Fachtagung Glaube und GeldDas liebe Geld tut not

Eine Fachtagung zu Kirchen und ihre Finanzen räumte mit Vorurteilen und Halbwissen auf – und verdeutlichte Vorteile hinter umstrittenen Themen wie Kirchensteuer und Staatsleistungen.

Podium auf der Tagung
© Tina Flemming/KAS

Er sei erschrocken über das „Verhetzungspotential“, das das Thema Kirchenfinanzen derzeit biete, so Thomas Sternberg, Präsident der Kunststiftung NRW und ehemaliger Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Gleichzeitig warnten politische Stimmen vermehrt vor dem Kohäsionsverlust einer der letzten großen gesellschaftlichen Instanzen. Sternberg sprach sich klar für eine „andere Kirchensteuer“ aus, bei der die Gelder nicht mehr an die Bistümer, sondern wie früher an die Pfarreien gingen. Subsidiarität und Eigenverantwortung würden mehr und mehr durch „monströse Verwaltungsapparate abgewürgt“. 

Sternberg setzte damit einen selbstbewussten Auftakt zu der gestrigen Fachtagung „Glaube und Geld – Perspektiven für die Kirchenfinanzierung“ der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Katholischen Akademie Berlin in Kooperation mit der Herder Korrespondenz. Ein Anlass war die Veröffentlichung des neuen Herder Korrespondenz Spezialhefts „Über Geld spricht man nicht“.

Maria-Luise Schneider, stellvertretende Direktorin der Katholischen Akademie, hielt fest: Man solle die alten Schuhe nicht wegwerfen, bevor man die neuen nicht in der Hand hält. Damit war die Richtung vorgegeben, wie von Geld und Kirche gesprochen werden sollte: mit Daten, Fakten, Tiefenanalysen und Alternativbegutachtungen.

So zeigte derJurist Arnd Uhle die Bandbreite an Kirchenfinanzierungsarten auf: Drei Grundmodi, nämlich Zuwendungen der Gläubigen, Zuwendungen des Staates und Erträge aus Vermögen, seien in allen europäischen Ländern vorhanden, allerdings mit höchst unterschiedlichen Gewichtungen und Herausforderungen. In Deutschland störe ihn, dass es keine „atmende Kirchensteuer“ gebe, die für Zweifler und Protestler eine Alternative zum Kirchenaustritt biete. Er schlug vor, über einen „Auswahlkatalog“ für Ersatzzahlungen an Stiftungen oder Projekte nachzudenken. Die „soziale Spreizung“ dagegen, dass durch die Kopplung der Höhe der Kirchensteuer rund 15 Prozent der Mitglieder 60 Prozent der Kirchensteuer erbringen, sei gewollt und würde auch von Begüterten durchaus mitgetragen.

Die Autoren derFreiburger Studie zu Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer 2018 David Gutmann und Fabian Peters korrigierten ihre Prognosen von 2018 noch einmal drastisch: Die Kirchensteuerkraft könnte sich bis zum Jahr 2060 nicht nur um die Hälfte, sondern sogar auf nur noch ein Drittel reduzieren. Als Lösungsansatz gaben sie vor: Tue Gutes und rede darüber; eine Plausibilisierung der Mitgliedschaft sei dringend notwendig.

Kirchen belasten den Staat nicht, sondern entlasten ihn. Sie und ihre Wohlfahrtsverbände verfügen über erprobte soziale Mittel und Expertise, die der ganzen Gesellschaft dienen: Diese Sichtweise beherrschte auch die weiteren Schwerpunktpanels. So widerlege der Eigenanteil der Kirchen bei sozialen Einrichtungen die Caritaslegende, derzufolge letztlich doch der Staat Wohlfahrt bezahle, so die Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer –, ganz zu schweigen von dem Know-how und den Rahmenbedingungen, die nur breit aufgestellte und erfahrene Verbände wie Caritas und Diakonie leisten könnten.

Und auch die Staatsleistungen wurden aus historischer, juristischer und wirtschaftlicher Perspektive gegen ihren miserablen Ruf verteidigt: Als Entschädigungszahlungen seien sie verfassungsrechtlich verbürgt, so der Jurist Hans HofmannKirsten Straus, Finanzdirektorin des Bistums Trier, zeigte mit Dreisatz und Prozentrechnen auf, dass schon die geleisteten Summen weit unter den tatsächlichen Ansprüchen liegen würden. Einig waren sich die Experten untereinander, nicht aber einige Stimmen aus dem Publikum, dass die Ablösung der Staatsleistungen verfassungsrechtlich vorgegeben und damit einzufordern sei, trotz wachsender gesellschaftlicher Akzeptanzprobleme. Eine Ablösung berge dabei zahllose praktische Probleme, Stolperfallen und Folgeprobleme.

Trockene Zahlen, Daten, Fakten, das Ganze in einer Welt, die so gerne nicht über Geld spricht – das Thema Kirche und Finanzen ist umstritten und mühsam. Doch von mehr Wissen könnten alle Seiten profitieren, das machte die Tagung deutlich.

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