Schüler, Weggefährten und Freunde haben den 90. Geburtstag des vor zwei Jahren verstorbenen Salzburger Dogmatikers Gottfried Bachl zum Anlass genommen, ihm eine Gedenkschrift zu widmen. Was auf den ersten Blick durch die Gliederung wie ein trockenes theologisches Kompendium daherkommt, entpuppt sich als ein Bachl-Lesebuch vom Feinsten. Es leuchtet eine Theologie auf, die Luzidität und Poesie miteinander verknüpft; es wird deutlich, dass eine poetische Theologie die Gottrede auch heute noch möglich macht – ohne Schwulst und den Tumult von Spekulationen: „Rette dich/aus unserem Mund,/der dich zum Vorwurf macht,/an dem andere rot werden sollen,/der dich zurechtkaut,/rette dich aus den Bildern/links und rechts/und oben und unten,/geh fort aus den/Drohbotschaften und aus den/Frohbotschaften“ (Mailuft und Eisgang, 64).
Gegen das Duckmäusertum in Theologie und Kirche hat Bachl ein Leben lang angeschrieben – sowie gegen die Besitzgier, Gott in den Griff bekommen zu können. Dieser Gottesbesserwisserei entspricht passgenau eine Kirche, die die Menschen in den Griff nimmt. Dagegen betreibt Bachl eine Theologie des Freigebens. Das hat Konsequenzen in alle theologischen Traktate hinein, wie die Autoren und Autorinnen in diesem Band trefflich zeigen: Dann gerät Jesus nicht in die Monstranz wie Mozart in die Mozartkugel, wird die Eschatologie nicht zum „Saugnapf am Firmament“, um der Erde zu entkommen, wird die Eucharistie nicht zum harmlosen Fest, das die materielle Basis des Verzehrens und Genießens ausblendet, sondern adventlich öffnet auf das ausstehende Fest der Freiheit. Ebenso wird Maria nicht zum Spekulationsobjekt von Seligkeit und Süße, in der die Faszination des Eros unterbelichtet bleibt, sie wird vielmehr zur paradigmatisch Glaubenden, unterwegs auf das je größere Geheimnis hin wie wir alle. Die Sprache wird eher suchend und fragend als vollmundig und definitionsselig und der Priester wird kein Sonderwesen, sondern eine Gestalt, die sich für diese Weite hat öffnen lassen. Die Theologie Bachls ist eine Gewissenserforschung, ob wir vor Gott fähig sind zum aufrechten Gang: „Die dümmste Figur, die wir machen können vor dir, ist der krumme Rücken.“ Erich Garhammer