Samy weint häufig, wenn er abgeholt wirdFrage aus der Praxis

Frage aus der Praxis
© Florian Nütten

„Samy (1;9 J.) weint häufig, wenn er abgeholt wird. Was steckt dahinter?“

(Susanne Löber aus Perleberg)

Antwort der Expertin:

Samys Reaktion bei der Abholsituation kann verschiedene Ursachen haben. Das Abholen ist einer von vielen kleinen Übergängen im Krippenalltag, den sog. Mikrotransitionen, wie sie die Erziehungswissenschaftlerin Dorothee Gutknecht (2015) benennt. Die Bewältigung dieser Übergänge kann für Kleinkinder herausfordernd sein: So müssen sie ihre Tätigkeit teilweise abrupt beenden und sich auf eine neue Situation einstellen. Diese hohe Anpassungsleistung fordert die Regulationsfähigkeit des Kindes heraus. Auch für Samy kann dieser Übergang schwer zu bewältigen sein, weil er vielleicht im Spiel vertieft war und noch nicht bereit, sich einer neuen Situation zuzuwenden.
Dass Samy weint, wenn seine Eltern ihn abholen, kann aber auch Ausdruck von Erleichterung und Freude darüber sein, die Eltern wiederzusehen. Die Anspannung vom Tag fällt in der Gegenwart seiner engsten Bezugspersonen ab. Sie sind der „sichere Hafen“ (Powell u. a. 2015) für Samy. Hier kann er seine Gefühle anders zeigen, die Anspannung loslassen und sein Nähebedürfnis einfordern. Vielleicht kennen Sie das Verhalten auch von sich: In Gegenwart Ihrer engsten Bezugspersonen können Sie sich so zeigen, wie Sie sich wirklich fühlen. Dies bedeutet nicht automatisch, dass sich Samy in der Krippe nicht wohlfühlt, sondern ist eher Ausdruck einer vertrauensvollen und sicheren Bindung zu seinen Eltern.
Das Verhalten von Samy kann bei seinen Eltern unterschiedliche Gefühle auslösen: Unsicherheit, Enttäuschung oder gar Zurückweisung. „Warum weint mein Kind? Freut es sich denn nicht auf mich? Am Morgen noch fiel ihm der Abschied von mir schwer und jetzt weint es, wenn ich es abhole.“ Als Fachkraft sollten Sie daher unbedingt einfühlsam und verständnisvoll mit den Eltern ins Gespräch gehen und erfragen, wie es ihnen in dieser Situation geht. Sie können die Situation sprachlich begleiten und den Gefühlen des Kindes so Ausdruck verleihen: „Samy, schau, nun ist deine Mama/dein Papa da! Du hast sie vorhin schon vermisst und nach ihnen gefragt. Nun kannst du sie in die Arme schließen.“ Um die Mikrotransition für alle zu erleichtern, können Sie die Abholsituation durch ein kleines Abschiedslied, einen Spruch oder ein anderes immer wiederkehrendes Ritual begleiten.

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