Geh deinen Weg mit Gott - Predigt zur "Jubelkonfirmation"

Kolosser 3, 16f

Das Bild zeigt uns einen Blick in den romanischen Kreuzgang der Stiftskirche in Königslutter.
Eine Reihe schlanker Säulen führt den Blick in die Tiefe des Raumes.
Schlank sind die Säulen, aber sie tragen das Gewölbe zur Rechten und zur Linken.
Die Säulen sind mit verschiedenen Mustern kunstvoll verziert.
Die Kapitelle, die sie oben abschließen, schmücken Blatt-, Ranken- oder Tierornamente.
Große Steinplatten bilden den Fußboden.
Wer hier geht, geht auf sicherem, tragenden Fundament.
Schmucklos ist das niedere Gewölbe.
Aber der gebaute Himmel signalisiert Geborgenheit.
Das Schützende ist nahe über dir.
Links sehen wir die Bogenöffnungen der Fenster, unterteilt durch kleine Säulen, die noch einmal das Tragende in diesem Bau verdeutlichen.
Das Bild zeigt einen Kreuzgang.
Ort der Begegnung.
Verbindungsraum zu verschiedenen anderen Räumen. Die liegen rechts, außen vom Gang.
Links, nach innen liegt der innere Klostergarten.
Links liegt die Mitte, die der Kreuzgang umgibt und umgeht.
Denn hier im Kreuzgang gehen die Mönche ihren Weg bei der täglichen Meditation des Wortes Gottes.
Ort der Besinnung ist der Kreuzgang. Geschützt nach außen, geöffnet nach innen. Ein Abbild dessen, was sich im Menschen vollziehen soll, wenn er hier betend Schritt vor Schritt setzt, wenn er hier Zeit und geschützten Ort hat, um ein Bibelwort zu verinnerlichen, zu hören, sich vorzusagen, sich einzureden, es wirken zu lassen.
Ich lade Sie ein, sich für einen Augenblick in solch eine Person, die hier im Kreuzgang meditiert, hineinzudenken.
Die Jugendlichen, die bald konfirmiert werden, können an den Konfirmationsspruch denken, den sie sich schon ausgesucht haben.
Sie, die Jubelkonfirmanden, können, soweit sie ihn kennen, ihren Konfirmationsspruch erinnern.
Wir können aber auch unseren Taufspruch nehmen oder ein Bibelwort, das uns vertraut ist,
zum Beispiel:

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
„Fürchte dich nicht, ich bin mit dir. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.“
„Sei getrost und unverzagt; ich bin mit dir in allem, was du tun wirst.“
„Gott der Herr ist Sonne und Schild.“
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
„Ich lebe und ihr sollt auch leben.“
„Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“

Für einen Augenblick aus der Fülle der biblischen Sprüche einen wählen und ihn sich vorsagen beim Gehen im Kreuzgang und ihn so hören und nachspüren, wo er mich anspricht und anrührt und bewegt.
Martin Luther hat einmal gesagt, man müsse biblische Sprüche kauen wie einen Bissen Brot, dann würden sie bekömmlich und könnten uns stärken.
Zu einer solchen Übung braucht man Zeit.
Zeit für ein Wort von Gott, die zugleich Zeit für mich selbst ist.
Wenn wir offen sind nach innen hin wie der Kreuzgang, dann mag unser Bibelwort in uns anfangen, zu uns zu sprechen, dann mögen wir uns vielleicht an der Schönheit der Worte erfreuen, dann mag es vielleicht anfangen in uns zu singen und zu klingen, dann bewegt es uns bei unserem Gang durch den Kreuzgang und gibt uns einen Einblick nach innen, dorthin, wo die Mitte unseres Lebens ist, wo Leben wachsen und reifen und blühen soll, wie die Kapitelle der Säulen es anzeigen.
Viele Kreuzgänge sind mit einem Brunnen verbunden und erinnern an die Quelle lebendigen, fließenden Wassers, Lebenskraft, Stärkung, Lebendigkeit.
In der Mitte ist die Kraft- und Lebensquelle zu finden.
Diese Mitte wird wieder und wieder im Kreuzgang umschritten.
Wir nehmen uns einen Augenblick Zeit für ein Bibelwort.
Die Orgel spielt uns dazu eine Melodie.

Orgel: Geh, ja, geh deinen Weg mit Gott

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Singt Gott dankbar in euren Herzen.
Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken,
das tut alles im Namen des Herrn Jesus
und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

Worte des Apostels im Brief an die Christen in der Stadt Kolossä.

Liebe Konfirmationsjubilare!
Ich weiß nicht, ob einzelne Bibelworte sie in Ihrem Leben begleitet haben.
Ich weiß nicht, ob Ihnen Bibelworte zur Kraftquelle geworden sind.
Aber sicherlich haben auch Sie in Ihrem Leben die Erfahrung gemacht:
Es gibt Sätze, die sprechen mich unmittelbar an, die gehen mir nach, die rühren mich an.
Das mag ein Satz in einem Buch oder einem Film, in einem Gespräch oder in einem Gesang sein. Ein Satz, der gut tut. Ein Satz, den wir uns merken wollen, weil er irgendwie wichtig ist für uns. Dann sagen wir ihn uns innerlich vor.
Gott spricht nicht nur durch Bibelworte zu uns, 
sondern auf vielfältige Art.
So werden auch Sie durch Gott in den vergangenen Jahrzehnten angesprochen worden sein und werden auch in der Zeit, die vor Ihnen liegt, sich immer wieder als angesprochen erleben.

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Singt Gott dankbar in euren Herzen.
Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken,
das tut alles im Namen des Herrn Jesus
und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

Jubiläumstage, wie der heutige für Sie, sind immer Anlass zum Rückblick.
Da mag Sie in vielerlei Hinsicht große Dankbarkeit erfassen. Da sind aber auch Enttäuschungen, Verletzungen, Kränkungen, die in den Sinn kommt. Da gab es wohl auch Zeiten der Trauer, über sich selbst, über andere.
Da gab es wohl Jahre, die wie im Flug vergingen, und Zeiten, die angefüllt waren mit quälenden Fragen, Selbstzweifeln vielleicht, tiefer Traurigkeit.
Bei aller Verschiedenheit der Lebenswege sind dann da oft doch sehr ähnliche Erfahrungen auf dem Lebensweg.

Im Blick zurück können Sie fragen:
Was hat mich getragen – wie die Bodenplatten?
Was hat mir Geborgenheit gegeben – wie das Gewölbe?
Was hat meinem Lebensweg Richtung gegeben – wie die Säulenreihe?
Was hat mein Leben schön gemacht – wie der Schmuck der Kapitelle?
Wo war mein Leben offen zur Lebensmitte hin – wie die Fenster?

An solchen Jubiläumstagen geht der Blick aber auch nach vorne, und wir fragen uns:
Wie es wohl weitergehen wird, was wohl in meinem Leben noch auf mich zukommt, wohin mich mein Lebensweg noch führen wird?
Auch im Blick auf die Zukunft können wir fragen:
Was wird mich tragen?
Was wird mir Geborgenheit geben?
Was wird meinem Leben Richtung geben?
Was macht mein Leben schön?
Wie offen werde ich sein zur Mitte meines Lebens hin?

Wir wünschen Ihnen, dass Sie die Fülle des Lebens, die Gott schenkt, wieder neu erfahren.
Der Apostel sagt den Christen in Kolossä zuerst dies:

Gott hat es wohlgefallen,
dass in Jesus Christus alle Fülle wohnen sollte.
(Kol 1,19)

Diese Lebensfülle des Christus soll im eigenen Leben erfahrbar werden.
Dazu segnen wir sie heute.
Darum singen wir ihnen zu:
Geh, ja, geh deinen Weg mit Gott. Geh und vertraue, dass er dich anschaut.
Kennt dich mit Namen, mit deinem Gesicht, nennt dich sein Kind, bist ihm liebenswert. Gott steht dir bei.

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