Edward Bergers neuer Film „Konklave“Wer ohne Schuld ist

Szene aus Konklave
© Leonine Distribution

Wir befinden uns in der Endphase eines Pontifikats. Daran kann kein Zweifel bestehen. Umso interessanter wird das Konklave als eher seltenes Ereignis: die Modalitäten der Wahl, vor allem aber die Dynamik, die es nimmt, um aus dem Kreis der Kardinäle den nächsten Papst zu bestimmen. Kein Wunder also, dass es Artikel, Bücher und auch Filme zum Thema gibt.

Besonders breitenwirksam sind immer wieder cineastische Spekulationen über den nächsten Papst, seine Wahl und den Start ins neue Amt, von denen es in den vergangenen Jahren einige gab: zuletzt besonders spielfreudig die Serie „The Young Pope“, nachdem Nanni Moretti 2011 noch im Pontifikat Benedikts XVI. mit „Habemus Papam“ bereits prophetische Fähigkeiten mit Blick auf das nächste bewies.

Der neue Film von Edward Berger „Konklave“, der Ende November in die Kinos gekommen ist, fokussiert sich ganz auf den Wahlvorgang. Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) läuft durch den Borgo Santo Spirito auf den Petersdom zu, um zum Sterbebett des verblichenen Papstes zu gelangen. Unweigerlich denkt man an Franziskus im Gästehaus Santa Marta. Lawrence ist der Dekan des Kardinalskollegiums, der für das Konklave verantwortlich ist. Und es geht nicht nur um die Befolgung der offiziellen Regeln, sondern faktisch auch um alle genauso verbotenen wie selbstverständlichen Versuche von Absprachen.

Angefangen bei den ersten Szenen im Papstgemach entspricht der Film, der auf dem gleichnamigen Roman von Robert Harris basiert (vgl. HK, Februar 2017, 53), längst nicht in allem dem richtigen Leben. Das muss er auch nicht. Dennoch irritieren die Bilder der Unterkunft für die von der Außenwelt abgeschirmten Kardinäle, weil sie vergleichsweise wenig Flair des Vatikans aufkommen lassen; gedreht wurde im Wesentlichen in der Cinecittà im Südosten von Rom. Davon abgesehen ist dem Regisseur, der für seinen Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ (Netflix) gleich vier Oscars erhalten hat, darunter für den besten internationalen Film, abermals ein bildgewaltiger Film gelungen.

Das gilt auch für die bedrückenden Szenen in den langen Gängen, die die einzelnen Kardinäle bei ihren Besuchen untereinander durchschreiten müssen, um das Wahlgeschehen voranzutreiben. Denn der Fokus des Films liegt auf dem diffizilen Vorgang, wie angesichts von einigen Papabiles am Ende mit Zweidrittelmehrheit ein Kardinal als der neue Pontifex erkoren wird. Da ist der afrikanische Kardinal Adeyemi mit Hausmacht, der allerdings zu seiner eigenen Zerknirschung vor mehr als drei Jahrzehnten mit einer Ordensfrau ein Kind gezeugt hat. Den traditionalistischen Kardinal mit dem sprechenden Namen Tedesco, der gegen das Zweite Vatikanische Konzil wettert, wollen sowohl Konservative als auch eher Liberale verhindern, sie blockieren sich aber selbst – und haben mit je eigenen massiven Verfehlungen zu kämpfen. Da könnte es dann doch auf Lawrence selbst zulaufen, der – durchaus sympathisch – gegen zu viel Gewissheit im Glauben predigt und gleichzeitig an sich selbst zweifelt. Aber was sollte das Amt anderes sein als eine ständige Überforderung?

Die Wahlgänge und die Bekanntgabe der Ergebnisse rhythmisieren den Film und zeigen die diesem Vorgang eigene Dynamik auf. Zwischendrin gibt es für die Wähler immer wieder neue Impulse, die trotz aller Abschottung von außen kommen – wie etwa der islamistische Terroranschlag, der ein Fenster der Sixtinischen Kapelle bersten lässt und durch den Staub Licht in das dunkle Szenario hineinfallen lässt.

So setzt sich letztlich der zu Beginn vollkommen unbekannte mexikanische Kardinal Benitez durch, der zuletzt in Kabul wirkte und vom Vorgänger „in pectore“ ernannt worden ist. Mehr Peripherie geht nicht in der katholischen Kirche; gut, wenn man von da noch einen in petto hat. Er gewinnt die Wahl durch eine Rede mit prophetischem Gestus angesichts einer auch religiös befeuerten Welt voller Konflikte. Er wählt den Namen „Innozenz“. Der Clou: Der neue Papst entspricht nicht der bisher vom Lehramt hochgehaltenen dualen Anthropologie von entweder Mann oder Frau. Am Ende dann mehr Licht – und auch Ordensschwestern auf einmal ganz in Weiß.

Anzeige: Der Unvollendete. Franziskus' Erbe und der Kampf um seine Nachfolge. Von Marco Politi

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