Frage gestellt noch relativiert. Aber eine neue Perspektive könnte helfen, das christliche „Dilemma“ angesichts der Debatte um Waffenlieferungen zu überwinden: Es wird zu viel über den Krieg gesprochen und zu wenig über den Frieden.

Ottfried Wallau, Siegburg

Menschen, die Kriege führen, dürfen sich nicht Christen nennen. Das Christentum endet in dem Augenblick, wenn es von der verfolgten zu einer verfolgenden Gemeinschaft pervertiert. „Steck dein Schwert weg, denn jeder und jede, die zum Schwert greift…“, heißt es bei Matthäus (26,52).

Philipp Überbacher (auf cig.de)

Emotional befreiend

Die gut gemeinte Verteidigung des „lieben Gottes“ (vgl. CIG Nr. 19, S. 3) führt vor Augen, wie selbst die christliche Liebesbotschaft abschrecken kann, wenn die Täter-Opfer-Unterscheidung dabei verwischt wird: Gott wird ontologisch und im Sinne eines Monismus auf das Prinzip „Liebe“ reduziert. Dialektische Spannung wird einseitig aufgelöst mit dem Hinweis: „Jesus wollte uns von allen ambivalenten Bildern von Gott befreien.“ Gericht und göttlicher Zorn haben im Gottesbild des Autors keinen Platz mehr, obwohl er damit dem von ihm zitierten Propheten Hosea widerspricht. Dort ist vom „grimmigen Zorn“ die Rede, und es ist Gottes Entscheidung, seinem Erbarmen und nicht diesem Zorn zu folgen. Dürfen wir Gott diese Entscheidung aus der Hand nehmen?

Dr. Ariane Schneider, Halle

Der Beitrag ging mir unter die Haut. Rational hielt ich mich an festgefahrenen Gottesvorstellungen fest. Doch der Beitrag von Felix Evers hat mich auf meiner emotionalen Ebene „erwischt“. Wie seine Beispiele zeigen, ist es zutiefst befreiend, einem vorleistungsfrei liebenden Gott zu vertrauen. Denn Gott, der nicht verurteilt, sondern sich verschenkt und über sich hinauswächst, befreit uns von Höllenangst und drohendem Strafgericht. Das ist wahre österliche Frohbotschaft. Gewiss, Fragen bleiben: Werden wir unsere Verstorbenen im Himmel wirklich wiedersehen? Schön wäre es.

Klaus Beurle, Würzburg

Über Umwege zur Kirche

Heike Helmchen-Menke stellt die Frage, „wann Kirchenaustritt beginnt“ (CIG Nr. 19, S. 8). Ich glaube, dass die austretenden Kirchenmitglieder nie wirklich eingetreten sind, weder durch Taufe noch durch Erstkommunion noch durch kirchliche Aktivitäten. Werden diese Handlungen nicht mit Bedeutung für das eigene Leben gefüllt, greifen sie zu kurz, um das Verlangen des Menschen nach Lebenssinn und Orientierung zu stillen.

Ich selbst war in meiner Schul- und Studienzeit in diverse katholische Gruppen mit interessanten Themen und Unternehmungen eingebunden, die aber nicht für eine dauerhafte Kirchentreue im Erwachsenenalter garantieren konnten. Ich trat aus der Kirche aus, und mein Glaube wurde ohne sie bedeutungslos und löste sich schließlich in nichts auf. Später, mit 40, bin ich auf Umwegen auf Jesus Christus gestoßen, habe mich in ihn verliebt und ging in die Kirche zurück.

Wir sollten also nicht nur überlegen, wann und wie Kirchenaustritt beginnt, sondern auch, wann und wie der Kircheneintritt beginnt.

Karen Schoenig, Itzehoe


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