Das Wort Advent entstammt dem Lateinischen und bedeutet „Ankunft“. Innerlich wie äußerlich bereiten wir uns in diesen Wochen auf das Fest der Geburt Jesu vor. Alles steht im Zeichen seines Kommens: Eine Kerze nach der anderen wird auf dem Adventskranz angezündet, für den Heiligen Abend werden Krippenspiele geprobt, der Plätzchenvorrat wird mit jeder Backrunde größer und unsere Stuben sind vorweihnachtlich geschmückt. Doch manchmal kann es geschehen, dass die einen freudig der Ankunft und Geburt Jesu entgegensehen – während andere sich von einem geliebten Menschen verabschieden müssen. Hier werden Adventskalendertüren geöffnet und Lieder wie Macht hoch die Tür gesungen, dort schließt sich eine Lebenstüre. Hier fröhlich-adventliches Beisammensein, dort ein trauriges Verlassenwerden.
Auf den ersten Blick stellt dies einen schmerzvollen Kontrast dar. Bei genauerem Hinsehen wohnen dem zeitlichen Zusammenfallen von Advent und einem Sterbefall allerdings auch durchaus tröstliche Komponenten inne: Zum einen dürfen wir Christinnen und Christen darauf vertrauen, dass ein irdischer Abschied immer zugleich eine Ankunft ist – ein Ankommen in unserer himmlischen Heimat bei Gott.
Zum anderen stehen die Wochen vor Weihnachten ganz im Zeichen der Hoffnung: auf Trost, auf die heilsame Menschwerdung Gottes sowie auf Rettung und Erlösung. Der Advent beginnt ganz in der Dunkelheit der Nacht – und dann wird eine Kerze angezündet. Ein Licht, das tapfer gegen die herrschende Finsternis anleuchtet. Dann folgt eine zweite Kerze, eine dritte, eine vierte. Nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt, Woche für Woche wird unsere Welt auf diese Weise ein kleines bisschen heller. So wie man aus dem Trauertal nicht schlagartig, sondern prozesshaft herausfindet. Aber es wird geschehen und unser Leben wird wieder lichter werden! Darauf dürfen wir, die Trauernden und Weinenden, setzen.
Viele Adventslieder künden von dieser Zuversicht. Ein Beispiel ist Die Nacht ist vorgedrungen von Jochen Klepper (Gotteslob Nr. 222): „Die Nacht ist vorgedrungen, / der Tag ist nicht mehr fern! / So sei nun Lob gesungen / dem hellen Morgenstern! / Auch wer zur Nacht geweinet, / der stimme froh mit ein. / Der Morgenstern bescheinet / auch deine Angst und Pein.“
Nicht zuletzt können die adventlichen Bräuche selbst Trost spenden, besonders wenn sie mit der verstorbenen Person verbunden sind. Ja, sie führen den Verlust zunächst noch stärker vor Augen, zugleich erzeugen sie jedoch eine unsichtbare Verbindung und Nähe zum Dahingeschiedenen. Wenn der Verstorbene beispielsweise ein legendärer Plätzchenbäcker war, kann das vorweihnachtliche Backen zu einer heilsamen Trauerarbeit und zu einem Akt der liebevollen Erinnerung werden. Das dabei entstehende süße Weihnachtsgebäck kann durchaus als heilsames Trostpflaster für Leib und Seele dienen.
So können auch wir uns in diesem Advent, der für unsere Familie schmerzlich begonnen hat, an der weihnachtlichen Hoffnungsbotschaft festhalten, uns davon stärken und trösten lassen – und alte (Back-)Traditionen in kleine wohltuende Gedenkfeiern zu Ehren des geliebten Verstorbenen verwandeln. Die Kerzen auf unserem Kranz am Fenster brennen in diesen Wochen im doppelten Sinne: Sie leuchten Jesus den Weg zur Erde – und einem lieben Menschen den Weg zum Himmel.